Ennepetal. Frust und Ärger bei der Impfterminvergabe und am Impfzentrum in Ennepetal. Warum das Abschalten des Online-Buchungssystem keine gute Lösung ist.
„Man gibt alles an, inklusive seines Alters, bekommt von der Kassenärztlichen Vereinigung einen Impftermin mitgeteilt und wird am Impfzentrum schließlich wieder nach Hause geschickt. Das ist doch ein Witz.“ Britta Danielsmeyer aus Schwelm ist sauer auf das Hick-Hack bei der Impfterminvergabe. Sie ist nicht alleine damit. In den letzten Tagen meldeten sich zig Menschen bei unserer Redaktion und berichteten von ähnlichen oder gleichen Erfahrungen. Die Kassenärztliche Vereinigung (KV), deren Online-Buchungssystem mit Schuld an dem Chaos trägt, zog am Dienstag die Konsequenzen. Ab sofort ist die Terminvergabe über die KV nur noch telefonisch möglich.
Gedacht ist das KV-Buchungssystem ausschließlich für die Impfterminvergabe an Menschen über 80. Funktioniert hat die Vergabe aber auch an Jüngere. Sie konnten wie alle anderen einen Impftermin in einem Impfzentrum ihrer Wahl auswählen – auch wenn dies so nicht sein sollte.
Im besten Glauben gehandelt
Genauso war es auch bei Britta Danielsmeyer, die einer Freundin dabei half, für sie einen Impftermin zu besorgen. Die Freundin sei zwar nicht über 80, aber vorerkrankt. Im besten Glauben, sich um einen Impftermin kümmern zu können und beim Online-Buchungssystem der KV an der richtigen Stelle zu sein, klickten sich die beiden Frauen Schritt für Schritt durchs Buchungsportal. Die Freude war groß, am Ende aller Eingaben gleich für den nächsten Tag einen Impftermin im Impfzentrum Ennepetal zu bekommen. „Und ich habe noch zu ihr gesagt: ,Ist ja toll, Du bekommst sogar Biontech’“, erinnert sich Britta Danielsmeyer an den Moment.
Die Freude hielt nicht lange an. Als die beiden am nächsten Tag am Impfzentrum an der Kölner Straße erschienen, wurden sie am Eingang wie üblich vom Sicherheitsdienst empfangen. Name und Adresse der Freundin von Britta Danielsmeyer standen auf der Impflings-Liste und wurden abgeglichen. Das erschien schon mal gut. Nach Hause geschickt wurde die Freundin dann aber dennoch. Weil sie keine 80 ist, wie sie auf Nachfrage der Security-Kraft wahrheitsgemäß angab. Britta Danielsmeyer und ihre Freundin verstanden die Welt nicht mehr. Eine Mitarbeiterin vom Impfzentrum kam hinzu und bestätigte: Sie darf nicht rein.
So wie ihnen erging es vielen anderen Menschen unter 80 in den letzten Tagen auch. Sie hatten sich – wissentlich oder im besten Glauben – einen Impftermin über das Online-Buchungssystem organisiert und am Impfzentrum dann die böse Überraschung erlebt.
Die Spielregel ist eindeutig. Gedacht ist die Terminvergabe über das Online-Buchungsportal ausschließlich für Menschen über 80. Darauf wird im Laufe des Vergabeverfahrens immer wieder hingewiesen. Doch wer darauf nicht achtet und immer weiter klickt, bekommt am Ende genauso einen Termin wie der, für den das Vergabesystem gedacht ist. Der Impftermin ist zwar nicht gültig. Das erfahren die Menschen aber erst, wenn sie vorm Impfzentrum stehen und wieder nach Hause geschickt werden.
Warum reagiert das Buchungssystem der KV nicht auf die Altersangaben und blockiert gegebenenfalls das weitere Vergabeverfahren? Dass das technisch möglich ist, beweisen doch andere Online-Buchungsportale schließlich Tag für Tag. Eine Antwort darauf konnte die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe auf Nachfrage nicht geben. Es könne damit zusammenhängen, dass die Vergabeverordnungen innerhalb von Impfgruppen von Bundesland zu Bundesland verschieden sind, vermutet KVWL-Sprecherin Vanessa Pudlo.
Der Ärger wegen des Buchungssystems hat sich erledigt. Das Vergabeverfahren fand am Dienstag ein jähes Ende. Der Ennepe-Ruhr-Kreis teilt am Nachmittag mit: „Aufgrund von Fehlern und Mängeln – unter anderem einer folgenlosen Abfrage des Alters – wurde das Angebot der Online-Terminreservierung am heutigen Dienstag von der KV abgeschaltet.“
Was erstmal gut klingt, weil so weiterer Ärger vermieden wird, hat einen gewaltigen Haken. Betroffen davon sind auch Menschen ab 80, die noch keinen Impftermin haben. Der Kreis teilte dazu mit: „Ab sofort können ab 80-jährige Bürgerinnen und Bürger des Ennepe-Ruhr-Kreises ihren Termin für das Impfzentrum in Ennepetal nur noch telefonisch vereinbaren. Dies ist täglich von 8 bis 22 Uhr unter der Nummer 0800/116117 02 möglich.“
Auch für Britta Danielsmeyer und ihre Freundin ist die Geschichte damit nicht vom Tisch. Neben all der Enttäuschung und der Wut über das mangelhafte Buchungsportal ärgert es sie, dass es in den vergangenen Tagen so dargestellt wurde, als würden die, die auf die Tücken bei der Online-Vergabe reingefallen sind, auch noch Termine für Impfberechtigte blockieren. „Wir wurden hier als Schuldige dargestellt, und das ist nicht richtig.“
Unerklärlicher Anruf
Hinzu kommt eine Sache, die nicht nur für Britta Danielsmeyer unerklärlich ist. Ihre Freundin sei von einer Mitarbeiterin des Impfzentrums per Telefon benachrichtig worden, bitte früher zum Impfzentrum zu kommen, was sie dann auch tat. Der Anruf habe sie übers Festnetz erreicht, beim KV-Buchungssystem gab sie aber ihre Handynummer an. Beim Ennepe-Ruhr-Kreis hat man keine Erklärung dafür: Mitarbeiter des Impfzentrums rufen die Personen, die auf der Liste stehen, gar nicht an, hieß es.