Gevelsberg. Nach drei Jahrzehnten: Christine und Wolfgang Daume öffnen ihre Almhütte zu Kirmes erstmals nicht. Das Ehepaar nennt die Gründe für den Rückzug.

Grüne Pflanzen zieren die Fassade eines alten Fachwerkhauses, darüber ein Holzschild mit der Aufschrift „Almhütte“. Mitten in der Weststraße in Gevelsberg verbirgt sich ein kleines Café. Beim Hereingehen fallen die vielen Bilder mit lachenden Gesichtern auf, Erinnerungen an Feste, die dort gefeiert wurden. Vor allem Kirmes – wenn tausende Besucher an den fünf Tagen über Tische und Bänke gingen. Doch damit ist jetzt Schluss.

Jeden Mittwoch öffnen Christine und Wolfgang Daume seit vielen Jahren ihre Almhütte und laden zu Kaffee und Kuchen ein. Außer ein Mal im Jahr, da bleiben die Türen fünf Tage am Stück geöffnet und Menschen aus ganz NRW tanzen durch das kleine Café – zur Gevelsberger Kirmes. Über drei Jahrzehnte wanderten Besucher von der Elberfelder Straße zu dem Haus des Ehepaars, das etwas abseits der Kirmesmeile liegt und dennoch fest dazugehörte. Nun ist Schluss damit. Das Café hat zwar weiterhin jede Woche geöffnet, aber altersbedingt gibt es im Jahr 2022 keine Kirmesfeier in der Almhütte.

+++Gevelsberg: Ermittlungsstand zu tödlichem Motorradunfall+++

Sitzmöglichkeiten für Kirmesgänger

„Der Schlager war immer Oma Ellis Kartoffelsalat. Und natürlich Kirmesspeck und Leberkäse“, erzählt Christine Daume mit einem Lächeln im Gesicht. Seit 35 Jahren waren das die schönsten fünf Tage im Jahr der Betreiberin.

Angefangen hat die Tradition mit simplen Nachfragen von Freunden, ob das Ehepaar nicht etwas zum Sitzen hätte, schließlich wird auf der Gevelsberger Kirmes bis nach Sonnenaufgang gefeiert. „Wir haben anfangs zwei Bierzeltgarnituren aufgestellt. Darauf das Jahr haben wir die Garage ausgebaut. Jedes Jahr wuchs der Bereich und alles wurde professioneller“, sagt der 75-jährige Wolfgang Daume. Er wisse gar nicht mehr, wie viele Tische am Ende draußen gestanden haben.

Persönlicher Treffpunkt

Zuerst waren es nur 20 Freunde und Bekannte, drei Jahrzehnte später strömten täglich hunderte Besucher in Richtung Weststraße. Die Almhütte wurde zu einem persönlichen Treffpunkt. Gerade ältere Kirmesgänger freuten sich, ihre Erdbeerbowle auf der Terrasse zu genießen, die Beine schafften es nicht mehr, die ganze Zeit die Straßen entlang zu gehen. Der Kirmeszug hielt nach seinem offiziellen Ende vor dem Café, den Gästen fehlte es also nicht an Feststimmung.

„Wir wurden öfter auf der Straße angesprochen. Die Leute haben immer gesagt: ,Bis zum nächsten Jahr oder auch bis Kirmes’. Das war unsere Motivation, weiterzumachen“, erinnert sie sich. Doch nun ist Schluss. Auch wenn das Gevelsberger Kultfest nach zweijähriger Corona-Zwangspause wieder stattfinden darf, führt das Ehepaar seine eigene Tradition nicht fort.

Zeit für einen Schlussstrich

„Die Zeit ohne Kirmes war schrecklich. Ich habe die eine oder andere Träne verdrückt“, erzählt die 70-Jährige wehmütig. Doch es sei gewissermaßen eine Hilfe für die Beiden gewesen, den Entschluss, kürzer zu treten, auch umzusetzen. Die Betreiber der Almhütte schaffen es altersbedingt nicht mehr, fünf Tage am Stück geöffnet zu haben und die feiernden Gäste zu bewirten.

„Wir haben einfach gedacht, jetzt können wir noch sagen, es war toll. Wir haben nur schöne Erinnerungen an die Zeit und so möchten wir es belassen“, sagt Christine Daume. Es fällt dem Ehepaar sichtlich schwer. Doch auch wenn sie mit Melancholie und Trauer auf die bevorstehende Kirmeszeit blicken, überwiegen doch die Freude und der Stolz, so etwas über 35 Jahre mitgemacht zu haben, auch gesundheitlich. Familie, Freunde, alle waren dann ein Teil der Almhütte.

Die Kirmeszeit 2022

Das Ehepaar empfinde Dankbarkeit gegenüber den Gästen, die ein persönliches und fröhliches Miteinander ermöglicht haben, gegenüber der Kirmesgruppen, die allen Besuchern eine Zeit voller Freude und Spaß garantierten und gegenüber ihrem Team, das Jahr für Jahr vollen Einsatz gezeigt hätte.

+++ Schwelm, Gevelsberg, Ennepetal: Nichts mehr verpassen mit unserem kostenfreien Newsletter +++

Auf die Frage, wie die beiden die Kirmeszeit 2022 verbringen würden, folgen zwei völlig unterschiedliche Antworten. „Ich verkrümel mich wahrscheinlich an diesen Tagen“, sagt die 70-Jährige. Ihr Mann allerdings würde sich nach den vielen Jahren nun endlich gern einmal den gesamten Festzug anschauen.