Holzwickede. Der Rat der Stadt Holzwickede hat entschieden, dass das Rauchen im Freien bei Veranstaltungen der Gemeinde ab sofort verboten ist.
Eine kleine Gemeinde am Rande des Ruhrgebietes muss jetzt das umsetzen, was die EU seit Wochen diskutiert: Rauchverbot im Freien - zumindest bei Veranstaltungen der Gemeinde. Es trifft unter anderem den Weihnachtsmarkt, den Streetfoodmarkt, den Tanz in den Mai, den Holzwickeder Sommer und das Hundeschwimmen. Das hat der Rat von Holzwickede im Kreis Unna am Donnerstagabend entschieden. Mit dem denkbar knappsten Ergebnis.
Vor zwei Wochen hatte der Ausschuss für Schule, Sport, Kultur und Städtepartnerschaften für ein Rauchverbot auf allen gemeindlichen Freiluft-Veranstaltungen gestimmt. Die Verwaltung war dagegen und setzte ihre Ablehnung als Antrag auf die Tagesordnung. Doch die Abstimmung ging 14:14 aus. Damit gilt der Versuch der Verwaltung, das Rauchverbot abzulehnen, als gescheitert: Anträge brauchen eine Mehrheit.
„Kommune hat auch eine Vorbildfunktion“
Mit den Empfehlungen der EU hat das Verbot nichts zu tun. Grund war ein Antrag der Partei „Die Partei“. Die findet es ungerecht, dass die Gemeinde bei Veranstaltungen unter freiem Himmel in einer speziellen Anordnung zurzeit nur den Cannabis-Konsum untersagt. Zumal „kiffen“ in den fraglichen Bereichen durch die Abstandsregeln im Cannabis-Gesetz bereits verboten sei.
Das kann Till Knoche (SPD), der als sachkundiger Bürger im Ausschuss sitzt, nachvollziehen. Deshalb hat er für den Antrag gestimmt. Und weil er findet, dass „wir als Kommune auch eine Vorbildfunktion haben. Da ist es sicher richtig, auch über ein Rauchverbot bei Veranstaltungen der Gemeinde nachzudenken.“
Rein rechtlich dürfte das spezielle Rauchverbot nach Einschätzung des Gelsenkirchener Rechtsanwalts Arndt Kempgens problemlos durchsetzen lassen. „Das verstößt nicht gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz.“
Auch Mediziner befürworten eine solche Regelung, wie sie Holzwickede nun umsetzen soll. Nach Einschätzung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) hätte sie „positive Auswirkungen“. Seien Menschen seltener beim Rauchen zu sehen, werde das weniger als normales Verhalten wahrgenommen. Die Akzeptanz für das Rauchen sinke mit solchen Maßnahmen, wie die Einführung der Nichtraucherschutzgesetze hierzulande gezeigt habe, sagte Katrin Schaller von der DKFZ-Stabsstelle Krebsprävention in Heidelberg. „Auf einmal war es nicht mehr normal, dass man überall raucht, und dass Restaurants verqualmt sind. Stattdessen war es normal, dass man zum Rauchen nach draußen geht.“
Rauchverbot im Freien: Mediziner sind dafür
So könnten Rauchverbote im Freien dazu beitragen, dass weniger Jugendliche anfangen zu rauchen, erklärte Schaller – „einfach deswegen, weil das Rauchen als gesellschaftlich weniger akzeptiert und erstrebenswert wahrgenommen wird“. Ein weiterer Effekt von Nichtraucherschutzgesetzen sei, dass rauchende Menschen weniger rauchten, ergänzte Schaller. „Es ist zu vermuten, dass ein ähnlicher Effekt eintritt, wenn im Freien Rauchverbote eingeführt werden.“ Mitunter vielleicht schlichtweg deshalb, weil Raucher keine Lust haben, extra für die nächste Zigarette die gemütliche Runde am Strand oder auf dem Weihnachtsmarkt zu verlassen.
Nicht zu vernachlässigen sei bei der Diskussion um Rauchverbote im Freien das Passivrauchen, hieß es vom DKFZ weiter. „Auch im Freien führt Rauchen zu einer Belastung der Umgebungsluft mit Schadstoffen.“ Zwar sei die Belastung draußen geringer als in geschlossenen Räumen, aber bei Messungen auf Restaurantterrassen habe sich gezeigt, dass die Tabakrauchbelastung auch dort durchaus beträchtlich sein kann.
Verwaltung: „Nicht genug Personal für Kontrollen“
Da wird in der Gemeinde Holzwickede, in der rund 18.000 Menschen leben, niemand widersprechen. Dennoch hatte die Verwaltung vorgeschlagen, dem Antrag nicht zu folgen. Events, wie der Weihnachtsmarkt hätten kein klar umgrenztes Veranstaltungsgebiet, so die Begründung. Kontrollen und Verweise vom Gelände bei Zuwiderhandlung seien somit „schwer umsetzbar“.
Die Holzwickeder Bürgermeisterin Ulrike Drossel vom Unabhängigen Holzwickeder Bürgerblock (BBL), sagte: „Wir haben für Kontrollen viel zu wenig Personal.“ Unabhängig davon habe sie mit zahlreichen Bürgern und Bürgerinnen gesprochen, viele davon Nichtraucher. „Aber selbst die sagen, dass es irgendwann mal gut ist. Die Menschen wollen nicht ständig gegängelt werden.“
Dass für Kontrollen das Personal fehlt, hält Till Knoche für vorgeschoben: „Mit welcher Intensität kontrolliert wird, das kann die Verwaltung ja selbst entscheiden. Politessen laufen ja auch nicht pausenlos zwischen geparkten Autos herum.“ Den Vorhalt der CDU, dann müsse man Veranstaltungen einzäunen, weist er zurück: „Wir zäunen auch keine Spielplätze ein. Und da ist das Rauchen ebenfalls verboten.“
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