Dortmund. Derzeit läuft beim rennomierten Teppichhändler Azad in Dortmund der totale Ausverkauf. Weshalb nach über 60 Jahren Schluss ist am Hansaplatz.

Es ist viel zu tun an diesem Morgen im Geschäft. Mehrere Kunden warten an der Kasse, einer trägt ein großes Deko-Stück nach draußen. „Vor allem am Wochenende ist hier richtig viel los“, sagt Werner Müller, der General-Manager der Azad-Firmengruppe. Der Laden läuft – aber erst wieder, seit der Totalausverkauf begonnen hat: Nach über 60 Jahren muss der bekannte Dortmunder Teppichhändler seinen renommierten Betrieb am Hansaplatz schließen.

+++ Folgen Sie der WAZ Dortmund auf Facebook und Instagram +++

„Wir nehmen unseren Ausverkauf lieber in die eigene Hand, bevor es ein Insolvenzverwalter tut“, sagt Inhaber Ali Azad. Denn die Firma habe bereits knapp vor der Insolvenz gestanden. „Ganz knapp.“ Die wirtschaftliche Lage sei schlecht, der Umsatz schon seit Jahren rückläufig. Erst Corona, dann der Ukraine-Krieg, die enorm gestiegenen Kosten: Das sind offenbar keine Zeiten, in denen man sich einen Orientteppich kauft. „Die Kunden sind verunsichert und zurückhaltend beim Kauf“, so Azad. Das Luxusgut wird zum Ladenhüter.

Noch 40.000 Teppiche im Geschäft in Dortmund

Gleichzeitig hat die Firmengruppe selbst aber auch direkt unter den Preissteigerungen zu leiden. „Unsere Kosten sind drastisch gestiegen.“ Deswegen hat sich Azad schweren Herzens entschieden, nun einen Schlussstrich zu ziehen. Ende des Jahres soll Schluss sein mit dem Verkauf, auch die Werkstatt wird dann schließen. Ohne Wenn und Aber. „Ja, das ist traurig“, sagt er. Aber es habe keine Alternative gegeben.

Teppichhaus Azad macht Ausverkauf
Schweren Herzens haben sich Inhaber Ali Azad und Geschäftsführer Ali Dashti (re.) entschlossen, das alteingesessene Teppichhaus am Hansaplatz zu schließen. © Funke Medien NRW | Anna Quasdorf

40.000 Teppiche warten bis dahin noch im Geschäft auf einen Käufer, von der kleinen Brücke bis zum repräsentativen Palastteppich. „Wer hier keinen Teppich für sich findet, der sucht auch keinen“, so Müller. Ob modern oder traditionell, ob aus Nepal oder dem Iran: Alle Stücke im Laden, auch die aus der Deko-Abteilung, seien mindestens um 70 Prozent reduziert, versichert der Inhaber. Einzelstücke noch mehr. „Garantiert!“

Viele Interessenten für das Ladenlokal

Alles, was bis zum Jahresende nicht verkauft wird, muss Azad auf andere Weise an den Mann bringen. „Wir überlegen, es an den Großhandel zu verkaufen“, erklärt Müller. Sprich: An große Möbelhäuser mit Filialen an ganz Deutschland, vielleicht auch erst einmal in Kommission. „Wir versuchen, die Verluste zu kompensieren, so gut es geht.“

Teppichhaus Azad macht Ausverkauf
Auch die Werkstatt wird schließen. Noch bis Dezember werden Reparaturen angenommen. © Funke Medien NRW | Anna Quasdorf

Und wie geht es mit dem Ladenlokal weiter? Das Azad-Haus am Hansaplatz, das dem Inhaber selbst gehört, steht in ausgesprochen prominenter Lage. Mit seinen insgesamt 5000 Quadratmetern Fläche ist es für verschiedene Branchen interessant. „Gastronomie, Elektronik, Textil: Die Fläche ist tatsächlich sehr begehrt“, verrät Azad. Es gebe bereits ernsthafte Interessenten. „Aus dem Einzelhandel.“ Er hofft, dass die Räume bereits im Frühjahr 2025 übergeben werden können.

Azad hält Markthalle für eine gute Idee

Aber an wen? Bei der Suche nach einem Mieter für das Geschäft will die Firmengruppe das Zepter ebenfalls nicht aus der Hand geben. „Wir suchen selbst solvente und adäquate Kandidaten“, so der Teppichhändler. Ob es ein oder mehrere ;ieter werden, das sei noch offen. „Die Aufteilung macht beides möglich, sie ist ja flexibel.“ Auch für die Idee einer Markthalle ist er durchaus offen. Am Hansaplatz direkt neben Wochen- und Weihnachtsmarkt wäre das eine gute Sache, meint er. Die Räume würde Azad dafür gerne zur Verfügung stellen. „Aber die Markthalle selbst würden nicht wir betreiben.“

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von Instagram, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Eines müsse den Interessenten, egal aus welcher Branche sie kommen, aber klar sein: Das imposante Bankgebäude von 1904 mit seiner besonderen Architektur habe einen Nachteil. „Die Stufen vorm Eingang sind eine echte Hemmschwelle für die Kunden“, davon sind Azad überzeugt. Erst jetzt, beim endgültigen Ausverkauf, kämen manche Interessenten ins Geschäft, die sich bislang nicht getraut hätten. „Die großen Möbelhäuser auf der grünen Wiese haben es da deutlich leichter, Teppiche zu verkaufen.“

Denn davon ist Ali Azad trotz Ausverkauf und drohender Insolvenz überzeugt: Gabbeh, Kelim und Berber werden nie aus der Mode kommen. „Ein guter, handgeknüpfter Teppich ist etwas fürs Leben.“ Er verleihe jedem Raum Wärme und Chic, sei waschbar und könne jederzeit repariert werden. „Dann ist er wieder wie neu“, so Azad. „Ein Teppich ist die absolute Nachhaltigkeit.“

Lesen Sie auch

+++ Mehr Nachrichten aus Dortmund lesen Sie hier +++