Balve. Die Klage der Nachbarstadt Menden gegen das Balver Bauprojekt ist noch immer nicht vom Tisch. Und doch bleiben die Beteiligten gelassen.

Mitten in der Balver Innenstadt - und doch direkt im Grünen. So könnte zumindest könnte der Slogan für das Baugebiet Hönnewiesen lauten. Was für Bürgermeister Hubertus Mühling dringend gebrauchter Wohnraum ist, ist für die Nachbarstadt Menden ein Affront in Sachen Hochwasserschutz. Doch davon lassen sich weder Bürgermeister noch Projektentwickler beeindrucken. Wie gefragt das Neubaugebiet an der Hönne ist.

20 Grundstücke direkt entlang der Hönne

Wer nach dem Einkauf noch entspannt in Richtung Innenstadt schlendern will, der kommt um das „Filetstück“ in Balve wohl kaum umher: das Baugebiet Hönnewiesen. Noch führt eine schmale Baustraße dort entlag, wo im kommenden Jahr wohl die ersten Häuschen stehen werden. Einen Steinwurf von der Hönne und dem angrenzenden Radweg entfernt. Die Arbeiten im Untergrund mitsamt Kanalanschlüssen sind mittlerweile abgeschlossen, wie Projektentwickler Thomas Budde vor Ort im Gespräch mit der Westfalenpost erklärt.

„Das ist der erste Schritt auf dem Weg zu einem digitalen Netz.“

Hubertus Mühling
Bürgermeister, über eine digitale Trafostation

Insgesamt 20 Grundstücke reihen sich auf dem Streifen parallel zur Hönnetalstraße aneinander. Allesamt zwischen 700 und 900 Quadratmetern groß. Von der Hauptverkehrsader Balves ist allerdings nichts zu hören. „Schon sehr ruhig hier“, sagt Stadtplaner Dirk Tacke. Sein Blick schweift die Baustraße entlang in Richtung Innenstadt. Dabei kommen an Balves aktuell einzigem Neubaugebiet viele Dinge zusammen, von denen die Stadt nachhaltig profitieren soll, so Bürgermeister Hubertus Mühling. Neben drei Grundstücken für Mehrfamilienhäuser - die allesamt schon verkauft sind - sind noch zehn Plätzchen für Einfamilienhäuschen an der Hönne frei. An Interesse mangelt es allerdings nicht. „Der Bedarf in Balve ist auf jeden Fall da“, sagt Mühling. Bezahlbarer Wohnraum ist knapp. Das zeigt sich auch daran, dass das Stadtoberhaupt direkt selbst Interesse anmeldet. Rein beruflich. Denn für die langfristige Unterbringung anerkannter Geflüchteter sei die Stadt stetig auf der Suche nach passeden Mietwohnungen.

Mit einer digitalen Trafostation soll der Energieverbrauch der Ein- und Mehrfamilienhäuser besser gesteuert werden können.
Mit einer digitalen Trafostation soll der Energieverbrauch der Ein- und Mehrfamilienhäuser besser gesteuert werden können. © Westfalenpost | Tobias Schürmann

Dabei halten sich Balver Bauherren bisher noch zurück auf den insgesamt 10.000 Quadratmetern. Anfragen kommen laut Thomas Budde vor allem aus anderen Regionen des Märkischen Kreises. Das zeigt zumindest: Als Lebensmittelpunkt ist Balve für Familien durchaus gefragt - wenngleich vielleicht auch nur temporär. Um Führungspersonal und Fachkräfte anzulocken, hat sich ein Balver Unternehmer zumindest nach Mietshäusern erkundigt. Einen Kauf gab‘s am Ende allerdings nicht.

Bedenken

Läuft in Sachen Baugenehmigung alles glatt, könnten die ersten Bagger in etwa acht Wochen anrollen, schätzt Budde. Das hänge allerdings von den Käufern und ihren Vorstellungen und Planungen ab. Langwierige Genehmigungsverfahren sollte es dabei aus städtischer Sicht nicht geben, dazu macht der Bebauungsplan für die Hönnewiesen bereits die Rahmenbedingungen fest. Aus energetischer Sicht könnte das Areal gleichzeitig zu einem Pilotprojekt werden. Erstmals kommt vor Ort nämlich eine digitale Trafostation zum Einsatz. Die soll Energieverbräuche besser steuern und anpassen können. „Das ist der erste Schritt auf dem Weg zu einem digitalen Netz“, so Hubertus Mühling.

„Wir haben die Erschließungsstraße rund 20 Zentimeter angehoben.“

Thomas Budde
Projektentwickler, über Maßnahmen zum Hochwasserschutz

Doch ein Haken bleibt: die Klage der Nachbarstadt Menden vor dem Verwaltungsgericht Arnsberg. Die Befürchtung: Durch das Baugebiet könnten Hochwasserschutzmaßnahmen flussabwärts in Gefahr geraten. „Das sehen wir ganz gelassen“, sagt Bürgermeister Hubertus Mühling. Zumal die Hönnestadt vor Planungsbeginn Bedenken bei der Bezirksregierung Arnsberg habe abfragen lassen. Dort gab man grünes Licht. „Ich denke, das wird man alles heilen können“, sagt Mühling. Für die künftigen Bewohnerinnen und Bewohner entlang der Hönne haben die Projektentwickler derweil selbst weitere Vorkehrungen getroffen. „Wir haben die Erschließungsstraße rund 20 Zentimeter angehoben“, erklärt Thomas Budde. Hinzu kommt: Das Erdgeschoss darf erst weitere zehn Zentimeter über der Straße ansetzen. Das sollte aus Sicht der Verantwortlichen dafür sorgen, dass selbst bei einem Jahrhunderthochwasser wie 2021 keine Häuser unter Wasser stehen. Hinzu kommt ein Schutzwall im oberen Teil des Areals sowie eine Retentionsfläche, auf der sich das Wasser abseits der Neubauten verteilen kann.