Balve. Wer in die Gärten und auf die Obstwiesen schaut, erblickt an den Bäumen kaum eine Frucht. Ein Agraringenieur erklärt, warum das so ist.

Wer im heimischen Raum in die Gärten und Obstwiesen schaut, erblickt an den Obstbäumen kaum eine Frucht.

Klaus Schulte aus der Horst ist Agraringenieur und Mitarbeiter des Naturschutzzentrums Märkischer Kreis in Lüdenscheid. Er selbst baut mit seinem Kompagnon außerdem auf drei Hektar biozertifizierte Äpfel an. Auf den Obstwiesen stehen rund 100 vorwiegend alte Apfelsorten, die Schultes Sauerland Obst GbR in Balve zu Apfelsaft veredelt. Mit einer Obstpresse auf Rädern bietet er die Möglichkeit, angelieferte Äpfel zu Saft zu verarbeiten.

Auch auf Schultes Streuobstwiesen sind in diesem Jahr die Äpfel rar.
Auch auf Schultes Streuobstwiesen sind in diesem Jahr die Äpfel rar. © WP Balve | Peter Müller

Kleine Ernte erwartet

Auch Klaus Schulte schaut auf seiner Streuobstwiese auf viele fast leere Bäume. Nur wenige haben Früchte angesetzt. „Wenn es eine Ernte geben sollte, wird es sicher eine sehr kleine. Dies betrifft in diesem Jahr leider alle Obstsorten. Auch Walnüsse sind betroffen. Bei ihnen ist der Ausfall annähernd 100 Prozent, sogar die Triebe sind erfroren“, erklärt Schulte die Situation.

Fünf Liter Saft kommen pasteurisiert in eine solche Box. Sie heißt Bag in Pack und garantiert auch geöffnet eine recht lange Haltbarkeit.
Fünf Liter Saft kommen pasteurisiert in eine solche Box. Sie heißt Bag in Pack und garantiert auch geöffnet eine recht lange Haltbarkeit. © WP Balve | Peter Müller

Im Winter habe man noch einen durchschnittlichen Austriebsbeginn der Obstbäume erwartet. Doch der sehr warme Februar und der warme März veränderten die Situation vollständig. Die Stein- und Kernobstblüte begann so früh wie noch nie.

„Anfang bis Mitte April standen die meisten Apfelsorten in Vollblüte. Eigentlich zeichnete sich eine gute Ernte am Horizont ab.“

Klaus Schulte
Agraringenieur

„Anfang bis Mitte April standen die meisten Apfelsorten in Vollblüte. Eigentlich zeichnete sich eine gute Ernte am Horizont ab“, so Schulte.

Kälteeinbruch mit Frostnächten

Doch dann sei der Kälteeinbruch gekommen. Frostnächte und eine kalte Phase von ca. zwei Wochen mit Tagestemperaturen von unter 10 Grad hätten die Hoffnung zunichtegemacht. „Die bestäubenden Insekten blieben wegen der Kälte aus. Die Befruchtung der Samenanlagen wurde mit jedem Tag unwahrscheinlicher“, verdeutlicht er.

Herrlich blühende Bäume

So habe man bis Ende April herrlich blühende Bäume gehabt, die eine gute Ernte versprachen. Doch die Folgen der polaren Kälteperiode seien verheerend gewesen. „Gab es Fruchtansätze, so fielen auch diese durch den Frost geschädigt ab. Bakterien und Pilze machten den wenigen angesetzten Früchte zu schaffen“, so der Obstbauer.

Schultes mobile Saftpresse war in den vergangenen Jahren im Kreisgebiet unterwegs.
Schultes mobile Saftpresse war in den vergangenen Jahren im Kreisgebiet unterwegs. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann Funke Foto Services

Doch es gibt Ausnahmen: Auf Schultes Streuobstwiese lassen sich einige Bäume mit Früchten ausmachen. „Das liegt an der Sorte und deren Zeitpunkt der Blüte. Ein paar Tage können da alles entscheiden“, stellt er fest. Eine geschlossene Blüte könne etwas Frost vertragen. Eine geöffnete Blüte vertrage ihn überhaupt nicht. Auch das Mikroklima spiele eine Rolle.

Im Hintergrund steht der Klimawandel. „In den Jahrzehnten vor 1990 lag der Beginn der Apfelblüte hierzulande erst im Mai. Aufgrund des Klimawandels und des damit verbundenen globalen Temperaturanstiegs ist der durchschnittliche Beginn der Apfelblüte auch in Nordrhein-Westfalen inzwischen um gut zwei Wochen nach vorne gerückt.

Das erhöht die Gefahr von Nachtfrösten in der Blüte“, so die Pressestelle des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes NRW. Die Apfelblüte sei vom Mai in den April gerückt.

Saftpresse steht noch still

Noch steht Klaus Schultes mobile Saftpresse still. Sie kommt erst mit Beginn der Ernte zum Einsatz. Er fährt damit durch das Sauerland und das Siegerland. Auch dem Rheinland und dem Münsterland stattet er Besuche ab. Er hat dort feste Standorte auf Höfen, wohin die Leute ihre Ernte bringen können, um gegen einen Obolus Saft pressen zu lassen.

„So wie es jetzt aussieht, wird es am Ende weniger Saft geben, da einfach die Äpfel fehlen.“

Klaus Schulte

„Wie viel wir in diesem Jahr pressen werden, hängt natürlich von der Ernte ab. So wie es jetzt aussieht, wird es am Ende weniger Saft geben, da einfach die Äpfel fehlen. In guten Jahren pressen wir aus vier Tonnen Äpfeln 2500 Liter Saft am Tag“, erläutert Schulte.

Jede Menge Äpfel können mit Schultes mobiler Saftpresse verarbeitet werden.
Jede Menge Äpfel können mit Schultes mobiler Saftpresse verarbeitet werden. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann Funke Foto Services

Zuerst werden die Äpfel in der Waschanlage gereinigt. Danach werden sie zerkleinert und ausgepresst. Der Saft wird bei 80 Grad pasteurisiert und heiß abgefüllt. Hierdurch wird der Saft haltbar und fließt in Kunststoffschläuche mit Zapfhahn, die in einen Karton kommen. In diesem Bag-in-Box-System bleibt der Saft nach Anbruch mindestens sechs Wochen haltbar, da keine Luft eindringen kann. Nicht angebrochene Boxen sind mindestens ein Jahr haltbar. Der Karton kann im nächsten Jahr wiederverwendet werden. Einen Tipp hat Klaus Schulte: „Je mehr verschiedene Apfelsorten gemischt werden, desto aromatischer wird der Saft.“

Info: Standorte und Zeiten für die mobile Saftpresse gibt es ab Ende Juli auf der Internetseite: www.obst-auf-raedern.de