Balve. Rückschritt in der Versorgung der Patientinnen und Patienten. Balver Apotheken beziehen Stellung zu Honorar- und Strukturreform

Der lange erwartete Referentenentwurf für ein „Gesetz für eine Apothekenhonorar- und Apothekenstrukturreform“ aus dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) liegt nun vor. Wie Balver Apothekrinnen und Apotheker diesen Schritt bewerten.

Klare Worte

Gabriele Regina Overwiening, Präsidentin der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) findet dazu klare Worte: „Der Referentenentwurf des BMG für eine sogenannte Apothekenreform bedroht die Arzneimittelversorgung der Menschen und ist keine Weiterentwicklung der apothekerlichen Tätigkeit in den Apotheken vor Ort, sondern kommt einem Trojanischen Pferd gleich. Das ist kein Fortschritt, sondern ein Rückschritt in der Versorgung der Patientinnen und Patienten.“

Christian Bathe von der Apotheke am Drostenplatz.
Christian Bathe von der Apotheke am Drostenplatz. © Sven Paul | Sven Paul

Laut dem Entwurf sollen Apotheken auch ohne Apotheker oder Apothekerin die Abgabe von Medikamenten vornehmen dürfen. Die Bedürfnisse der Menschen würden damit ignoriert.

Ganz so kritisch sehen es die Balver Apothekerinnen und Apotheker allerdings nicht. Auf Nachfrage der Redaktion äußern sich die Inhaber der Balver Apotheken Nicole Freiburg (Adler Apotheke) und Christian Bathe (Apotheke am Drostenplatz) zu den Ideen des Bundesgesundheitsministeriums. Sie erkennen in dem Entwurf auch einige positive Aspekte.

„Apotheke light ist unsererseits auch nicht erwünscht, aber es ist richtig und sinnvoll dem Apotheker mehr Freiraum zu geben.“

Nicole Freiburg und Christian Bathe
Apothekeninhaber in Balve

Apotheke light ist unsererseits auch nicht erwünscht, aber es ist richtig und sinnvoll dem Apotheker mehr Freiraum zu geben, sodass dieser kurze, absehbare Zeit die Apotheke ohne Konsequenzen verlassen kann (Bank, Arztbesuch und ähnliches)“, äußern sie sich nicht durchweg kritisch. 

Junge Leute motivieren

Aber: „Apotheke light würde zu einem Ungleichgewicht führen und wäre ein wirtschaftlicher Vorteil gegenüber traditionell geführten Apotheken, was zum Beispiel Personalkosten, Ausstattung und Räumlichkeiten betrifft.“

Die Attraktivität, eine Apotheke zu übernehmen, würde durch die neuen Vorschriften nicht gefördert. „Hier ist es wichtig, junge Leute zu motivieren und Aspekte zu schaffen, die den Aufwand der Ausbildung zum Apotheker und die Übernahme rechtfertigt“, so die beiden Apotheker in ihrer Stellungnahme.

Nicht verantwortbare Risiken

Mit dieser Idee werde die Versorgung bagatellisiert und abgewertet - und „mit nicht verantwortbaren Risiken für die Patientinnen und Patienten belastet“, fürchtet ABDA-Chefin Overwiening. „Die Honorierung wird zwar umstrukturiert, aber es kommt kaum weiteres Geld in das bereits seit Jahren unterfinanzierte System der Arzneimittelversorgung über die Apotheken vor Ort. Hier fehlt es an jeglicher schnellen Unterstützung.“

In dieser Form sei die Reform schädlich und eine verpasste Chance. ABDA-Präsidentin Overwiening: „Das System der Apotheken vor Ort sichert die wohnortnahe Arzneimittelversorgung der Menschen in Deutschland. Trotz einer betriebswirtschaftlich unzureichenden Honorierung schaffen es die Apothekerinnen und Apotheker, selbst bei den Lieferengpässen immer noch eine unentbehrliche Säule für die Gesundheitsversorgung der Menschen zu sein. Auf eine bessere Honorierung, mehr Entscheidungskompetenzen, weniger Bürokratie und eine digitale Weiterentwicklung der apothekerlichen Aufgaben warten die Apothekerinnen und Apotheker dagegen schon lange. Die Apothekerschaft unterstützt deshalb jede politische Bemühung, die Arzneimittelversorgung für die Menschen zukunftsfähig zu machen.“

Mit der Hochrechnung des BMG, dass Apotheken durch zu erwartende Kündigungen nennenswerte Einsparungen erzielen könnten, kann sich die Apothekerschaft nicht anfreunden. „Gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Apotheken ist das mehr als verantwortungslos“, kritisiert Overwiening.

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Die Inhaber der Balver Apotheken werden die Entwicklung erstmal beobachten. „Wir lassen uns überraschen, was die nächsten Wochen bringen“, stecken sie jedoch nicht die Köpfe in den Sand.