Der Tag nach den Protestzügen: Wie ist die Stimmung in der heimischen Landwirtschaft?

Große Anliegen fordern großes Engagement. Einen Einsatz, der sich sehen lassen konnte, zeigten die Landwirte in und um Balve am Montag allemal. Von Beckum startete der Bauernprotest mit ungefähr 30 Landwirten. Vom Hagebaumarkt in Neuenrade fuhren sie mit 50 Teilnehmern weiter nach Lüdenscheid. Anton Linsmann unterstützte den Protest als Ordner: „Die Fahrt war reibungslos und hat sehr gut geklappt.“

Das lag auch vor allem an der guten Organisation von Johann Brinkschulte. Er hatte die Orga-Treffen in Lüdenscheid besucht und kümmerte sich um das gesamte Drumherum. Linsmann lobte: „Da gehört auch viel zu, dass man das macht. Von allen Landwirten geht ein ordentlicher Dank an Johann.“

Unter den Bauern herrschte auf der Fahrt eine lockere Stimmung. Und wie sah das beim Gegenverkehr und bei den Schaulustigen am Straßenrand aus? „Da waren die Reaktionen gemischt. Viele haben uns Lichthupe gegeben und Daumen hoch gezeigt. Es gab aber auch ein paar, die uns den Mittelfinger gezeigt haben“, beschreibt Linsmann. Die positive Resonanz habe aber deutlich überwogen. Viele Zuschauer am Straßenrand zeigten sich mit bemalten Schildern solidarisch. „Loyalität für die Landwirte“ war zu lesen, so der Garbecker.

Schon vor den Protesten warnten Experten vor einer Unterwanderung von rechts. Zahlreiche rechtsextreme Gruppen hatten zur Teilnahme an den Protesten aufgerufen. Das hatte man auch in Balve auf dem Schirm. In seiner Ansprache betonte Conrad Albersmeier vom landwirtschaftlichen Ortsverein, dass er keine Teilnahme von Rechtsextremen dulde.

Auch einige Mitarbeiter vom Containerdienst Menshen schließen sich den Protest an. Sie zeigen ihre Solidarität durch die Schleifen aus Absperrband.
Auch einige Mitarbeiter vom Containerdienst Menshen schließen sich den Protest an. Sie zeigen ihre Solidarität durch die Schleifen aus Absperrband. © Balve | Antonia Mertens

Und tatsächlich musste Linsmann am Hagebau in der Sache tätig werden. Drei Autos bestückt mit Deutschlandfahnen wollten am Protest teilnehmen. Eins davon trug die Fahnen sogar umgekehrt: also gold, rot, schwarz. Gerade rechtsextreme Kreise nutzen diese Symbolik für sich. „Die wollten unbedingt mitfahren, aber wir haben sie ausgeschlossen“, betont der Garbecker. Er war für den Anschlusskonvoi am Hagebau als Ordner zuständig und hinderte sie an der Teilnahme. „Der mit der umgedrehten Deutschlandflagge auf der Motorhaube hatte auch einen sehr aggressiven Unterton. Der war sehr uneinsichtig“, beschreibt Linsmann. Das von ihm ausgesprochene Teilnahmeverbot nahmen die unerwünschten Gäste nicht ernst. Die Polizei verlieh Linsmanns Anordnung nochmal einen gewissen behördlichen Nachdruck. „Hinterher haben sie trotzdem noch versucht, sich über den Hagebau-Parkplatz anzuschließen“, erzählt er. Daran hinderte die Polizei sie jedoch erfolgreich.

Bauern-Protestzug in Balve
Bauern-Protestzug in Balve © WP | Antonia Mertens

In Lüdenscheid auf der Hohen Steinert trafen sich dann mehrere Konvois aus dem Märkischen Kreis. „Da wurden die Fahrzeuge zu einer Einheit aufgestellt“, sagt Linsmann. Ein Symbol wurde geschaffen: eine Einheit für die Zukunft der Landwirtschaft. Die Redner freuten sich über die große Anteilnahme und betonten, wie herausfordernd Konkurrenzfähigkeit auf EU-Ebene sei. Hier änderte sich die Stimmung unter den Landwirten teilweise. Der Ernst der Lage war zu spüren.

Bauern-Protestzug in Balve: Johann Brinkschulte hat die Organisation gestemmt.
Bauern-Protestzug in Balve: Johann Brinkschulte hat die Organisation gestemmt. © Balve | Antonia Mertens

Nach dem offiziellen Teil traten die Landwirte die Heimfahrt an. „Andere Konvois haben sich dann nochmal privat aufgestellt und den Verkehr lahmgelegt. Das haben wir aber nicht gemacht“, erzählt er. Sie hielten sich an die polizeilichen Auflagen. „Unser Grundprinzip war das Miteinander und die Kompromissbereitschaft“, betont er. Sie wollten den Protest nicht durch unüberlegte, nachträgliche Aktionen ins schlechte Licht rücken.

An weiteren Aktionen des Bauernprotests beteiligen sich die Balver seines Wissens nach nicht. „Wir haben uns auf einen Tag konzentriert. Wenn man das auf eine Woche gesplittet hätte, hätte man im Endeffekt zu wenig Aufmerksamkeit bekommen.“ Und: „Zuhause sind ja auch noch die Betriebe, wo man auch was tun muss“, erklärt er. Trotzdem glaubt er an die Kraft der gestrigen Aktion: „Ich hoffe, dass sich doch nochmal an den Tisch gesetzt und nachgedacht wird, ob die ganzen Entscheidungen so richtig waren.“