Balve. Yalçin Geyhan ist in der SPD jenseits von Balve weitgehend unbekannt. Wie will er überzeugen, um MdB Dagmar Freitag beerben zu können?


Yalçin Geyhan (31) hat als erster Sozialdemokrat im Märkischen Kreis Interesse angemeldet, als Nachfolger von Dagmar Freitag für den Bundestag zu kandidieren.
Der Rechtsanwalt aus Balve
zählt zu den Nachwuchstalenten seiner Partei. Allerdings gilt Balve als Mini-Ortsverein der SPD.

Sie haben vor kurzem ihre Premiere im Balver Rat absolviert. Welche Eindrücke haben Sie mitgenommen?

Der 31-jährige Balver Rechtsanwalt Yalçin Geyhan (Mitte, mit Ortsvereinsvorsitzendem Thomas Vogtmann und der heimischen Landtagsabgeordneten Inge Blask) will in den Bundestag.
Der 31-jährige Balver Rechtsanwalt Yalçin Geyhan (Mitte, mit Ortsvereinsvorsitzendem Thomas Vogtmann und der heimischen Landtagsabgeordneten Inge Blask) will in den Bundestag. © WP | jürgen overkott



Yalçin Geyhan
Ganz neu war’s ja nicht. Ich war vorher schon als sachkundiger Bürger dabei, beispielsweise im Bauausschuss und im Ausschuss Schule, Kultur, Soziales und Sport. Aber Rat ist natürlich schon etwas anderes. Man hat gesehen, dass man viel bewegen kann.

Eine konstituierende Sitzung ist mit vielen Ritualen verbunden. Was hat Sie überrascht?

Mir hat sehr gefallen, dass viele Entscheidungen einstimmig gefallen sind. Man hat gesehen, dass in Balve Sachpolitik gemacht wird – und eben keine populistische Politik, die nur dazu dient, aufzufallen. Man kann mit den Ratsmitgliedern der CDU (Mehrheitsfraktion; Red.) reden. Gerade weil wir eine rechte Partei im Bundestag haben, ist es für uns in Balve besonders wichtig, dass wir ein kollegiales Verhältnis haben.

Wie haben die Eröffnungsreden von Alterspräsident Heinrich Stüeken und Bürgermeister Hubertus Mühling auf Sie gewirkt?

Bei Herrn Stüeken hat mich beeindruckt, dass er gesagt hat, der Rat muss jünger werden – und, dass er die Bedeutung des Ehrenamtes hervorgehoben hat. Gerade in Zeiten von Corona ist das wichtig, dass wir so gut, wie es nur eben geht, aus der Krise herauskommen. Und nach den Zahlen, die der Herr Bürgermeister vorgelegt hat, sieht es für Balve als Kommune ganz gut aus.


Wenn wir den
Blick über Balve
hinaus weiten: Wie haben Parteifreunde jenseits der Stadtgrenzen auf Ihre Kandidatur reagiert?

SPD Balve nominiert Sigrid Schmidt erneut als Kandidatin für Kreistag in Lüdenscheid; Ersatzkandidat: Yalcin Geyhan
SPD Balve nominiert Sigrid Schmidt erneut als Kandidatin für Kreistag in Lüdenscheid; Ersatzkandidat: Yalcin Geyhan © Unbekannt | SPD Balve



Es ist so, wie es in jeder Partei ist: Man hat Unterstützer, man hat Leute, denen es nicht so gefällt. Das sind Wesensmerkmale einer Demokratie. Man kann nicht Everybody’s Darling (Jedermanns Liebling; Red.) sein. Für mich ist jetzt die Zeit gekommen, in der ich mich den anderen Ortsvereinen vorstellen will. Es wird in Corona-Zeiten schwer, persönlich vorbeizukommen. Aber ich kann mit den Menschen telefonieren, und immerhin sind Treffen zu zweit oder zu dritt noch möglich, egal ob in Menden oder in Iserlohn.

Was haben Ihre Kritiker angemerkt?

... dass sie nichts von mir wissen. Die Genossen in unserer Partei warten jetzt darauf, mit welchen Themen ich komme.


Bei der
Jahreshauptversammlung Ihrer Partei
haben Sie drei Schwerpunkte genannt: Digitalisierung, Einsatz für die heimische Wirtschaft und Bestrebungen, die Region für Zuzügler interessanter zu machen. Was noch?

Definitiv das Klima! Das haben mir die Diskussionen über den Klimawandel und die Demonstrationen von „Fridays for future“ gezeigt. Wir können heute nicht mehr sagen, dieses Thema läuft so nebenbei. Dazu gehört für mich übrigens auch der ÖPNV. Wenn die Leute aufs Auto verzichten sollen, muss es bei uns im Märkischen Kreis auch die Möglichkeit dazu geben. Wir brauchen einen starken ÖPNV, auch wenn das Thema wegen Corona im Moment ein bisschen verschwunden ist.

Wie wollen sie den ÖPNV aufwerten?

Yalcin Geyhan mit dem SPD-Granden Sigmar Gabriel (links)
Yalcin Geyhan mit dem SPD-Granden Sigmar Gabriel (links) © WP | Unbekannt



Das ist vor allem eine Sache der MVG. Wir haben bei einer Veranstaltung mit (der heimischen Landtagsabgeordneten; Red.) Inge Blask vorgeschlagen, den Bürgerbus stärker einzubeziehen, beispielsweise mit Anforderung über eine App.

Die Sachebene ist das eine, die persönliche das andere. Wo sehen Sie Ihre Stärken?

Das über sich zu sagen ist immer schwer. Aber ich glaube, mein großes Plus ist, dass ich es liebe, auf die Menschen zuzugehen. Ich höre sehr gerne zu. Jeder Mensch hat seine Geschichte zu erzählen, was seine Wünsche angeht – und auch seine Sorgen.