Hagen. Sie wurde gekündigt, will aber weiter musizieren: Im Arbeitsgericht verklagt eine Musikerin (39) des Landespolizeiorchesters das Land NRW.
So stellt sich das in Hagen ansässige Landespolizeiorchester (LPO NRW) harmonisch im Internet vor: acht Ensembles, 45 Vollblutmusiker(innen). Doch die Querflötistin (39) ist nicht mehr mit dabei. Sie klagt vor dem Arbeitsgericht gegen ihre Entlassung.
Es ist das offizielle Repräsentationsorchester der Landesregierung. In dunkelblauen Polizeiuniformen schick gekleidet, spielen die studierten Berufsmusiker des LPO jährlich auf gut 160 Veranstaltungen: Bei Empfängen verschiedener Behörden, in Schulen, wo sie Nachwuchswerbung für die Polizei betreiben, oder bei zahlreichen Wohltätigkeitsveranstaltungen. Die Musiker sind ein Teil der Öffentlichkeitsarbeit der Polizei, ihre Aufgabe ist nicht nur zu unterhalten, sondern auch das Vertrauen zu fördern.
Dieses Vertrauen könnte bei der Klägerin inzwischen erschüttert sein: Vor dem Arbeitsgericht Hagen verlangt die am 13. April fristgerecht gekündigte Flötistin eine Kopie ihrer Personalakte. Und sie fordert ihre Weiterbeschäftigung (Az. 3 Ca 640/23).
Prozess-Gegner ist das Land NRW. Von dort fühlt sie sich „nicht ordnungsgemäß behandelt“. Dabei, so betont sie, komme sie mit ihren Musiker-Kollegen aus dem Landespolizeiorchester „super zurecht“ und möchte deshalb weiterhin gerne dort mitspielen.
„Gestörtes Vertrauensverhältnis“
Die beiden NRW-Regierungsbeschäftigten auf Beklagtenseite sehen das anders: Die zwei Dirigenten des Orchesters hätten aufgrund „mangelnder Kommunikation“ ein „gestörtes Vertrauensverhältnis“ zu der Flötistin entwickelt. Deshalb sei die Kündigung bereits innerhalb der Probezeit erfolgt.
Dem widerspricht die Klägerin: Der Verantwortliche aus Selm sei ohnehin „nur sporadisch da“, die Musiker arbeiteten vielmehr „alle unter sich“. Es gäbe, neben der großen symphonischen Besetzung, noch acht kleine Ensembles für jeden Geschmack: klassisch, modern, Jazz und sogar Hip-Hop.
Was überhaupt zur Trennung von der Klägerin führte? Sie hat vormittags auch eine Stelle als Lehrerin und steht deshalb nur abends und an Wochenenden dem Orchester zur Verfügung. Das hätte sie in ihrem Einstellungsgespräch im Beisein mehrerer Personen auch ausdrücklich betont, sagt sie.
Gleichzeitige Tätigkeit an einer Schule
Daraufhin sei ihr erklärt worden, man sehe kein Problem mit einer gleichzeitigen Tätigkeit in der Schule und einer Tätigkeit im Orchester. „Deshalb“, so die Wuppertaler Arbeitsrechtlerin Dr. Annemarie Jakobs, „dürfte die durch das Land NRW ausgesprochene Kündigung in diesem Fall treuewidrig sein.“ Den Kammertermin hat Arbeitsgerichtsdirektor Jürgen Schlösser auf den 22. September, 12 Uhr, festgesetzt.
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Es könnte dort zu einer großen Beweisaufnahme mit dem Leiter des LPO, zwei Dirigenten und der Landesgleichstellungsbeauftragten kommen. Richter Schlösser: „Entscheidend wird sein, was bei der Einstellung besprochen wurde und was rechtsverbindlich ist.“
Einen Vorwurf wird man der Querflötistin ganz bestimmt nicht machen können: dass sie ihr Instrument nicht professionell beherrsche. Bereits zwischen 2011 und 2014 gehörte sie dem Landespolizeiorchester als Vollzeit-Musikerin an.