Hohenlimburg. Menschen mit Demenz muss die Pandemie und ihre Folgen immer wieder neu erklärt werden. Eine Herausforderung für Angehörige und Beratungsstellen.
Für Menschen mit einer Demenz und deren Angehörige verlangt die Pandemie viel Kraft im alltäglichen Leben. Einrichtungen wie Wohngemeinschaften, Tagespflege und Selbsthilfegruppen bieten Unterstützung und Beratung an.
Die Wohngemeinschaft
Vor gut fünf Jahren hat der Hohenlimburger Bauverein in einem sanierten Altbau Auf dem Lölfert die Demenz-Wohngemeinschaft ins Leben gerufen, als Bestandteil des Projektes „Chancen für ein gutes Leben – Lebenslanges Wohnen in meinem Quartier“.
Mit der Pandemie hat sich der Alltag für die neun Bewohner genauso verändert, wie in Pflegeheimen auch. Jeder Besucher muss einen negativen Corona-Test vorlegen, die Mitarbeiter tragen Maske und achten auf Abstand. Veränderungen, die für demente Personen zur Herausforderung werden. „Die Pandemie an sich ist für diese Menschen ein riesiges Thema“, weiß Uli Sauerborn, nebenamtlicher Vorstand im Hohenlimburger Bauverein und Angehöriger. Seine Schwiegermutter lebt in der Demenz-Wohngemeinschaft.
Die nötige Vorsorge, die Corona mit sich bringt, sei den Bewohnern nur schwer zu vermitteln. Sie vergessen schnell, was im hier und jetzt passiert. „Wenn man nach dem Datum fragt, dann wissen sie es oft nicht. Selbst Uhrzeit und Jahreszeit können ein Problem sein.“ Umso schwieriger zu verstehen, dass Angehörige und Pflegemitarbeiter plötzlich eine Atemschutzmaske tragen und auf Abstand achten müssen. Oder dass der Besuch bei Frisör und Fußpflege zurzeit ausfallen müssen. „Man muss es immer wieder erklären. Aber das ist eben so, es hängt mit der Demenz zusammen.“
Ein Vorteil sei die engmaschige Betreuung. Im Schnitt kümmert sich ein Pflegemitarbeiter um drei der Bewohner, denen generell in der Wohngemeinschaft noch ein weitestgehend eigenständiges Leben ermöglicht werden soll. Wirklicher Unmut herrsche angesichts der nötigen Schutzmaßnahmen unter den Bewohnern aber nicht, beobachtet Sauerborn. „Denn auch diese negativen Dinge vergessen sie. Also die Demenz hat da – nicht böswillig gemeint – etwas positives.“
Die Selbsthilfegruppen
Außerhalb der Wohngemeinschaft als Lebensumfeld ist Claudia Scharfenberg unterwegs. Sie ist die Vorsitzende der Alzheimer-Demenz Selbsthilfegruppe Hagen e.V. und zudem Leiterin einer Tagespflege, wo sie täglich mit dementen Menschen zutun hat. „Wirklich schlimm für die Menschen ist die emotionale Leere, die derzeit herrschen muss. Die vergessen sie nicht.“ Es fehlen die Umarmung, das Singen – und der Blick ins Gesicht. „Menschen mit Demenz müssen die Gesichter ihres gegenüber lesen können. Mimik und Gestik ersetzen die Worte.“ Die Maske bremst diese Art der Kommunikation massiv. Und Scharfenberg tut es, wie sie sagt, in der Seele weh, die Distanz wahren zu müssen. „Das ist im Moment eine ganz schreckliche Situation.“
Die Impfungen
Umso hoffnungsvoller geht der Blick für sie auf die Impfungen: Die Bereitschaft, sich impfen zu lassen, sei hoch. Menschen mit Demenz, die über 80 Jahre alt sind, könnten einen Termin für das Impfzentrum vereinbaren. Unklar ist noch, ob mobile Impfteams ähnlich wie in Seniorenheimen auch Demenz-Wohngemeinschaften ansteuern. „Man kann von dementen Personen sicher nicht erwarten, dass sie in die Stadt fahren. Aber solche Fragen sind regelbar“, ist Claudia Scharfenberg zuversichtlich, dass es hier bald Lösungen gibt.
Zurzeit treffen sich die Demenz-Selbsthilfegruppen nicht. Für Fragen stehen die Gruppen und Beratungsstellen telefonisch zur Verfügung unter 02331/2046758 oder 02331/207 3478.