Siegen/Lennestadt. Drogenhandel in Lennestadt. Eine Angeklagte initiiert Verfahren gegen sich und drei andere vor Schöffengericht. Die Strafen fallen mild aus.

Vier Angeklagte sitzen im Saal 165 des Siegener Landgerichts, in den das Olper Schöffengericht aus Platzgründen in anhaltenden Corona-Zeiten ausgewichen ist. Zwei Männer und zwei Frauen. Es geht um Drogenhandel in Lennestand, in den Jahren 2016 bis 2018. Eine der Frauen hat sich selbst und die anderen drei im Mai 2019 angezeigt, danach eine umfangreiche Aussage gemacht.

Laut Anklage hat die 35-jährige G. von Anfang 2014 bis September 2018 mindestens 208 mal Drogen bei den beiden Männern gekauft – zumeist einmal pro Woche ein Gramm Amphetamin, manchmal noch etwas Marihuana dazu. Zumeist beim 37-jährigen N. Ganz selten sei er nicht lieferfähig gewesen. „Geh zu K., der hat noch etwas von mir“, sei dann sein Rat gewesen.

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Die Tatzeit wird im Lauf des Vormittags um gut zwei Jahre verkürzt. Sie habe noch einmal genau überlegt und nachgerechnet, entschuldigt sich G., beim Gericht. Sie habe mit dem Kaufen erst begonnen, als sie in ihre jetzige Wohnung zog, das sei Anfang 2016 gewesen. Dadurch reduziert sich ihr Erwerb, aber auch der Verkauf, auf 132, weil viermal pro Woche mal 33 Monate gerechnet wird.

Anwalt vermutet Rache

Die Angeklagte und ihr Mann waren als Zeugen in einem Verfahren vor dem Amtsgericht in Lennestadt aufgetreten. Angeklagt war ein Mann, der den N. einige Zeit früher mit einem Teleskopstock verprügelt haben sollte. Zumindest aus Sicht der anderen drei Angeklagten, die solches damals auch bekundeten, soll G. maßgeblich an der Beauftragung der Körperverletzung beteiligt gewesen sein. Und diese drei, die gegen sie ausgesagt hätten, seien nun von G. vor Gericht gebracht worden. „Das ist Rache“, ruft Anwalt Klaus Söbke in den Raum, bevor er einen Freispruch für seinen Mandanten N. fordert.

G. hingegen berichtet, sie habe mit der Mitangeklagten B. auf dem Gerichtsflur gesessen, die zunächst ihrem Mann Drogen angeboten und dann auch sie selbst gefragt habe: „Willst Du auch eine Nase?“ Sie wolle der anderen ja gar nichts, „aber ich finde das eine Sauerei!“ B. habe genau gewusst, dass sie alles unternehme, von der jahrelangen Drogensucht wegzukommen. Sie habe gerade ein halbes Jahr mit Mann und Tochter in einer Familientherapie verbracht gehabt, dann werde sie auf diese gemeine Tour wieder in Versuchung gebracht. Vermeintlich habe sie zugestimmt, tatsächlich aber einen Wachtmeister informiert.

Später vor der Tür will sie noch gesehen haben, wie B. mit einem Unbekannten Gegenstände austauschte. Für sie ein sicherer Drogenhandel. Die Polizei, vom Wachtmeister gerufen, nahm B. kurz darauf mit diversen Drogen in einer Dose fest. Das sei alles Eigenbedarf gewesen, lässt B. (36) erklären, deren Beziehung zu N. inklusive gemeinsamen Kindes die Behörden dazu gebracht haben, ihr Handel im Auftrag des Partners vorzuwerfen. Sie habe nichts verkauft und auch nicht versucht, die G. im Gericht anzufixen. Oder deren Mann.

Knappe finanzielle Verhältnisse

Die Angeklagte sei in eine Drogenfamilie hineingeboren worden, habe ihr Leben komplett geändert, Hilfen angenommen und gute Fortschritte gemacht, wird von einer früheren Bewährungshelferin ausgeführt. Sie wird zu einer moderaten Geldstrafe von 700 Euro verurteilt. „Eine Freiheitsstrafe wäre mit lieber gewesen“, frotzelt die Frau hinterher, angesichts knapper finanzieller Verhältnisse. Gleiches gilt für B. die schließlich 300 Euro bezahlen muss. Für die beiden Männer gibt es Bewährungsstrafen. Das weicht zumindest beim N. vom Antrag des Staatsanwaltes ab, der sich unter anderem auf die sehr negative Prognose von dessen Bewährungshelferin beruft. Das Gericht sieht es etwas positiver, gibt dem Mann zwei Jahre „mit“ und erlegt ihm regelmäßige Drogenscreenings auf. Die Bewährungszeit dauert mit vier Jahren ungewöhnlich lange.

Bei K, der sich aus Sicht von Richter Richard Sondermann höchst uneinsichtig zeige, sei diese Entscheidung schwerer gefallen. Das Gericht verhängt ein Jahr und drei Monate sowie als Bewährungsauflage 200 Sozialstunden.