Eine klare Gesamtstrategie zur systematischen Aufwertung des Hagener Wohnungsmarktes fordert WP-Kommentator Martin Weiske ein.

Der Mietspiegel 2021 führt der Stadt erneut ungeschminkt vor Augen: Mit dem Gros des Hagener Mietwohnungsbestandes lassen sich für Hauseigner kaum ausreichende Einnahmen erzielen, um die in die Jahre kommenden Immobilien kontinuierlich und mit dem gebotenen Standard vor dem Zahn der Zeit zu bewahren. Preisanstiege in Zehn-Cent-Schritten pro Quadratmeter bieten Hausbesitzern kaum den erforderlichen Spielraum, tief in die Investitionsschatulle zu greifen.

Diese Erkenntnisse sind keineswegs neu, sondern werden regelmäßig mit besorgtem Zähneklappern in der Politik zur Kenntnis genommen. Es liegen sogar schon Experten-Empfehlungen vor, um die Mietwohnungssituation in Hagen vor dem Kollaps zu bewahren. Allerdings fehlt es seit Jahren an der Umsetzung, um die viel zu üppigen Leerstände zu beseitigen und somit eine gesunde Entwicklung – niemand möchte Preisexplosionen wie in den Metropolstädten auslösen – auf den Weg zu bringen.

Das kritische Getöse um den Block-1-Abriss in Wehringhausen durch die GWG dürfte die örtlichen Wohnungsgesellschaften kaum ermutigt haben, auch künftig minderwertigen, wirtschaftlich kaum mehr sanierbaren Wohnraum im großen Stil vom Markt zu nehmen. Die Hagener Erschließungs- und Entwicklungsgesellschaft (HEG) hat beispielsweise rund um den Bodelschwingh- und Wilhelmsplatz den Versuch gestartet, durch Sanierung und Aufwertung von Immobilien das Steuer herumzureißen und somit zugleich in das Sozialgefüge der Quartiere einzugreifen. Löbliche Ansätze, die bislang allerdings über den reinen Feigenblatt-Charakter kaum hinausgekommen sind. Selbst bei Eigenbesitz wie an der Wehringhauser Straße musste der Stadt zuletzt erst eine Rattenpopulation zur Hilfe krabbeln (Zufälle gibt es!), bis die Häuser leergezogen und dem Abriss gewidmet werden konnten.

In den neu entstehenden Baugebieten Auf der Gehre, auf Haßley und rund um den Emster Marktplatz spielen klassische Mehrfamilien-Mietwohnungsblocks mit modernem Standard höchstens eine Nebenrolle. Die alarmierende Empfehlung, über zehn Jahre 3500 Schrottwohnungen am Markt zu beseitigen und stattdessen 1500 zeitgemäße Alternativen zu schaffen, verhallt in Hagen weitgehend effektfrei. Ganz zur Freude jener Zuwanderer, die Kaltmieten um die drei Euro/qm zu schätzen wissen. Hier zur Rettung auf ISEK-Konzepte à la „Hagen plant 2035“ zu hoffen, erscheint angesichts des Handlungsdrucks geradezu grotesk.

Das Erschreckendste an diesem permanenten Abwärtsprozess ist jedoch, dass ihn jeder kennt, zu dem Dilemma sehenden Auges ein ritualisiertes Wehklagen anstimmt, denkbare Lösungsstrategien längst auf dem Tisch liegen, aber letztlich niemand konsequent und mit der erforderlichen Durchschlagskraft handelt. Höchste Zeit, dass jemand für diese Thematik endlich die Verantwortung übernimmt – und das nicht bloß als Abwickler, sondern als Macher.