Menden. Das Impf- und Testzentrum an der Hauptstraße in Menden schließt vorläufig. Wie die neue Test-Zahlpflicht auch andere Anbieter vor Probleme stellt.
Das zentrale Mendener Corona-Impf- und Testzentrum an der Hauptstraße 34 schließt am 29. Juni seine Pforten – erst einmal nur vorläufig, wie Betreiber Dr. Walter Blaß gegenüber der WP betont. Als Hauptgrund dafür nennt der Fröndenberger Mediziner die Tatsache, dass die neue Selbstbeteiligung der Kundenein Kassensystem erfordert, also eine Bar- und eine Kartenkasse sowie die Kontrolle der Ausnahmeregelungen. Zudem gebe es für den Herbst keine Planungssicherheit in der Impffrage. All das führt laut Dr. Blaß jetzt zur Schließung – bis auf Weiteres. Was auch bedeutet, dass etwa 40 geringfügig bezahlte Kräfte in Menden ihre Jobs los sind, die sie seit Eröffnung des Zentrums innehatten, damals noch im Bürgersaal. Man sei längst zu einem echten Team zusammengewachsen, bedauert Blaß die Entscheidung. Ob das Impf- und Testzentrum jemals wieder aufmacht, solle nun bis Ende September entschieden werden.
Bargeldverkehr wie bei der Praxisgebühr schreckt Mediziner ab
Bargeld in Arztpraxen: Da denkt Dr. Blaß mit Grausen an die Zeiten der Praxisgebühr von 10 Euro zurück. Wie damals, sagt er, hätte es jetzt neben einer Bar-Kasse auch Kartenlesegeräte geben müssen, dazu eine gesonderte Buchführung samt Inventur und vieles mehr, was mit Zahlungsverkehr zu tun hat. Weniger Geld pro Test solle es für Anbieter obendrein geben: Statt zuletzt 11,50 Euro sollen es nur noch 9,50 Euro sein, von denen der Kunde drei Euro selbst zu zahlen hat. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat die Abschaffung der Gratistests jüngst damit begründet, dass sie den Bund aktuell durchschnittlich eine Milliarde Euro pro Monat kosten. Das sei angesichts der zu erwartenden schlechten Haushaltslage gerade im Herbst zu viel.
Vorwurf an Berlin: Kurzfrist-Entscheidung und keine Planungssicherheit für den Herbst
Doch Blaß sieht sich und andere Anbieter damit nicht nur in die Kassierer-Rolle gedrückt. In Berlin sei alles auch viel zu kurzfristig angekündigt worden, um sich in Menden vernünftig vorbereiten zu können. „Wir brauchen Planungssicherheit. Außerdem“, räumt er ein, „können wir alle nach zwei Jahren Dauerstress in Sachen Corona jetzt auch einmal eine Atempause gebrauchen“.
„Menden testet“ macht weiter
Bei Alexander Schmidt, dem Betreiber des Express-Testzentrums „Menden testet“ Am Papenbusch 5, waren Termine für die schnelle Antigen-Testung auf SARS-CoV2 zuletzt nur noch bis zum 29. Juni online zu buchen. Schließen will Schmidt sein Drive-in-Angebot wegen der Bezahlpflicht allerdings nicht, auch wenn er die Kritik von Dr. Blaß teilt. „Wir machen weiter, notfalls hangeln wir uns erst einmal mit einer profanen Bar-Kasse durch“, kündigt Schmidt am Mittwoch auf Anfrage der WP an.Mit Hochdruck arbeite man seit zwei Wochen an einem bargeldlosen Zahlungssystem, das die drei Euro Selbstbeteiligung schon mit der Termin-Anmeldung automatisch einbuchen kann. „Aber das ist nicht von jetzt auf gleich umzusetzen, für die pünktliche Einführung zum 30. Juni ist vorher definitiv zu wenig Zeit geblieben.“Zudem gebe es noch gar keine neue Testverordnung für die jetzt auslaufende – aus seiner Sicht ein weiterer Fehler der Regierenden, den er im dritten Coronajahr endgültig nicht mehr nachvollziehen könne: „Es ist schon peinlich, dass da oben keiner weiß, wie es weitergehen kann.“
Die Einführung der Bezahlpflicht falle ausgerechnet in eine Zeit, in der die Nachfrage nach Tests wieder deutlich ansteige. „Wie erleben ja auch nicht, dass die Ansteckungszahlen zurückgehen – im Gegenteil: Nach jeder größeren Veranstaltung in Menden wächst die Zahl der Infizierten, ohne dass wir das genau beziffern könnten.“
Kontrolle von Ausnahmen bei der Bezahlpflicht laut Blaß kaum zu realisieren
Konfrontiert sähe Dr. Blaß sich selbst und ein Team beim Weiterbetrieb auch mit den Ausnahmen von der Selbstbeteiligung. Die gelten etwa für Kinder unter fünf Jahren, für Schwangere oder für Menschen, die Angehörige im Krankenhaus oder im Altenheim besuchen wollen. „Wie sollen wir das wirksam kontrollieren? Und vor allem: Wie sollen wir später bei der Abrechnung nachweisen, was uns zur jeweiligen Freistellung vom Bezahlen erzählt worden ist?“ Auch das müsste also schriftlich festgehalten werden, ebenso wie die Personalien. Blaß sieht hier auch die Bürokratie fröhliche Urständ feiern.
All das habe ihn dazu bewogen, den Betrieb des Impf- und Testzentrums auszusetzen. Viel werde dann auch davon abhängen, ob die Bundesregierung eine vierte Impfung einleitet. Blaß: „Auch da hört man bisher ja noch nichts. Wir schließen jetzt erstmal ab und beobachten die politischen Entscheidungen.“