Kreis Olpe. In vielen Gastronomiebetrieben herrscht Wut und Ratlosigkeit. Dehoga-Kreischef Bernhard Schwermer spricht für viele: „Wir wissen nicht weiter.“
Zwischen Wut, Frustration und Ratlosigkeit bewegt sich die Stimmungslage der heimischen Gastronomie nach der Fortsetzung des harten Lockdowns und dem Verbot der Außen-Gastronomie auch im Kreis Olpe. Da nützt auch der vergleichsweise niedrige Inzidenzwert nichts.
Deutliche Worte findet Bernhard Schwermer, Gastronom aus Heinsberg und Kreisvorsitzender der Dehoga (Deutscher Hotel- und Gaststättenverband): „Viele wissen nicht mehr weiter. Jetzt schon wieder vier Wochen, und was danach kommt steht in den Sternen.“ Es bringe aber auch nichts, mit einem Treckerkorso nach Berlin oder Düsseldorf zu fahren, wie es die Landwirte machten: „Viele in der Branche spuckt Gift und Galle. Es müssen jetzt intelligente Strategien her. Ich würde vor meinen Lokalen Schnelltests anbieten, warum denn nicht. Das dauert nur einige Minuten, und anschließend habe ich nur getestete Gäste im Laden. Hotelgäste nur auf den Zimmern ohne Frühstück, müsste auch gehen. Warum nicht auch Planwagenfahrten ohne Verdeck bei schönem Wetter. Irgendwie und irgendwann muss doch ein bisschen Spaß nach dem anderen wieder möglich sein.“
„Lichter gehen trotzdem nicht aus“
Mit rund 300 Sitzplätzen unter freiem Himmel dürfte das Olper Bootshaus eine der größten Außen-Gastronomien haben im Kreis Olpe. Betriebsleiter Mark Wisseling: „Irgendwo fehlen einem so langsam die Worte. Natürlich hatten auch wir uns auf etwas Ähnliches eingestellt, weil die Inzidenzzahlen wnach oben gehen. Wir lassen den Kopf aber nicht hängen, sind gerade dabei, draußen das zu machen, was man bei Trockenheit machen kann. Wir streichen Tische, bringen die Terrasse auf Vordermann. Wenn wir wieder öffnen dürfen, soll alles schön sein.“ Speisen to go biete das Bootshaus nur am Wochenende aus einem kleinen Kiosk heraus an: „Da bieten wir Waffeln, Crepes und Kaffee, Eis am Stiel, Bratwurst im Brötchen. Bei schönem Wetter läuft das gut, ist aber mit einem normalen Sonntagsgeschäft bei schönem Wetter nicht zu vergleichen. Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein.“ Das Essen zum Mitnehmen in der Woche habe man wegen schwacher Nachfrage eingestellt.
Wisseling will aber auch nicht zu sehr schwarz malen: „Hier werden die Lichter nicht ausgehen, wir werden auf jeden Fall wieder öffnen, wenn wir dürfen.“ Schade sei, dass jetzt der halbe April definitiv wegfalle: „Vergangenes Jahr war im April teilweise traumhaftes Wetter.“ Allzu große Hoffnung wolle er sich aber nicht machen: „Weil wir schon mehrfach enttäuscht worden sind.“ Und das, obwohl die Hygienekonzepte greifen würden: „Ich bin sicher, dass das im Freien verantwortbar wäre. Wir stellen die Tische weiter auseinander, wir tragen Maske, die Kontaktnachverfolgung ist möglich, an einem Tisch dürfen maximal fünf Personen aus zwei Haushalten sitzen.“ Dann sollte die Öffnung Mitte April wieder möglich sein. Wisseling: „Ich hoffe, dass die Länderchefs diesen Schritt wagen.“ Die Gastronomie sei seit November dicht: „Wir sind jetzt im sechsten Monat.“
Perspektivlosigkeit macht wütend
Für Kerstin Mosch, Betreiberin des Gasthofes Steinhoff in Schönholthausen, kam die Lockdown-Verlängerung nicht überraschend, sie hatte damit angesichts der Zahlen gerechnet. Wütend ist sie hingegen über die Perspektivlosigkeit, mit der sie und ihre Kollegen derzeit leben müssen. „Ich plädiere dafür, dass die Politik mit Öffnungsankündigungen länger wartet und diese dann vorausschauend angeht, damit wir Gastronomen mehr Planungssicherheit bekommen“, sagt Mosch beispielsweise mit Blick auf die Lieferung von Getränken, die nicht von heute auf morgen zu machen sei. Das Verbot der Außengastronomie kann Mosch hingegen verkraften: „Wir haben unser Hauptgeschäft am Abend, und bei den aktuellen Temperaturen ist es am Abend auf der Terrasse einfach kalt, trotz der Heizstrahler.“
Geschockt über „Malle-Regelung“
Auch für Oliver Mester kam die Verlängerung des Arbeitsverbots für die Gastronomen nicht überraschend. Dennoch hadert der Wirt mit den immer neuen Entscheidungen, die in Berlin gefällt werden: „Wir sind mehr als unzufrieden. Man weiß nicht mehr, was man noch tun soll. Wenn wir wüssten, dass wir am 1. Mai starten können, das würde uns helfen.“ Die Öffnung der Außengastronomie sei für kleine Betriebe in Randgebieten keine große Hilfe. „Das macht für uns keinen Sinn. Wir sind hier nicht in Köln oder Dortmund. Wenn die Häuser dort aufmachen, haben die sofort 20 Leute an den Tischen.“ Mester bietet auch Ferienwohnungen an. „Dass die Leute jetzt nach Malle fliegen dürfen, und hier müssen die Ferienwohnungen zu bleiben, darüber bin ich echt geschockt.“ In den letzten Wochen hat das Gasthaus „Essen außer Haus“ angeboten und dabei auf das Osterwochenende gehofft. „Wir müssen jetzt erst einmal die neue Coronaschutzverordnung abwarten. Wir wissen ja noch gar nicht, ob wir über Ostern Essen außer Haus überhaupt anbieten dürfen.“
Gefahr, dass Mitarbeiter weglaufen
Jutta Imhäuser, die mit ihrem Mann Paul das Traditions-Gasthaus Tillmann in Olpe führt, beklagt die unsichere Perspektive für die Mitarbeiter: „Wir haben sechs Minijobber, von denen ich nicht weiß, ob sie weitermachen, einer hat definitiv schon gekündigt, sich anderweitig orientiert.“
In Sachen „staatliche Hilfen“ habe sich die Situation verbessert: „Die Überbrückungshilfe 3 für Januar noch nicht, der Rest ist aber recht zügig eingetroffen.“ Laufende Kosten wie die Miete seien davon zu bestreiten, zudem sei der Vermieter „etwas entgegen gekommen“. Zur Öffnungsperspektive sagt die Gastwirtin: „Nach dem 18. April rechne ich schon damit, dass wir wieder aufmachen dürfen.“ Ein Lockdown light für die Gastronomie bringe ihr nichts: „Das muss dann wieder ganz normal laufen, mit Hygieneregeln, aber nicht nur für draußen, sonst tun wir Geld dabei.“
Das sagt der DEHOGA-Chef NRW:
DEHOGA-NRW-Präsident Bernd Niemeier, nimmt auf der Homepage des Verbandes kein Blatt vor den Mund: „Wir haben die Nase gestrichen voll, vor allen Dingen, weil wir unsere Hausaufgaben gemacht haben und der Staat seine nicht. Wir sind die ,Dauergelockten’, weil der Staat im Umgang mit der Corona-Pandemie zahlreiche Entwicklungen versäumt hat. (...) Jeder politisch Zuständige auf Bundes-, Landes- und kommunaler ist gemeint. Testet uns offen! Hebt das Tempolimit bei Impfungen, Tests und der Digitalisierung auf! Gebt Gas! Errichtet Testzelte auf den Marktplätzen, baut Teststraßen in allen Gemeinden, gebt Bürgerinnen und Bürgern Testmöglichkeiten an allen Ecken und Enden. Und das am besten ,25’ Stunden an jedem Tag der Woche. Wir wollen die Getesteten, die Geimpften und die Genesenen wieder als unsere Gäste begrüßen dürfen. Das ist unsere Überlebensstrategie.“