Hagen. Der 64-Jährige hat fünf Jahrzehnte Hagener Straßenbahn miterlebt und erzählt von Sechsachsern, Gummibereiften, Fahrer-Toiletten und E-Mobilität.

Eigentlich wollte er technischer Zeichner werden, doch in der Nachbarschaft wohnte ein Straßenbahner, der mit seinem Vater befreundet war. Also macht er – Elmar Groppe – eine Ausbildung zum Kfz-Schlosser bei der Hagener Straßenbahn.

„Ich war schon in der Grund- und Hauptschule immer der jüngste, und das hat sich auch in der Lehre nicht geändert, die hab‘ ich mit 14 angefangen. Mein Ausbilder hat mir ein Höckerchen hingestellt, damit ich zum Feilen überhaupt an die Werkbank kam“, blickt der heute 64-Jährige zurück. Auf fast fünf Jahrzehnte Beschäftigung bei der Hagener Straßenbahn.

Die 50 Jahre will Elmar Groppe voll machen

„Mein offizieller Renteneintritt ist am 1. April, dann bin ich 49-dreiviertel Jahre dabei, aber ich ziehe bis mindestens Ende Juli noch durch, die 50 Jahre will ich voll machen“, lacht Elmar Groppe, der von sich selbst sagt, ein echter Straßenbahner zu sein. Obwohl das – um genau zu sein – nicht ganz korrekt ist. „Als die Straßenbahn in Hagen dann 1976 abgeschafft wurde, war ich als Gummibereifter, das war der scherzhafte Ausdruck für die Omnibus-Leute, im Straßenbahn-Betriebshof Oberhagen. Zwischen all den Sechsachsern, so nannte man früher jene Mitarbeiter, die bei der Straßenbahn beschäftigt waren, haben wir die Lehrwerkstatt für die Kfz-Schlosser-Ausbildung eingerichtet.“

Der alte Dienstausweis ist fast 50 Jahre alt.
Der alte Dienstausweis ist fast 50 Jahre alt. © Unbekannt | Michael Kleinrensing

„Unglaublich – zwischen diesen beiden Dienstausweisen liegen fast 50 Jahre“, sagt Elmar Groppe mit Blick auf einen Ausweis mit Schwarz-Weiß-Porträt, das an Ilja Richter in jungen Jahren erinnert. Der aktuelle Ausweis im Kreditkarten-Format samt Farbfoto zeigt den Emster, wie man ihn heute kennt: als Mann mit wachem Blick, der sportlich wirkt und anpacken kann.

In Lehrwerkstatt richtig malocht

Im Betriebshof in Boelerheide befand sich Anfang der 1970er Jahre die Lehrwerkstatt, „da haben wir richtig malocht, haben an den Eineinhalb-Decker-Omnibussen geschweißt, geschraubt, gefeilt und repariert.“ Nach drei Jahren Ausbildung hat Elmar Groppe die Prüfung vorzeitig abgelegt, „mit 17 war ich der jüngste Geselle im Team und hab‘ kein vollständiges Gehalt bekommen , da ich noch nicht volljährig war.“ 1983, mit 25 Jahren, war er wiederum jüngster Meister im Betrieb.

„Irgendwie ist es merkwürdig, aber wir sind das einzige Unternehmen in Deutschland, das den Namen ,Straßenbahn‘ noch trägt, obwohl es in Hagen längst keine Straßenbahnen mehr gibt“, schmunzelt der 64-Jährige und erzählt aus seiner Laufbahn.

So habe er von 1998 bis 2000 die Zusammenlegung der Betriebshöfe Boelerheide und Oberhagen begleitet, 2009 im Rahmen einer Weiterbildung den „Fachwirt Facility Management“ gemacht. 2011 ist er in den Betriebsrat und 2017 in den Aufsichtsrat der Hagener Straßenbahn gewählt worden. 2020 kam noch der Aufsichtsrat der Hagener Versorgungs- und Verkehrs-GmbH (HVG) hinzu.

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„Das Thema Gebäudewartung und Haustechnik ist seit langem ein Steckenpferd von mir“, sagt Elmar Groppe. In seinen Aufgabenbereich fallen auch die Kontrolle von Bushaltestellen und Wartehäuschen sowie die Planungen für den Bau von Personaltoiletten. „In den vergangenen Jahren haben wir mindestens 25 Toiletten für die Busfahrer eingerichtet“, sagt Elmar Groppe mit ein wenig Stolz in der Stimme, da er weiß, wie wichtig eigene WCs für die Fahrer sind.

Enormer Aufwand

„Der Aufwand rund um ein Toilettenhäuschen ist enorm, das ist beinahe so, als wolle man ein Einfamilienhaus errichten“, lacht der Emster. Von der Standortsuche (schließlich müssen Kanalanschluss, Strom und Wasser in der Nähe sein) , über die Vorbereitung eines Bauantrags bis hin zum Abschluss der Versorgungsverträge mit Enervie gingen Monate ins Land. „Tiefbauarbeiten eingerechnet kann man pro Streckentoilette an die 30.000 Euro kalkulieren, aber der Bau der WCs ist wichtig, und daher habe ich auch immer für die Kollegen gekämpft“.

Der Bauantrag für die durch ihn letzte geplante Personaltoilette ist gestellt, sie soll in der Profilstraße im Lennetal errichtet werden , „ich hoffe, dass sie im Sommer in Betrieb genommen werden kann“.

Auch E-Mobilität ist Elmar Groppes Thema

Ein weiteres Thema beschäftigt Elmar Groppe seit Jahren - die E-Mobilität. Seit 2019 wirkt er im Projekt „E-Bus Hagen“ mit. „Da schließt sich für mich ein Kreis. Die elektrisch betriebenen Straßenbahnen wurden 1976 abgeschafft und durch Omnibusse ersetzt, und nun kehren wir sukzessive zu E-Bussen zurück.“

Derzeit wird der Betriebshof Boelerheide umgebaut, Ende des Jahres werden die ersten E-Busse durch Hagen fahren (Hybridbusse gibt es bereits seit längerem). „Im ersten Schritt werden 14 Fahrzeuge umgestellt“, sagt Elmar Groppe, der die Entwicklung hin zur E-Mobilität begrüßt. Im Vorfeld müssten die Mitarbeiter – vom Busfahrer bis zur Reinigungskraft- allerdings noch geschult werden, „auch aus Sicherheitsgründen, denn wir sprechen hier von Hochvolt-Bussen“.

1200 Haltestellen

Die letzte Fahrt einer Hagener Straßenbahn (die Linie 7) fand am 29. Mai 1976 zwischen Markt und Kabel statt.Im Fahrdienst der Hagener Straßenbahn sind ca. 245 Mitarbeiter beschäftigt, in der Werkstatt etwa 40 Leute.Zum Streckennetz gehören an die 1200 Haltestellen.

Apropos Reinigungskräfte: Wie sehen die Busse in puncto Schmierereien heute aus? „Besser als vor einigen Jahren“, betont Elmar Groppe. „Früher langweilten sich wohl einige Fahrgäste, packten Eddings aus und beschmierten den Innenraum, heute daddeln doch fast alle mit ihrem Handy rum.“ Außerdem habe die frühere Reihenbestuhlung es ermöglicht, verdeckt Schmierereien vorzunehmen, „die Konferenzbestuhlung bietet heute zum Glück weniger Deckung, außerdem sind die Busse ja auch videoüberwacht“.

Auf was er sich freut, wenn er demnächst mehr Freizeit hat? „Dass ich mir meine Zeit frei einteilen kann. Außerdem werden mich unser Garten, das Tennisspielen, die Malerei und unsere zwei Enkel schon auf Trab halten“, sagt der Mit-Leib-und-Seele-Straßenbahner gut gelaunt.