Kreis Olpe/Bruchhausen. Heinrich Junge (Lennestadt) vom Schafzuchtverband Sauerland und Rinderhalter Andreas Heer sieht den Wolf als Gefahr: Das sind ihre Forderungen.
Heinrich Junge, Schafzüchter aus Lennestadt-Bruchhausen, ist besorgt, aber auch nicht überrascht, nachdem am Wochenende vermutlich ein Wolf bei Drolshagen gesichtet worden ist. Seitens der Politik fordert er aber klare und eindeutige Regelungen, unter anderem: „Der Wolf gehört ins Jagdrecht. Es muss möglich sein, zumindest sogenannte Problemwölfe zu schießen.“ Der Wolf habe derzeit den höchsten Schutzstatus, das sei nicht angemessen. Junge ist Vorsitzender des Schafzuchtverbandes, Bezirk Sauerland, dem die Kreise Olpe, Siegen-Wittgenstein, Märkischer Kreis und Hochsauerlandkreis angehören.
Heer: „Dann ist sofort Schluss“
Deutliche Worte findet auch Andreas Heer, Bio-Landwirt aus Kirchveischede, der etwa 90 Limousin-Rinder für extensive Fleischwirtschaft hält: „Wenn wir hier den ersten Wolfsriss bei unseren Tieren haben, ist für mich Schluss. Der Wolf gehört hier nicht hin. Wir sind ein Industrieland mit Kulturlandschaften und Landwirtschaft.“ In Norddeutschland hätten bereits erste große Deichschäfer den Betrieb eingestellt. Einen wirklichen Schutz vor Wölfen, egal ob mit Zäunen oder Schutzhunden, gebe es nicht oder er sei nicht praktikabel. Zum Video aus Drolshagen hat Heer eine klare Meinung: „Natürlich ist das ein Wolf.“
+++Lesen Sie zum Thema auch: Wolfssichtung wahrscheinlich+++
Das offenbar bei Drolshagen-Germinghausen gesichtete Tier, so ist Heinrich Junge überzeugt, sei mit Sicherheit nicht der erste Wolf, der den Kreis Olpe durchstöbert habe: „Wir haben immer schon Anzeichen dafür gehabt, dass einzelne Wölfe hier durchgezogen sind, auch, wenn das niemand an die große Glocke gehängt hat. Davon bin ich überzeugt, und davon lasse ich mich auch nicht abbringen. Es hat mehrfach Risse an Wildtieren gegeben, die sich niemand erklären konnte.“
Junge: Wollen keine Verhältnisse wie am Niederrhein
Junge warnt davor, Verhältnisse erdulden zu müssen, wie am Niederrhein, wo sich einige Wolfsbefürworter und Schafhalter unversöhnlich gegenüberstünden: „Der Schafzüchter, der einen Entnahmeantrag für die Problemwölfin Gloria gestellt hatte, erhielt sogar Morddrohungen.“ In Niedersachsen habe es ähnliche Bestrebungen gegeben, ebenfalls mit erheblichen Protesten von Wolfsfreunden. Selbst ein Autofahrer, der einen Wildunfall mit einem Wolf gehabt habe, sei bedroht worden.
+++Auch interessant: Dieter Heide (BUND) zum Thema Wölfe+++
Junge selbst hält der derzeit rund 70 Mutterschafe und 30 Lämmer. Unter anderem für die Bewirtschaftung seiner Weihnachtsbaum-Kulturen. Gegen das Eindringen eines Wolfes oder eines Rudels habe er zwar Zäune, auch Elektronetze aufgestellt, aber: „Inwiefern die wirklich wolfssicher sind, muss man abwarten.“ Wolfshunde hält Junge für ein zu gefährliches Instrument: „Ein solcher Hütehunde sieht eine Schafherde als seine Familie, die er mit allen Mitteln schützt und notfalls bis aufs Blut verteidigt.“ Wenn Radfahrer oder gar Kinder sich der Herde näherten, berge das ein für ihn unkalkulierbares Gefährdungspotenzial.
Die Politik müsse jetzt Farbe bekennen: „Die Entschädigungszahlungen müssen schneller abgewickelt werden.“ Alle Kosten, die Nutztierhaltern durch Wölfe entstünden, müssten übernommen werden.
Fred Hansen gegen Gespensterdiskussion
Fred Hansen, Grünen-Politiker im Kreis Olpe und Landesvorsitzender des Bundes Deutscher Forstleute, sieht keinen Grund zur Hysterie. Die Diskussion, ob Wölfe grundsätzlich ins Jagdrecht gehörten, oder ob Problemwölfe geschossen werden dürften, halte er für eine „Gespensterdiskussion“: „Es gibt keinen dokumentierten Fall, dass ein Mensch durch einen Wolf gefährdet worden ist.“ Der Wolf sei eine geschützte Art, und wenn über den Abschuss von Problemwölfen diskutiert werde, müsse sich jeder im Klaren sein, dass ein solches Ausnahmeverfahren ein sehr aufwendiges sei, da ein solches Tier dann genau identifiziert werden müsse: „Im Augenblick gibt es für solche Überlegungen bei uns keinerlei Notwendigkeit.“
Überangebot von Rehwild
Wölfe seien in den vergangenen Jahren immer wieder mal im Kreis Olpe gesichtet worden, aber immer nur Einzeltiere: „Ein Rudel gibt es hier nicht, da bin ich mir ziemlich sicher.“ Der Kreis Olpe allein sei für ein Rudel ohnehin auch zu klein, wenn sich hierzulande ein solches niederlasse, dann werde das mehrere Kreise, vermutlich Südwestfalen betreffen. Grundsätzlich schließt Hansen das aber nicht aus: „Die Voraussetzungen sind gegeben, zudem haben wir ein Überangebot von Rehwild. Das macht unsere Region für den Wolf interessant. Die großen Kyrillflächen böten bereits wieder ausreichend Deckung, die Borkenkäferkahlschläge noch nicht.