Hohenlimburg. Die Diakonie betreut sozial isolierte Menschen in Wohngruppen. Anfragen waren 2021 so hoch wie nie. Wie eine dieser Gruppen in Hohenlimburg lebt

„Wir haben uns gesucht und gefunden“, sagt Edith Schäfer zurückhaltend. Die 62-jährige Frau hat viele Jahre der sozialen Isolation hinter sich. „2009 starb mein Mann und dann wurde mir alles zu viel.“

Vierter Stock ohne Aufzug

Schäfer lebte in einem Mehrfamilienhaus in Haspe im vierten Stock – ohne Aufzug. ,,Irgendwann ging es nicht mehr. Ich bekam keine Luft mehr, wenn ich die Treppen hochging.“ So verlies sie aufgrund von körperlichen Einschränkungen und psychischen Problemen jahrelang nicht mehr alleine ihre Wohnung. Ihre Söhne hatten durch Arbeit und Kinder nicht genug Zeit, sich ausreichend um die Mutter zu kümmern, erzählt die Frau.

Gemeinsame Aktivitäten

In der betreuten Wohngruppe der Diakonie in Elsey hat sie vor einem Jahr dann nicht nur ein neues Zuhause, sondern in den fünf Mitbewohnern auch echte Freunde gefunden. ,,Ich wusste sofort, hier will ich bleiben.“ Als das Haus am Trappenweg im Sommer vergangenen Jahres eröffnete, war sie deshalb auch die erste Bewohnerin, die einzog. „Wir malen zusammen und waren sogar mal im Café und im Zoo‘‘ erzählt die schüchterne Frau fast schon euphorisch. Eine besondere Freundin hat sie in der 56-jährigen Sonja Singer gefunden. ,,Die Frau Schäfer ist meine Trappenweg-Mutti“, scherzt die aufgeschlossene Frau, die so anders ist als die zurückhaltende Edith Schäfer.

Sonja Singer wohnt in einer Wohngruppe der Diakonie Mark-Ruhr am Trappenweg in Hohenlimburg.
Sonja Singer wohnt in einer Wohngruppe der Diakonie Mark-Ruhr am Trappenweg in Hohenlimburg. © WP Hagen | Marcel Krombusch

Von 28 bis 63 Jahren

Trotz der Unterschiede der sechs Bewohner der Wohngruppe, die im Alter von 28 bis 63 Jahren bunt durchmischt sind, scheint es irgendwie zu passen. Nicht zuletzt liegt das bestimmt auch an den schweren Lebensgeschichten, die alle vereint. ,,Sie haben jahrelange, chronische, psychische Erkrankungen“, berichtet Regina Hinzmann-Turk, Bereichsleiterin Ambulantes Betreutes Wohnen der Diakonie. „Zum Beispiel Depressionen oder Schizophrenie.“

Keine Therapie

Die Gruppe am Trappenweg ist die kleinste von mehreren Wohngruppen aus dem Bereich „Teilhabe und Wohnen“, die von der Diakonie Mark-Ruhr in der Region angeboten wird. Das Konzept: Menschen, die sozial isoliert sind, zu helfen. „Es ist keine Behandlung oder Therapie, sonders es geht um Betreuung im Alltag“, erläutert Jan Weinreich, Fachbereichsleitung Diakonie Mark-Ruhr. Deshalb gibt es neben den sechs Einzelwohnungen einen Gemeinschaftsraum und eine Gemeinschaftsküche. Beide Räume werden häufig für Aktivitäten wie gemeinsames Mittagessen genutzt.

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Bedarf in Pandemie gestiegen

„Sie machen vieles zusammen und sind eine Einheit geworden‘‘ sagt Regina Hinzmann-Turk von der Diakonie. Der Bedarf an solchen betreuten Lebensgemeinschaften sei, besonders durch die Pandemie, enorm gestiegen. Denn Corona hat viele ohnehin isolierte Menschen noch einsamer gemacht. ,,Wir haben noch nie so viele Anfragen gehabt, wie im letzten Jahr’’ so Hinzmann-Turk.

In ihrer barrierefreien kleinen Wohnung mit Terrasse fühlt sich Edith Schäfer jetzt sehr wohl. ,,Ich habe schon alles bepflanzt. Meine Rosen kommen bald‘‘ sagt die 62-Jährige stolz. „Ich bleib’ jetzt hier. Ich zieh nicht nochmal um.“

Ehemaliges Awo-Seniorenheim

Nach Umbau wurde das ehemalige AWO-Seniorenheim am Trappenweg vor einem Jahr neu bezogen. Neben Bethel Regional zog die Diakonie ein und nutzt das Souterrain für die Wohngruppe.

Manche Klienten werden über Jahrzehnte von der Diakonie Mark-Ruhr begleitet.