Wenden. Die Aufgabe des Gewerbegebietes Ruttenberg sorgt für Diskussionen. Die IHK ist der Meinung, dass das zu diesem Zeitpunkt der falsche Weg ist.

„Eine Abkehr vom geplanten Gewerbegebiet Ruttenberg zum jetzigen Zeitpunkt ist der falsche Weg und perspektivisch für die heimische Wirtschaft, insbesondere den Kreis Olpe ein Tiefschlag. Die Folgen für die Zukunft des dortigen Industriestandortes wären weitreichend“: Mit drastischen Worten ordnet IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener den Vorschlag der Gemeindeverwaltung Wenden ein, die Planungen für das interkommunale Gewerbegebiet einzustellen (wir berichteten.

„Es handelt sich um eine der letzten, großen interkommunalen Gewerbeflächen, die für die heimischen Betriebe überhaupt noch im Regionalplan berücksichtigt werden können.“ Der Hauptgeschäftsführer erinnert daran, dass alleine im Kreis Olpe rund 200 ha Gewerbeflächen fehlten. Für Siegen-Wittgenstein seien es noch einmal etwa 300 ha. Es sei nachvollziehbar, dass eine zweifache verkehrliche Anbindung zu erheblichen zusätzlichen Kosten führe und dass es zu zusätzlichen Verkehren komme. Zudem müsse zweifellos auch die Frage der Vermarktbarkeit der Gewerbegrundstücke diskutiert werden. „Wir sprechen hier jedoch nicht von einem Prozess in den kommenden zwei, drei Jahren, sondern von den Entwicklungschancen für Wenden und darüber hinaus in den nächsten 20 bis 25 Jahren! Flächen werden in naher Zukunft so oder so schon zum raren Gut – mit den entsprechenden Auswirkungen auf die Marktpreise.“

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In einer aufwendigen Standortuntersuchung hatte die IHK im Vorfeld der Neuaufstellung des Regionalplans in Absprache mit der Regionalplanungsbehörde durch ein Fachbüro 70 Suchräume in den Kommunen ermittelt, in denen Gewerbeflächen entwickelt werden könnten. Nur ein kleiner Teil davon war im ersten Entwurf des Regionalplans überhaupt berücksichtigt worden. „Wir würden uns wünschen, dass man sich mit derselben Kraft für dringend benötigte Industrie- und Gewerbeflächen einsetzt, die man für den Ausbau der Windenergie an den Tag legt!“Mehr als jeder Zweite in Wenden arbeitet in der Industrie Die Industrie sei nach wie vor Garant für Wohlstand und Beschäftigung. Aber gerade sie sei eben auf Flächen für die Produktion angewiesen, ergänzt IHK-Geschäftsführer Hans-Peter Langer.

Besonders Kommunen in Autobahnnähe hätten in den vergangenen Jahrzehnten vom industriellen Wachstum profitiert. Das zeige auch die herausstehende Entwicklung der Gemeinde Wenden. Hier arbeiteten mehr als die Hälfte aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im produzierenden Gewerbe. Ihre Zahl ist in der Zeit von 2000 bis 2021 um 37 % auf 3.619 Beschäftigte gestiegen. Gleichzeitig sind die Industrieumsätze um 80 % angewachsen. Wenden hat in den vergangenen Jahren an Attraktivität spürbar gewonnen. So hat die Zahl der Berufseinpendler zwischen 2010 und 2019 um 41 % zugenommen.

„Boden unter den Füßen entzogen“

Klaus Gräbener: „Die gedeihliche Entwicklung der Kommune geht zu großen Teilen auf ihre Industriestärke zurück. Die Wirtschaftsdaten für Wenden legen den Schluss nahe, dass es sich in erheblicher Weise negativ auf die künftige wirtschaftliche Entwicklung der Kommune auswirkt, wenn dem produzierenden Gewerbe im laufenden Verfahren der Regionalplanaufstellung die Perspektive auf dringend benötigte Flächen und damit der Boden unter den Füßen entzogen wird. Auch für die Städte Olpe und Kreuztal, mit denen das Gewerbegebiet gemeinsam geplant werde, würden damit Entwicklungspotenziale wegfallen.“ Andere, nicht unmittelbar an einer Autobahn gelegene Kommunen wären froh, über solche Optionen zu verfügen. Trotz der Industriestärke des heimischen Wirtschaftsraumes würden in den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe nur wenige Flächen in Anspruch genommen. „Gerade einmal 1,5 % der Gesamtfläche in beiden Kreisen wird industriell oder gewerblich genutzt. Landesweit sind es mit 2,2 % deutlich mehr.

Zudem erschweren naturräumliche Einschränkungen aufgrund der häufig engen Tallagen die Ausweisung von Flächen, von denen in der Praxis am Ende ohnehin nur durchschnittlich 68 % tatsächlich von den Unternehmen genutzt werden können“, verdeutlicht Hans-Peter Langer. So gingen etwa Flächenanteile durch erforderliche Terrassierungen oder durch darzustellende Ausgleichsflächen verloren.„Die Forderung, dem nachweislichen Flächenbedarf durch neue Zuweisungen so weit wie möglich planerisch zu begegnen, ist daher alles andere als vermessen, sondern vielmehr sachgerecht und für den Wirtschaftsstandort existentiell wichtig. Eine Flächenpolitik nach dem Sankt-Florians-Prinzip helfe der Wirtschaft nicht,“ unterstreicht Klaus Gräbener. An die Kommunalpolitik richtet er den Appell, die Planungen für das Gewerbegebiet nicht vorzeitig gänzlich einzustellen. Jedem sei klar, dass die Frage der Umsetzbarkeit am Ende von vielen Faktoren abhänge. „Jetzt aber sollte die Devise sein: nicht alle Türen zuschlagen, sondern Entwicklungsoptionen erhalten!“