Kreis Olpe. Michael Richard, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbands, sieht bei Mais und Gras bereits fatale Folgen ausbleibender Niederschläge.
Auch wenn der Gewitterregen am Mittwochabend außer wohltuender Kühle auch willkommene Feuchtigkeit auf Wälder, Wiesen und Felder brachte, war er angesichts der Witterung der vergangenen und der Aussichten für die nächsten Wochen doch nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Michael Richard, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbands Olpe, verfolgt die Wettervorhersage wie seine Kolleginnen und Kollegen mit Sorge: „Wir haben noch keine Probleme, aber wir erwarten sie.“ Für den ohnehin gestraften Wald sei das Wetter nur als „Desaster“ zu bezeichnen, derart schlimm werde die Lage in der Landwirtschaft wohl nicht. „Die Wintergerste war gut, die hat aus dem Frühjahr genug Regen abbekommen, zumindest auf den meisten Standorten.“ Aber das später reifende Getreide zeige schon jetzt, dass es nicht genug versorgt werde, „dann sprechen wir von Notreife, und die Erträge werden schlechter ausfallen“. Beim Grünland sei der erste und der zweite Schnitt gut ausgefallen, allerdings sei die Lage auf den Wiesen derzeit richtig schlecht. „Gottseidank haben wir aus dem Vorjahr gebunkert, das war ja eine Rekordernte. Wenn es weiter so trocken bleibt, wird der eine oder andere Kollege aber anfangen müssen, an seine Wintervorräte zu gehen.“ Auch für Laien sichtbar werde die Lage beim Mais: Dessen Blätter fingen an, sich zusammenzukräuseln und von grün zu grau umzuschlagen. „Für den Mais ist so ein Regen wir am Mittwoch allerdings Gold“, so Richard, anders als Gras, das aus Schauern kaum Nutzen ziehen könne, sondern auf langanhaltende Niederschläge angewiesen sei.
Kühe geben weniger Milch
Michael Alterauge, Milchbauer aus Drolshagen und Sprecher der Kreisgruppe des Bundesverbands deutscher Milchviehhalter (BdM), fasst die Probleme seiner Berufsgruppe zusammen: „Die Kühe saufen bei solcher Hitze wie in den vergangenen Tagen rund 30 Prozent mehr Wasser, was aber für die meisten Milchbauern kein Problem ist, weil die über eigene Brunnen verfügen und das Wasser nicht kaufen müssen. Gravierender ist, dass die Kühe bei solcher Hitze auch gut und gern 10 Prozent weniger Milch geben. Dieser Hitzestress schlägt zu Buche. Bei einem Grundpreis von 50 Cent macht sich das schon bemerkbar, da sind schnell 100 Euro pro Tag weniger Milchgeld drin.“ Etwas Abhilfe schaffen Ventilatoren im Stall, die zusätzlich mit Wasserverneblern ausgestattet werden können: „Durch die Verdunstung wird der Luft Wärme entzogen, das senkt die Temperatur durchaus um 2 bis 3 Grad, und das macht sich schon positiv bemerkbar.“ Ein weiteres Problem entstehe durch die hohe UV-Belastung, denn auch Kühe können Sonnenbrand bekommen. Michael Richard, selbst Milchbauer, lässt seine Kühe daher derzeit nur nachts nach draußen.
+++Lesen Sie auch: Feuerwehr wappnet sich für Vegetationsbrände+++
Noch keine Sorgen müssen sich die Bürgerinnen und Bürger des Kreises Olpe machen, was die Trinkwasserversorgung angeht. Rund drei Viertel aller Haushalte erhalten das Leitungswasser von den Kreiswerken Olpe, und die wiederum bedienen sich hauptsächlich aus der Listertalsperre: Zwei Drittel des verteilten Wassers werden hier entnommen. Das sind bis zu 4 Millionen Kubikmeter im Jahr. Außerdem besitzen die Kreiswerke Grundwasserbrunnen in den Wasserwerken Elspetal und Repetal mit Kapazitäten von 0,6 bzw. 1,8 Millionen Kubikmeter im Jahr. Da alle Hochbehälter der Kreiswerke ringförmig verbunden sind, kann bei Ausfall eines Werks das Wasser im gesamten Netz der Kreiswerke verteilt werden. Die Listertalsperre fasst 20 Millionen Kubikmeter Wasser. Sollte eine noch nie dagewesene Trockenheit alle Zuflüsse ausfallen lassen, dann könnten die Kreiswerke beim momentanen Vollstau theoretisch fünf Jahre lang ihre normale Entnahme fortsetzen, und würden Elspe- wie Repetal auch wegbrechen, würde das Listerwasser drei Jahre lang für das Gesamtnetz der Kreiswerke reichen. Und auch wenn gerade im August eine Absenkung der Stauhöhe des Listersees ansteht, weil die Mauer seeseitig saniert wird, ist mehr als genug Trinkwasser zur Überbrückung wochenlanger Trockenheit vorhanden. Übrigens verfügen die Kreiswerke über eine zweite Pumpe, die dieselben Wassermengen wie aus der Lister alternativ auch aus der Bigge entnehmen kann. Freilich, das betont Britta Balt vom Ruhrverband, ist die Listertalsperre keine exklusive Trinkwassersperre für den Kreis Olpe, sondern Teil des Gesamtsystems Ruhrverband, daher sei eine solche Betrachtung theoretischer Natur, verdeutlicht aber, dass eine Trinkwasserknappheit im Kreis Olpe auf absehbare Zeit nicht zu befürchten ist.
Eigene Versorgung in Finnentrop
27 Prozent bekommen Wasser aus anderen Quellen. Die meisten davon leben in Finnentrop: Dort betreibt die Gemeinde bei Müllen ein eigenes Wasserwerk. Ganz wenige, überwiegend Einhöfe, verfügen über eigene Brunnen. Und in vielen Dörfern gibt es Wasserbeschaffungsverbände mit eigenen Gewinnungsanlagen. Dies sind einerseits Tiefenbohrungen, die das Grundwasser anzapfen, zum anderen Stollen, teils ehemalige Bergwerke, teils eigens angelegte Trinkwasserstollen. Der Wasserbeschaffungsverband Rüblinghausen verfügt über beides, und Vorsteher Ludger Stracke hat schon einen großen Schieber aufdrehen lassen. Der Verband hat einen Vertrag, für den ihn andere Wasserbeschaffungsverbände beneiden und der heute so nie mehr geschlossen würde: Versorger Bigge-Energie als Nachfolger der Stadtwerke Olpe kann die Eigengewinnung jederzeit durch Kreiswasser ergänzen. „Im Stollen wird es weniger“, so Ludger Stracke. Seit vergangener Woche stockt der WBV daher sein eigenes Wasser mit einer kleinen Menge Kreiswasser auf. „Das ist bei dieser Hitze eine Schere, in die wir hineingeraten: Weniger Wasser wird gewonnen, gleichzeitig steigt der Verbrauch beispielsweise durch das Gießen in Gärten oder das Füllen von Pools“, so Stracke.