Drolshagen/Iseringhausen. Die Landesregierung will in Dörfern unter 2.000 Einwohnern keine weiteren Bauflächen. Drolshagen setzt auf Ausnahmen.
Wo darf in der Stadt Drolshagen in den nächsten Jahrzehnten noch gebaut werden, wenn die Landesplanung nur noch Dörfern mit über 2000 Einwohnern neue Baugebiete zubilligt? Mit dieser existenziell wichtigen Frage beschäftigte sich der Drolshagener Stadtentwicklungsausschuss in dieser Woche, nachdem die Verwaltung einen umfangreichen Gesamtüberblick über den Status Quo gegeben hatte. Eines vorweg: Es sieht düster aus für Bauwillige, wie das Infopapier der Verwaltung deutlich macht. Denn die Flächen, die im Flächennutzungsplan der Stadt mit Hilfe von Bebauungsplänen in Baugebiete umgewandelt werden könnten, haben einen gravierenden Haken: Sie gehören nicht der Stadt, sondern Privatleuten, die nicht verkaufsbereit sind.
Das will Winfried Behme, Fraktionsvorsitzender der Drolshagener UCW, nicht so ohne weiteres hinnehmen. Er stellte im Ausschuss den Antrag, die Stadt solle eine Liste sämtlicher dieser Privateigentümer vorlegen, die sich weigern, Bauerwartungsland an die Stadt zu verkaufen. Man müsse sie damit konfrontieren, so Behme, deren Flächen umzuwandeln, mit einem erheblichen Wertverlust für die Eigentümer. Andere Flächen, deren Besitzer kooperativer seien, sollten dafür Bauerwartungsland werden.
Behme will nicht kampflos aufgeben
Während Bürgermeister Uli Berghof dem Ansinnen Behmes bei der Bezirksregierung wenig Erfolg einräumt, will der UCW-Sprecher nicht kampflos aufgeben, vor allem mit Blick auf den Iseringhauser Grund: „Mehrere Bewohner des Iseringhauser Grundes haben schon vor zwei Jahren versucht, etwas zu erreichen und werden jetzt in der Sitzungsvorlage vertröstet auf 2025/2026. Und das ist der Grund, weshalb ich die Initiative ergriffen habe“, sagt er auf Anfrage unserer Redaktion.
Auf den Hinweis, dass die Landesregierung an ihrem 2.000-Einwohner-Limit für weitere Baugebiete festhalte, nimmt er kein Blatt vor den Mund: „Die wollen die Dörfer ausbluten. Wir in Drolshagen haben keine Dörfer mit mehr als 2000 Einwohnern. Nur den Zentralort. Das kann es nicht sein.“ Wenn die Liste mit den „sturen“ Grundstückseigentümern vorliege, werde er beantragen, den Flächennutzungsplan zu ändern: „Und dann wollen wir mal sehen, was die Leute in Olpe und Arnsberg dazu sagen“, meinte Behme mit Blick auf die Genehmigungsbehörden.
Auch interessant
In Iseringhausen und Husten sei die Situation für junge Leute besonders frustrierend: „Ich bin im Zuge einer Wahlkampfveranstaltung in Iseringhausen darauf angesprochen worden, weil die Menschen das Gefühl hatten, es kümmere sich niemand um sie.“ Und im Landesentwicklungsplan habe er dann den Passus entdeckt, dass innerhalb einer Kommune Flächen getauscht werden könnten. Behme: „Wenn sich Eigentümer stur stellen und ihr Bauerwartungsland nicht zur Verfügung stellen, sollten wir diese Flächen in Grünland umwandeln.“
30 Bauwillige stehen auf der Matte
Für Iseringhausen gebe es solche Alternativflächen anderer Privatbesitzer: „Es gibt Eigentümer, mit denen ich im Kontakt stehe. Die stehen Gewehr bei Fuß, ihre Flächen zu verkaufen oder selbst zu erschließen. Ich kenne allein in Iseringhausen etwa 30 Leute, die auf der Matte stehen und bauen wollen. Da müssen wir etwas tun. Wer nichts versucht, hat schon verloren. Sollte uns die Bezirksregierung Steine in den Weg legen, werden wir politisch Druck machen, die Öffentlichkeit suchen.“
Bürgermeister Uli Berghof versicherte im Bauausschuss: „Wir werden unser Bestes geben, um Bauland ermöglichen zu können. Versprechen kann ich aber nichts.“ An der Landesgesetzgebung komme die Stadt aber nicht vorbei.
2.000 Einwohnergrenze
Und genau von dort schwebt die 2000 Einwohnergrenze wie ein Damoklesschwert über dörflich geprägten Kommunen wie der Stadt Drolshagen.
Berghof machte auf Anfrage unserer Redaktion deutlich, dass es vielleicht Ausnahmen geben könne, wenn Dörfer über eine überdurchschnittliche Infrastruktur verfügten, beispielsweise über einen Kindergarten, eine Schule, eine Kirche, reges Vereinsleben und so weiter. Möglichkeiten könnten sich vermutlich am ehesten in Iseringhausen bieten, in Schreibershof oder Frenkhausen, so der Bürgermeister.
Neben Hützemert, das gerade erst ein neues Baugebiet bekomme („Unterm Sportplatz“), seien dies die einwohnerstärksten Dörfer der Stadt. Das habe er aus den Gesprächen mit der Bezirksregierung so mitgenommen. Im Beteiligungsverfahren für den Regionalplan würden weitere Gespräche folgen, „und dann werden wir mal sehen, ob etwas geht und wo etwas geht.“ Wie weit die Bezirksregierung dann bereit sei, den Bogen zu spannen, sei offen.
Kritik an Behme-Plan
Der Behme-Plan sei unrealistisch. Berghof: „Da sehe ich keine Chance.“ Die Antwort der Bezirksregierung sei absehbar, Drolshagen müsse erst einmal seine Überhänge von potenziellem Bauland im Flächennutzungsplan abbauen.
Burkhard Wintersohl (Bauamt) verwies im Gespräch mit unserer Redaktion darauf, dass die Stadt im aktuellen Flächennutzungsplan über etwa 35 Hektar potenzielle, ungenutzte Wohnbaufläche verfüge, die sich allerdings nahezu ausschließlich in privater Hand befinde.
Mit der neuen Landesplanung blieben davon vermutlich nur noch fünf Hektar übrig.