Hohenlimburg/Hagen. Selbst wenn das Ausmaß noch unklar ist: Der Krieg in der Ukraine wird auch Folgen für die stahlverarbeitende Industrie in Hagen haben
Selbst wenn das Ausmaß noch unklar ist: Die Ereignisse in der Ukraine werden Folgen für die stahlverarbeitende Industrie vor Ort haben. Auch wenn der Absatzmarkt Osteuropa nur begrenzt Bedeutung für hiesige Kaltwalzbetriebe hat, sind es doch gerade die Folgen für Lieferketten und den Energiemarkt, die zurzeit für Unsicherheit sorgen.
WSM: „Preisexplosion“ auf Energiemarkt
„Die Unternehmen müssen davon ausgehen, dass die Energiekosten 2022 nochmals ansteigen“, sagt Eva Machill-Linnenberg, Sprecherin des Wirtschaftsverbandes Stahl- und Metallverarbeitung (WSM), auf Anfrage. „Damit droht spätestens im nächsten Jahr auch denjenigen Betrieben, die für 2022 noch rechtzeitig vor der Preisexplosion Energie eingekauft haben, ein existenzbedrohender Kostenanstieg.“ Auch die besten Effizienzmaßnahmen im Bereich des Energieverbrauchs könnten diese Entwicklung kurzfristig nicht abmildern und keinesfalls kompensieren.
Kein zentraler Absatzmarkt
Laut WSM mache die Ukraine lediglich 0,2 Prozent des Absatzmarktes für stahl- und metallverarbeitende Unternehmen in der Branche aus. Russland liegt nur etwas über einem Prozent. So bezieht etwa Kaltwalzer Bilstein gruppenweit kein Vormaterial aus Russland oder der Ukraine, auch beziehen Bilstein und Hugo Vogelsang unmittelbar keine Ersatzteile und/oder Dienstleistungen aus Russland oder der Ukraine. Doch davon ab werde der Krieg natürlich Auswirkungen auf die Lieferketten allgemein sowie auf die Energiepreisentwicklung haben, sagt Tina Prinz, Sprecherin des Unternehmens. „Der Umfang ist aktuell in keiner Form absehbar, allerdings wird die Kostenentwicklung in allen europäischen Unternehmen der Bilstein Group hierdurch auf jeden Fall weiter beschleunigt“, sagt Prinz.
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Dass sich die enge Vernetzung der Lieferketten bereits auswirkt, zeigen jüngste Meldungen aus der deutschen Automobilbranche: So rechnet Volkswagen laut Presseberichten ab kommender Woche mit Einschränkungen in der Produktion. Grund seien fehlende Teile, die von einem ukrainischen Zulieferer hergestellt würden. Autobauer BMW vermeldet, man werde das größte europäische Werk des Konzerns im bayerischen Dingolfing kommende Woche wegen Teile-Mangels schließen.
Noch keine Prognosen
Mit Prognosen für die weitere Entwicklung hält man sich vor Ort zurück. Der Angriffskrieg von Russland auf die Ukraine sei im Europa der Nachkriegszeit „zutiefst erschreckend und einmalig“, sagt Bilstein-Sprecherin Tina Prinz. Die Auswirkungen, die sich hieraus und aus den hierauf folgenden Sanktionen und Einschränkungen ergeben, seien daher in keiner Form absehbar. „Grundsätzlich ist mit deutlichen Auswirkungen auch auf die westlichen Volkswirtschaften zu rechnen.“
Steigende Energiepreise
Derweil steigen die Energiekosten nicht erst seit Beginn des Konflikts in der Ukraine, sondern zogen bereits angesichts der laufenden Energiewende hin zu Erneuerbaren Energien und Nachhaltigkeit im Vorfeld an. Mit Sorge beobachte man die Kostensteigerung am Energiemarkt und die Auswirkungen des Krieges auf die Preise am heimischen Energiemarkt „und – noch wichtiger – der Verfügbarkeiten“, sagte etwa Klaus-Martin Schulte, Geschäftsführer Martin & Weissgerber, auf Anfrage bereits am Tag nach Kriegsbeginn.
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Hoher Bedarf an Energie
Jörg Lohölter, Geschäftsführer des mittelständischen Kaltwalzwerks Risse und Wilke: „Wir benötigen trotz effizientester Anlagen so viel Strom, wie eine Stadt mit rund 20.000 Einwohnern“. Beim Rohstoff Erdgas sehe das nicht anders aus. Ebenso spielten aber auch Stickstoff und Wasserstoff hier eine Rolle.
„Wir haben sicherlich durch die großen Mengen, die wir einkaufen, einen gewissen positiven Preiseffekt, jedoch führt die Preiserhöhung dazu, dass sich unsere Produktionskosten um einen 7-stelligen Betrag verteuern“, so Lohölter. „Wir müssen diese Kostensteigerungen natürlich im Markt weitergeben.“
Man stehe zwar vor großen Veränderungen, gerade aber die mittelständische Branche der Kaltwalzer, die in der Regel Familienunternehmen mit langer Tradition sind, hätten sich bereits in der Vergangenheit als sehr flexibel und wandlungsfähig gezeigt. „Wir sind gut für die Zukunft aufgestellt.“
SIHK Hagen schaltet Hotline für Unternehmen
Die Südwestfälische Industrie- und Handelskammer zu Hagen (SIHK) schaltet für Unternehmen unter der 02331/390-222 eine Hotline zur Russland-Ukraine-Krise, Fragen und Hinweise können zudem auch unter russland@hagen.ihk.de eingereicht werden.
Außerdem informiert die SIHK auf einer Sonderseite über die aktuellen Sanktionen und Auswirkungen auf die Wirtschaft durch die Russland-Ukraine-Krise.
Unter www.sihk.de/russland finden Unternehmen hilfreiche Informationen und Verweise auf andere Institutionen wie die IHK-Dachorganisation DIHK, die Deutsche Handelskammer in Moskau, die Deutsche Botschaft in Kiew, Bundesministerien oder auch das Bundesausfuhramt BAFA.