Menden. Es sollte eine Garage voller Hilfsgüter werden: Wie aus einem Aufruf von Mendener Kita-Eltern die wohl größte Hilfsaktion überhaupt wurde.
Alles beginnt mit einem „Raum in Garagengröße“, den der Jugendamts-Elternbeirat JAEB für eine Ukraine-Hilfesammlung braucht. Als Mitglied stellt Daniel Büttinghaus daraufhin den Platz in der Halle seiner Maschinenbürstenfabrik Fritz Martin an der Sudetenstraße zur Verfügung. Daraufhin erscheint der erste Aufruf auf dem bis dahin vergleichweise wenig beachteten Facebook-Portal des JAEB. Doch das Ganze trifft offenbar genau den Nerv einer Bevölkerung, die heraus will aus ihrer Ohnmacht gegenüber dem Putin-Krieg gegen die Ukraine. Zwei Wochen später ist das kleine Kita-Elternprojekt zur wohl größten Hilfsaktion für das Ausland geworden, die je aus Menden auf die Reise gegangen ist.
Daniel Büttinghaus: Zwei Wochen lang Hilfsgüter packen von morgens bis spätabends
Für Daniel Büttinghaus rollt mit dem 40-Tonner von LAM-Chef Bernd Krause am Mittwoch nicht nur der letzte Hilfsgüter-Lkw vom Hof: Erstmals seit zwei Wochen kann seine Fabrik auch wieder arbeiten. Denn der Ansturm der Spender und Helfer hat seinem Unternehmen einen 14-tägigen Produktionsausfall beschert. Doch den nimmt Büttinghaus ebenso in Kauf wie die Tatsache, dass auch Familie und Freunde in dieser Zeit allesamt mit angepackt haben. „An den meisten Tagen haben wir bis 22.30 Uhr gepackt und sortiert, unterstützt von zahlreichen Helferinnen und Helfer“, schildert der Mendener. „Einschließlich der Wochenenden.“ Das komplette Leben dreht sich in dieser Zeit um die Spendenaktion, um Verpackungsmaterial, Kartons, Paletten. Nebenher wollen 150 Anrufer am Tag gehört werden.
Mendener Wirtschaftsförderung gibt Schub: Plötzlich rollen große Laster an
Firmen, Vereine, Kitas, Stadt: Alle packen an
Zahlreiche Helfer kamen an der Sudetenstraße zusammen. Daniel Büttinghaus führte eine Liste – und hofft, niemanden vergessen zu haben. Was er nicht erwähnt: Seine Bürstenfabrik Fritz Martin trug zwei Wochen lang die Hauptlast.Krutmann: Radlader, Transportmittel; Hermes Nutzfahrzeug-Service: Lkw-Fahrt zum Lager; DHL: 40-Tonner nach Polen gesponsert; Bönisch Antriebselemente: 40-Tonner nach Polen gesponsert; Nikolai Rahtz: 40-Tonner nach Polen gesponsert und selbst gefahren; LAM: 40-Tonner nach Polen gesponsert mit eigenem Fahrer; HJS: Spende, Palettenkartons und Material sowie Azubis für einen Tag abgestellt; Friedr. Freek GmbH: Sponsoring von Palettenkartons, Paletten und Material sowie Manpower; Paul Stehle Getränke aus Hemer: Sitzgelegenheiten, Getränke für die Helfer und Paletten; Möbel Outlet Menden (MOM) und Olaf Jäger: Manpower, etliche Matratzen gespendet und den Firmentransit; Grünwald Raumausstattungen: Fahrt nach Polen mit Firmentransporter und Anhänger; Prinz-Mayweg-Gruppe Präzisionsstahlrohre: Manpower, Paletten und Palettenkartons, Firmentransporter für die Fahrt nach Polen, Lkw für Transport zum Außenlager; Hellweg Menden: Verpackungsmaterial, Bendel Containerdienst: kostenloser Container, Obst; Verpackungen Menden: Rabatt auf Kartons und Spende einiger Kartons; Stadt Menden – Schmelzwerk: Manpower, wann immer sie gebraucht wurde; SV Oesbern/Mädchen: viele helfende Hände; Städtische Kita Am Papenbusch: Statt Teamsitzung alle Erzieherinnen vor Ort zur Hilfe; Taxi Schwittay: Paletten; Apotheken in der Umgebung von Köster bis Heide-Apotheke und viele andere bis nach Fröndenberg. Kathrin Willems Ergotherapie und Massage: Spende; Fliesen Leege: Verpackungsmaterial; Schreinermeister Alfons Weber: Spende, Bäckerei Niehaves: Verpflegung für einen Fahrer und Tankfüllungen; Edeka Menden: Kartonagen; David Müller Firstchoice Veranstaltungstechnik: Manpower, Anhänger; Feuerwehr Menden: Manpower, Beleuchtung und Nothilfe, fünf große Zelte und Licht; DJK Sümmern: Manpower und vier große Zelte; Sperle Transporte: nahm zur eigenen Hilfsaktion sechs Palettenplätze aus Menden mit nach Polen; Dornbracht Iserlohn: Lagerplatz für ausgelagerte knapp 40 Paletten; Tierärztin Hohmann: Spende über Apotheke; Jordan Spritzgusstechnik: Paletten und Kartonagen; Bauernhof Scheffer, Hof Drepper: Spenden.
Die Kita-Eltern merken rasch, dass sie von der Hilfswelle buchstäblich überrollt werden – die Halle ist längst voll, Hilfsgüter stehen offen auf dem Hof. Gemeinsam mit seinem Unternehmer-Nachbarn Wolfgang Kaiser (Friedr. Freek GmbH) nimmt Büttinghaus Kontakt zu Wirtschaftsförderer Tim Behrendt auf. „Der stellte die Kontakte zu Mendener Firmen her. Was dann kam, war unglaublich“, sagt Büttinghaus. Er will sich auch im Namen der Initiatoren bei allen folgenden Unternehmen namentlich bedanken (siehe Infobox). Die Liste vermittelt auch einen Eindruck von dem Umfang, den diese Hilfsaktion letztlich angenommen hat.
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An Sudetenstraße wird jetzt ein großes Grillfest für alle Helferinnen und Helfer geplant
„Wir hoffen, dass wir niemanden übersehen haben, wenn doch, bitte ich um Meldung“, sagt Daniel Büttinghaus. Nicht zu vergessen seien zu alledem die weit mehr als 150 Helfer, die nach dem Aufruf erschienen: „Sie sortierten oder blieben gleich da, als sie beim Abgeben von Spenden sahen, dass Hilfe benötigt wird. Einige haben sich extra für uns Urlaub genommen. Leider weiß ich von den meisten nicht mal die Namen, weil es zu voll war und für Floskeln einfach keine Zeit blieb.“ Für sie will Büttinghaus in Kürze ein Grillfest veranstalten. Und: Es seien Menschen eigens aus Arnsberg, Plettenberg oder Kamen an die Sudetenstraße gekommen, um dort zu spenden. „Danke an alle!“