Hagen. Rocco Martorana liebt die Arbeit in seiner Schuhmacherei am Ischeland in Hagen. Nun sucht der 65-Jährige verzweifelt nach einem Nachfolger.
„Es ist ein so schönes Handwerk, und die Arbeit ist so vielseitig“, schwärmt Rocco Martorana. Doch der Schumacher spricht die Worte nicht mit einem Lächeln im Gesicht, sondern mit ernster, beinahe trauriger Miene. „Es wäre so schade, wenn wir keinen Nachfolger für unser Geschäft finden würden“, sagt der 65-Jährige. „Schuhreparaturen und Schlüsselservice“ steht über der Ladentür.
Seit elf Jahren sind die Martoranas mit ihrem Handwerksbetrieb in der Kinkelstraße 32 am Ischeland in Hagen ansässig. „Ich bin 65, langsam muss Schluss sein“, sagt der gebürtige Italiener, der vor vielen Jahren bei einem Orthopädie-Schuhmachermeister gelernt hat.
Von 1982 bis 1990 war Rocco Martorana mit seiner Schuhmacherei im Einkaufszentrum in Helfe beheimatet. „Doch dann haben wir eine Familie gegründet und mehr auf Sicherheit gesetzt.“ Im Klartext: Rocco Martorana hat das Handwerk an den Nagel gehängt und bei der Firma Stora Enso als Maschinenführer gearbeitet. „Doch der Wechsel von Früh-, Spät- und Nachtschicht war auch nicht ohne. Und als unsere Kinder dann größer wurden, hat es mir wieder in den Fingern gejuckt“, lächelt er.
2009 hat er sich erneut selbstständig gemacht, diesmal in der Kinkelstraße. „Wir wohnen hier ganz in der Nähe in der Mainstraße, das ist natürlich praktisch“, sagt Birgit Martorana, die ihren Mann ein wenig im Geschäft unterstützt und die Buchführung macht.
Noch ist die große Ausputzmaschine plus Presse täglich in Betrieb, und auch die 100 Jahre alte Adler-Schuhmachermaschine ist kein Ausstellungsstück, sondern wird häufig bei Arbeiten mit ganz dickem Leder benutzt. „Ja, wir sind eine Schuhmacherei der alten Schule“, unterstreicht Birgit Martorana.
Auch Krallen vom Phoenix-Maskottchen Felix repariert
Apropos Vielseitigkeit: Das Hauptgeschäft bildet der Bereich Schuhreparatur, doch bei Martorana wird sich noch um vieles mehr gekümmert. „Ich mache Leder- und Taschenarbeiten jeglicher Art, nähe Schnallen wieder an, tausche defekte Reißverschlüsse aus, repariere Gürtel, Portemonnaies und Hundeleinen“, zählt der 65-Jährige auf.
„Für Reitervereine repariere ich Reitstiefel und Pferdesättel, und für den Basketballverein Phoenix hab‘ ich bei dessen Maskottchen Felix schon etliche Male die Krallen an den überdimensionierten Schuhen repariert“, ergänzt Rocco Martorana. „Und wir betreiben einen Schlüsselservice“, sagt Birgit Martorana, „wir fertigen also Kopien von Alltagsschlüsseln an.“
Was Rocco Martorana an seinem Beruf so fasziniert? „Schuhe tragen uns ein ganzes Leben“, sagt er unprätentiös. Seine Ehefrau nickt und fügt an: „Es kommt nicht auf Modemarken an, sondern auf Qualität, und die muss nicht teuer sein.“
Was das Ehepaar erfreut? „Dass sich nach Jahren der Wegwerfmentalität auch im Schuhbereich ein Nachhaltigkeitsgedanke entwickelt hat. Reparieren statt Wegwerfen lautet heute besonders bei jungen Leuten das Motto.“
Kontakt per Telefon
Wer Kontakt zu „Schuhreparaturen und Schlüsselservice Martorana“ am Ischeland, Kinkelstraße 32, aufnehmen will, kann sich bei Rocco Martorana unter 02331 - 34 2 34 99 melden.
Zum Ende des Monats September haben die Martoranas ihre Geschäftsräume am Ischeland gekündigt. „Unsere Kinder haben beruflich andere Wege eingeschlagen. Unser Sohn ist 40 und Ingenieur, unsere Tochter 33 und Zahnmedizinische Fachangestellte. Trotzdem möchten wir unsere Ladentür nicht einfach abschließen und hoffen, jemanden zu finden, der die Räumlichkeiten samt Einrichtung, Bestandsmaterial und Kundenstamm ab Juli oder August übernimmt“, sagen die beiden, „es wäre so traurig, wenn es demnächst hier im Viertel keinen Schuhmacher mehr gäbe“.