Kreis Olpe. Erst wenige Impfdosen landeten im Kreis bisher im Müll, aber ein Vakzin droht zum Ladenhüter zu werden, weil es niemand gespritzt haben will.

Noch vor wenigen Wochen waren Impfdosen gegen das Coronavirus begehrter als Edelmetalle. Kaum zu glauben, dass heute Impfstoffe vernichtet werden müssen, weil ihr Haltbarkeitsdatum abgelaufen ist.

Im Impfzentrum des Kreises Olpe in Attendorn ist das glücklicherweise noch nicht so. „Natürlich gibt es auch bei uns den Fall, dass abends nicht jede Dose verimpft werden konnte, weil wir nicht mehr die großen Nachrückerzahlen haben, aber es sind bis jetzt nur wenige Einzeldosen gewesen“, sagt Andreas Sprenger, Leiter des Impfzentrums: „Im großen Stil haben wir noch nichts wegwerfen müssen.“

Das Impfzentrum hat auf die Impfflaute reagiert und bestellt schon seit gut vier Wochen für sich keinen eigenen Impfstoff mehr beim Land NRW. Stattdessen übernimmt das Impfzentrum den überschüssigen Impfstoff aus den Hausarztpraxen, die über andere Vertriebswege beliefert werden. Denn diese Dosen sind nicht mehr so lange haltbar, während die noch nicht abgerufenen Dosen beim Land tiefgefroren noch wesentlich länger gebunkert werden können. „Dieses System hat bisher funktioniert, zumindest was den Biontech-Impfstoff betrifft“, sagt Andreas Sprenger.

Keiner will Astrazeneca

Aber er befürchtet, dass auch im Impfzentrum demnächst viele Dosen liegen bleiben werden. Vor allem der Vektor-Impfstoff von Astrazeneca lässt sich kaum noch in den Arm bringen – auch nicht im Impfzentrum. Auch deshalb, weil seit einigen Wochen bei allen Zweitimpfungen ein MRNA-Impfstoff, also von Biontech oder Moderna, verimpft wird. Selbst, wenn bei der ersten Impfung der Impfstoff von Astrazeneca gespritzt wurde. „Das führt zwangsläufig dazu, dass die für die Zweitimpfungen vorgehaltenen Impfdosen von Astrazeneca liegen bleiben werden“, so Sprenger. Und auch bei der sogenannten dritten Auffrischungsimpfung, die gerade diskutiert wird, ist ein MRNA-Impfstoff, also kein Astrazeneca-Präparat vorgesehen. Glücklicherweise habe Astrazeneca die längste Haltbarkeitsdauer und könne noch bis Oktober gelagert werden.

Am 30. September ist Schluss

Nach jetziger Lage wird dann das Impfzentrum in Attendorn bereits geschlossen sein. „Es ist klare Ansage des Ministers, dass die Impfzentren in der jetzigen Form zum 30. September geschlossen werden sollen,“ so Sprenger. Ob es wirklich so kommen wird, werde von der tatsächlichen Situation im September abhängen. „Wenn alle Stricke reißen, müssen die Kreise dann wieder Basisangebote machen, die nicht nur mobil laufen können, dann brauchen wir wieder einen Ort, das kann irgendeine Turnhalle sein“, sagt Sprenger. Aber das sei ein Blick in die Glaskugel. Der Kreis wartet auf den angekündigten Erlass aus Düsseldorf, um vorplanen zu können.

Bis Ende September will der Kreis alles versuchen, um die Impfquote hoch zu halten, u.a. mit dem mobilen Impfbus. Nach den Ferien sind spezielle Impfangebote für die Beruflichen Schulen, für die Jobcenter und weiterhin verstärkt für Kinder im Impfzentrum geplant. Dort sollen auch die Auffrischungsimpfungen stattfinden.

Impfkaution zeigt Wirkung

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Die Vernichtung von Impfstoff spielt in der Hausarztpraxis Spieren in Hünsborn keine Rolle – oder zumindest kaum. Nicht zuletzt durch die Impfkaution, die die Menschen hinterlegen müssen, würden Termine auch wahrgenommen, erklärt Stefan Spieren. „Meine Patienten kommen zur Impfung“, betont der Mediziner. Dementsprechend würden Bestellungen auch angepasst. Allerdings könne es schon mal vorkommen, dass nicht das komplette Fläschchen, aus denen ja mehrere Dosen gewonnen werden, verimpft würde. Was aber voraussichtlich vernichtet werden muss, sind etwa 20 bis 30 Fläschchen Astrazeneca. Aus jedem Fläschchen könnten 10 Impfdosen gewonnen werden. Der ist zwar bis Oktober oder November noch haltbar, finde aber keine Abnehmer mehr. Nicht zuletzt durch die Umstellung der Zweitimpfung von Astrazenca auf Biontech. Überschüssiger Impfstoff wird übrigens über den Hausmüll, der verbrannt wird, entsorgt.

Ganze Impfdosen muss Dr. Peter Hunfeld aus Attendorn zwar nicht wegwerfen, doch auch in seiner Praxis lässt der Impfwille spürbar nach. „Es ist wirklich erschreckend, dass vor allem die Erstimpfungen arg nachgelassen haben. Wir könnten deutlich mehr Impfungen hier anbieten. Doch offenbar gibt es eine große Skepsis und es wird immer schwieriger, alle Impfdosen auch an den Mann zu bringen.“

5000 Impfungen in einer Praxis

500 Astra-Impfungen habe man ans Impfzentrum zurückgegeben, so Dr. Beate Clemens-Harmening aus Gerlingen. Übrig gebliebenes Biontech gebe es nicht: „Das passte. Wir haben wahnsinnig viel geimpft, knapp 5000 mal.“