Hagen. Elektrische Tretroller, sogenannte E-Scooter, sollen jetzt auch durch Hagen flitzen. Die Stadt hat Haspe für ein Pilotprojekt ausgeguckt.

In den Metropol- und Studentenstädten gehören sie längst zum Straßenbild, in Hagen kann man bislang lediglich einige Privatleute auf den elektrischen Flitzern beobachten: E-Scooter – also die akkubetriebenen Tretroller für Erwachsene – sind Fluch und Segen zugleich. Kritiker schimpfen über rowdyhaftes Fahr- und Parkverhalten der Nutzer, Befürworter sehen in den Zweirädern einen wichtigen Beitrag zur Mobilitätswende, weil die Vehikel gerade im innerstädtischen Verkehr zu einem effizienten Mobilitätsbaustein werden können. Im Stadtbezirk Haspe soll jetzt im Rahmen eines Pilotversuches getestet werden, ob sich künftig im gesamten Stadtgebiet Verleiher für Elektroroller etablieren können.

Bürgersteige sind eine Tabu-Zone

Wer mit einem E-Scooter sicher ans Ziel kommen möchte, dem empfiehlt die Polizei, auf den ersten Metern das Anfahren, Bremsen und Fahrverhalten abseits des dichten Straßenverkehrs zu üben.Ein Helm schützt vor schweren Folgen bei einem Unfall und kann so Leben retten, ist jedoch kein zwingendes Muss. Die Höchstgeschwindigkeit der Fahrzeuge liegt bei 20 km/h.E-Scooter dürfen immer nur von einer Person genutzt werden. Die Fahrer müssen mindestens 14 Jahre alt sein. Eine Fahrerlaubnis ist nicht erforderlich.Für E-Scooter besteht eine Versicherungspflicht und es muss eine Betriebserlaubnis – beispielsweise über den Verleiher – vorliegen.Zu den Sicherheitsgeboten zählt auch beim E-Scooter-Fahren ein Alkoholverzicht. Nach ein bis zwei Bier kann der Führerscheinverlust drohen. Für E-Scooter-Fahrer gelten die gleichen Promillegrenzen wie für Autofahrer.Der Bürgersteig ist für Fahrten eine Tabu-Zone. E-Scooter-Fahrer müssen den Radweg benutzen. Ist kein Radweg vorhanden, müssen Sie auf der Fahrbahn fahren.Noch eine Parallelität zum Autofahren: Hände weg vom Handy oder Smartphone.

Seit knapp zwei Jahren dürfen in Deutschland E-Scooter im öffentlichen Verkehrsraum – also auf Straßen und Radwegen – genutzt werden. Damit haben die professionellen Anbieter sogar einen Rechtsanspruch darauf, ihre Elektroflotten in den Städten anbieten zu dürfen. Mit der „Seven Group GmbH“, „LimeBike Germany GmbH” und der „Zeus Scooters GmbH“ haben zuletzt gleich drei Firmen ihr Interesse im Hagener Rathaus bekundet, im Stadtgebiet einen Verleihservice aufziehen zu wollen. „E-Tretroller haben das Potenzial, einen Beitrag zur nachhaltigen Mobilität zu leisten“, signalisiert Stadtbaurat Henning Keune seine grundsätzliche Aufgeschlossenheit für dieses Verkehrsmittel.

Testphase mit einem Verleiher

Wild abgestellte oder gar umherliegende Elektro-Tretroller auf den Bürgersteigen möchte die Stadt Hagen durch ein Netz an Abstellstationen vermeiden.
Wild abgestellte oder gar umherliegende Elektro-Tretroller auf den Bürgersteigen möchte die Stadt Hagen durch ein Netz an Abstellstationen vermeiden. © dpa | Rolf Vennenbernd

„Um die Einführung von E-Tretrollern in Hagen sinnvoll zu steuern, schlägt die Verwaltung vor, zunächst in Haspe und für einen Zeitraum von drei bis sechs Monaten ein Pilotprojekt mit stationsgebundenen E-Tretroller-Verleihsystemen auszutesten.“ In dieser Phase sollen die Qualitäten dieses Angebotes durch eine Öffentlichkeitsoffensive nicht bloß aktiv an die Menschen herangetragen, sondern auch ganz praktische Erfahrungen gesammelt werden.

Eine etappenweise, aber systematische Annäherung an das noch wenig etablierte Verkehrsmittel, auf die sich zunächst bloß die „Zeus Scooters GmbH“, die sich bislang vorzugsweise im süddeutschen Raum etabliert hat und mit dreirädrigen Fahrzeugen operiert (0,19 Euro/Minute), einlassen möchte. „E-Tretroller bieten vor allem den jungen Leuten eine nachhaltige Mobilitätsalternative“, spricht Keune von der „idealen Mobilitätsform“ zwischen der Haustür und anderen ÖPNV-Stationen. Mit den beiden S-Bahn-Haltepunkten Heubing und Westerbauer zeigt sich die Stadtverwaltung überzeugt, mit Haspe ein geeignetes Testgebiet gefunden zu haben. Zumal der Stadtbezirk in den Augen der Verwaltung über eine adäquate Fahrradinfrastruktur verfügt, auf der letztlich auch die Roller-Piloten sich bewegen können.

20 bis 30 Stationen für 40 Roller

Allerdings möchte die Stadt sich nicht darauf einlassen, ein stationsloses Leihroller-System aufzubauen, bei dem an jeder Ecke die Nutzer das Fahrzeug beliebig abstellen können. Das führt häufig zu Konflikten mit Fußgängern und Radfahrern, die immer wieder einen Bogen um die wild platzierten, herrenlose Roller machen müssen. „Der Erhalt eines sauberen und geordneten Stadtbildes sowie die Gewährleistung der Verkehrssicherheit im öffentlichen Raum für alle Verkehrsteilnehmer sind im Zusammenhang mit E-Tretrollern von zentraler Bedeutung“, möchte der Stadtbaurat ein ungezügeltes Chaos vermeiden. Um die Anzahl der benötigten Roller-Stellplätze abschätzen zu können, hat die Verwaltung bereits eine Analyse der Aktivitäten in Haspe (Geschäfte, Dienstleistungen, Supermärkte, Schulen, etc.) vorgenommen und dabei 20 bis 30 Stellplätze als potenziell sinnvolle Abstellstationen herausgefiltert. Das würde genügend Anlaufpunkte für bis zu 40 E-Scooter in Haspe schaffen.

Angesichts des Masterplanes „Nachhaltige Mobilität“ zeigt sich die Stadt überzeugt, dass die relativ kleinen und verbrauchsarmen E-Tretroller im Stadtgebiet zu einer echten Auto-Alternative werden können: „Sie könnten dazu beitragen, die für das Auto bisher vorgesehenen Strukturen aufzubrechen und Menschen zum Umsteigen auf eine andere Form der Mobilität zu bewegen“, meint Keune. Ob das gelingen kann, soll nach der halbjährigen Pilotphase mit Blick auf Sicherheitsaspekte, Nutzerverhalten, Verkehrsverlagerung, Klimarelevanz, Stärkung des ÖPNV sowie Kooperationsverhalten des Anbieters abgewogen werden. Die Kosten für die Testphase werden für die Ausschilderung der E-Tretroller-Parkplätze mit etwa 6000 bis 9000 Euro beziffert.