Kreis Olpe. Die Kreisleitstelle des Kreises Olpe ist zu klein. Der Platzbedarf ist über die Jahre gestiegen. Der Leiter Jan Falke erklärt, was das bedeutet.
Oberhalb des Gewerbeparkes Hüppcherhammer soll ein Gefahrenabwehrzentrum entstehen (unsere Zeitung berichtete). Dort sollen der Brand- und Bevölkerungsschutz, das Rettungswesen und die Kreisleitstelle untergebracht werden. Hintergrund ist, dass die Räumlichkeiten nicht mehr ausreichen. Bedeutet, der Platzbedarf ist über die Jahre gestiegen. Doch was bedeutet das eigentlich konkret? Unsere Zeitung hat mit Jan Falke, dem Leiter der Kreisleitstelle gesprochen.
Was sind die Aufgaben der Kreisleitstelle?
Jan Falke: Die sind sehr vielfältig. Überschrieben ist die Funktion der Kreisleitstelle mit dem Bearbeiten von Hilfeersuchen im Allgemeinen. Wir sind zuständig für die nicht polizeiliche Gefahrenabwehr. Das bedeutet Rettungsdienst, Feuerwehr und Katastrophenschutz. Alles, was im Kreis Olpe an Notrufen über die 112 reinkommt, landet hier bei uns. Dann wird entsprechend entschieden, welches Rettungsmittel benötigt wird. Das heißt, alles vom Eingang des Notrufes bis zur Alarmierung und Bearbeitung. Auch der Krankentransport wird von hier koordiniert.
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Alles, was über die 112 reinkommt, das ist eine ganze Menge, oder?
Der Kreis Olpe ist jetzt nicht so groß, es ist überschaubar. Das ist aber sehr unterschiedlich. An manchen Tagen klingelt hier ständig das Telefon, an anderen Tagen ist es ruhiger. Im Monat Mai waren es ungefähr 1900 Notrufe. Dazu kommen noch mal die gleiche Anzahl Anrufe die nicht über die 112 eingehen.
Da ist dann vermutlich alles dabei, oder?
Alles, was Sie sich vorstellen können. Von der Katze im Baum, über Verkehrsunfälle, Reanimationen, gestürzte Personen oder internistische Notfälle. Aber auch „Hosentaschenanrufe“ aufgrund eines nicht gesperrten Handys oder auch Kinder, die mit Mamas Handy spielen, gehören dazu.
Wie viele Leute arbeiten hier?
Es sind 22 Disponentinnen und Disponenten, drei Techniker und Administratoren und ich als Führungskraft.
Und die Leitstelle an sich, wie groß ist sie?
Der Raum selbst hat 75 Quadratmeter mit fünf Arbeitsplätzen. Hier im Kreishaus ist die Leitstelle seit 1995. Damals hat man hier nur mit acht oder neun Mitarbeitern gearbeitet. Das heißt, wir haben uns den Anforderungen entsprechend über die Jahrzehnte vergrößert. Nur die Räume sind die gleichen geblieben. Man hat diese zwar möglichst optimiert, hat die Flächen jetzt aber wirklich ausgereizt. Es ist einfach nicht mehr zeitgemäß. Man braucht ja auch Ruhemöglichkeiten für die Mitarbeiter, die sind 24 Stunden da im Dienst. Die wohnen ja praktisch eine Schicht lang hier. Damals war das mit der Mitarbeiterzahl kein Problem. Das sieht heute aber anders aus. Und auch die Technik ist mit den Jahren gewachsen. Nicht nur Bildschirme sind größer geworden. Es muss alles vor allem hoch ausfallsicher sein. Das heißt, die Systeme sind teilweise doppelt und dreifach und mit Rückfallebenen vorhanden. Das braucht eben auch alles Platz.
Und genau deswegen gibt es jetzt die Idee, die Kreisleitstelle in einem neuen „Gefahrenabwehrzentrum“ zu integrieren?
Ja, genau.
Die räumliche Enge stelle ich mir gerade in der Pandemie schwierig vor.
Wir haben natürlich ein Hygienekonzept. Aber Homeoffice ist bei den Disponenten tatsächlich nicht möglich. Technisch schon, aber Disposition ist Team-Work. Ich muss hören, was der Kollege gerade macht. Vielleicht hat er gerade denselben Notruf. Das kommt z. B. bei Unfällen häufiger vor, wenn mehrere Menschen unabhängig voneinander anrufen. Das wäre fatal, wenn man da aneinander vorbei arbeitet.
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Können Sie den Standort der Anrufer eigentlich zurückverfolgen?
Ja. Wir können den Standort sofort ermitteln. Das nennt sich AML. Die Funktion ist im Handy fest eingebaut. Das gibt es aber auch tatsächlich erst seit dem vergangenen Jahr. Wenn jemand den Notruf wählt, greift AML automatisch. Vorher konnten wir den Standort nur ganz grob ausfindig machen. Wir haben uns da oft mit WhatsApp-Nachrichten geholfen. Darüber lässt sich der Standort auch übermitteln. Das war natürlich viel aufwendiger. Deutschlandweit ist das eine sehr wertvolle Errungenschaft. In anderen Ländern gab es das schon länger.
Gibt es Anrufe, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben sind?
Es gibt einige. Jeder Anruf hat seine Besonderheit. Was immer schwierig ist, ist, wenn am anderen Ende der Leitung Kinder reanimiert werden müssen. Wenn man vor Ort ist, kann man handeln. Am Telefon sind einem die Hände gebunden, man kann nur aus der Ferne helfen. Und man hofft, dass der Gesprächspartner die Anweisungen auch wirklich durchführen kann. Denn für ältere Menschen kann das schwierig sein. Oder für völlig aufgelöste Mütter und Väter. Wir sorgen dann dafür, dass der Rettungsdienst so schnell wie möglich vor Ort ist.
Da muss man wirklich die Nerven behalten können. Werden die Disponenten dahingehend besonders geschult?
Leitstellendisponent ist kein Ausbildungsberuf. Grundlage ist eine Berufsfeuerwehrausbildung, für die man bereits eine Berufsausbildung gemacht haben muss. Zusätzlich ist eine rettungsdienstliche Qualifikation erforderlich. Das heißt, man hat schon viel Erfahrung gesammelt, wenn man hier anfängt. Es ist in jedem Fall ein Vorteil, dass man aus dem Einsatzdienst kommt. Man macht sich ein Bild im Kopf. So kann man sich in die Situation vor Ort hineinversetzen. Das hilft dabei, den Menschen Anweisungen zu geben.
So wie jetzt bei dem Einsatz in Paris?
Das war ein besonderer Einsatz. Während eines Telefonates mit einem Angehörigen in Paris ist das Gespräch einer Lennestädterin plötzlich abgebrochen. Alles deutete darauf hin, dass der Angehörige in Paris in Not ist. Wir haben dann eine Telefonkette über die Leitstellen Saarbrücken, Metz und Paris gebildet. Das hat lediglich 20 Minuten gedauert, bis der Patient gerettet werden konnte, er hatte einen Schlaganfall erlitten. Ihm geht es wieder gut. Das hat uns wirklich gefreut. Sowas kommt zwar nicht häufig vor, aber war auch keine Ausnahme.
Nicht?
Vor ein paar Monaten gab es einen ähnlichen Fall im Balkan. Da sind wir über das Auswärtige Amt gegangen, um die richtige Leitstelle vor Ort zu erreichen. Innerhalb Deutschlands kommt sowas öfter vor. Wir haben auch schon mal ein Gespräch zur Eisdiele verbunden. Eben, weil man dort Italienisch spricht und man uns helfen konnte, zu verstehen, was der Anrufer für ein Problem hat. Da sind die Kollegen hier sehr einfallsreich.