Hagen. Das Hagener Handwerk hat in den nächsten Wochen und Monaten alle Hände voll damit zu tun, Flutschäden zu beseitigen. So soll’s funktionieren:

Nach den Entrümpelungs-, Aufräum- und Reinigungsarbeiten in den von den Starkregenfluten durchströmten Häusern und Betrieben, ringen viele Flutopfer in diesen Tagen darum, zeitnah den passenden Handwerker zu bekommen, um die gröbsten Schäden fachgerecht beseitigen zu können. „Im Moment kommt wirklich alles knüppeldick auf einen Haufen“, weiß auch Michael Plohmann, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Hagen, dass die Verfügbarkeit der Profis aus den einzelnen Innungen nicht bloß wegen des Fachkräftemangels und der Ferienwochen sich kompliziert gestalten kann: „Das Bau- und Ausbauhandwerk hatte auch vor der aktuellen Situation schon gut zu tun, jetzt kommt neben der Corona-Lage noch die Flut-Krise hinzu.“

Daher empfiehlt der Geschäftsführer, dass Verbraucher und die Handwerksbetriebe aufeinander zugehen, um offen und ehrlich miteinander die tatsächliche Dringlichkeit eines Auftrages zu besprechen, denn einzelne Betriebe könnten zurzeit einfach nicht so leistungsfähig sein wie gewohnt, so Plohmann. Dabei nennt er beispielhaft die Firma von Karsten Leicht, Obermeister der Baugewerksinnung (Prioreier Straße), den Installationsbetrieb von Dirk Krebs an der Dahler Straße oder die Henke AG (Bechelte), die selbst ganz erheblich von den Unwetterfolgen betroffen sind.

Energie-Unternehmen hilft Opfern

Mit einem Spendenbetrag von 30.000 Euro unterstützt die Enervie-Gruppe die Opfer der Starkregenflut. „Wir füttern unseren Cent-Spende-Topf monatlich an – über drei Viertel der Mitarbeiter verzichten auf 25 Cent des Monatslohns. Aus dieser Summe werden wir jetzt 12.000 Euro für die Opfer des Starkregens und Hochwassers bereitstellen können“, kündigt Thomas Majewski als Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats an.Dieser Betrag wird vom Unternehmen aufgestockt. „Damit wollen wir eine erste schnelle Hilfe für Menschen in dieser Krisensituation leisten“, ergänzt Volker Neumann seitens des Vorstands das erste Engagement seitens des heimischen Energieverbunds.Unabhängig davon haben die Enervie-Betriebsräte parallel die Aktion „Kollegen helfen Kollegen“ ins Leben gerufen und sammeln intern für vom Hochwasser geschädigte Mitarbeiter aus dem Lenne- und Volmetal.

Die Kreishandwerkerschaft selbst, die das Teamwerker-Haus im Gewerbepark Kückelhausen zu ihrem Verwaltungssitz umbauen möchte, muss ebenfalls zurzeit feststellen, dass Kunststofffenster monatelange Lieferzeiten haben, Konstruktionsvollholz lediglich zu horrenden Preisen auf dem Markt ist sowie Metall, Kunstharze und Farben nur schwer zu bekommen sind. „Manche Dinge sind einfach nicht zu erbringen“, erinnert Plohmann an unterbrochene Lieferketten durch die Corona-Lage, ein querstehendes Container-Schiff im Suez-Kanal, eine abgebrannte Chemiefabrik in den USA sowie blockierte Handelshäfen in China. Gleichzeitig sichert er zu, dass die Kreishandwerkerschaft in absoluten Notfällen versuchen werde, Kunden bei der Suche nach einem Fachbetrieb zu unterstützen.

Obermeister erwartet Auftragswelle

Fast alle Haushalte wieder mit Strom

Mit Blick auf die gewaltigen Zerstörungen durch die Starkregenfluten hat der heimische Energieversorger Enervie in den vergangenen Tagen in Hagen offenkundig einen exzellenten Job gemacht: Die Gas- und Wasserversorgung ist nach Angaben des Unternehmens inzwischen überall wieder gewährleistet, und die Anzahl der noch nicht versorgten Strom-Hausanschlüsse (insgesamt: 38.500) ist im Raum Hagen auf unter ein Dutzend gesunken.Von den 1521 10.000-Volt-Stationen in Hagen und Herdecke sind lediglich 13 noch nicht wieder zugeschaltet worden. Darüber hinaus, so zeichnet es sich ab, müssen etwa 100 Stationen entweder repariert oder komplett ersetzt werden – hier ist eine genaue Schadensangabe derzeit noch nicht möglich.„Zunächst müssen wir unsere Anlagen erreichen, um überhaupt ein Schadensbild aufnehmen zu können. Das ist aufgrund fehlender bzw. nicht befahrbarer Straßen noch nicht überall möglich“, beschreibt Enervie-Sprecher Uwe Reuter die Situation. „Dann ist es uns wichtig, dass vom Hochwasser freigespülte unterirdisch verlegte Kabel und Rohre vor dem Neuverfüllen ausreichend mit Sand bedeckt werden, damit es nicht zu Folgeschäden kommt. Zuletzt brauchen wir große Mengen an Ersatzteilen, um defekte Anlagenteile auszutauschen.“Hilfe von anderen UnternehmenHier setzt Enervie – neben den eigenen Lagerbeständen – auf eine schnelle Neubeschaffung, aber auch die Hilfe von benachbarten Unternehmen. „Wichtig war uns erst einmal, dass unsere Strom-, Gas- und Wassernetze wieder vollständig funktionieren“, skizziert Reuter die Prioritäten. „Allerdings melden sich auch weiterhin Kunden, weil sie persönlich keinen Strom haben, aber nicht wissen, dass ihr Hausanschlusskasten längst wieder unter Spannung steht und jetzt der Elektroinstallateur im Auftrag des Eigentümers die Hausinstallation prüfen, reparieren und einschalten muss.“Im Regionalzentrum Hagen der Enervie waren seit Mittwoch, 14. Juli, in der vergangenen Woche etwa 30 Mitarbeiter mit Fokus auf die 10.000-Volt-Stationen rund um die Uhr operativ tätig. Hinzu kommen noch einmal 20 Kollegen, die sich um die Gas- und Wasserversorgung gekümmert haben. „Insgesamt“, so Enervie-Sprecher Reuter, „waren etwa 75 Mitarbeiter in den vergangenen Tagen mehr oder weniger ununterbrochen mit der Wiederherstellung einer stabilen Versorgung der Bürger beschäftigt.“

Doch auch die fraglichen Betriebe können nicht hexen: „Wir sind jetzt schon stark gefordert“, beschreibt Stefan Hofmann, Obermeister der Innung für Sanitär- und Heizungstechnik, die aktuelle Situation. Gleichzeitig erwartet er, dass sich gerade erst die nächste Auftragswelle auftürmt, wenn die Kunden damit fertig sind, ihre Keller leerzupumpen, die Trümmer zu beseitigen und plötzlich feststellen, dass ihre Heizungs- und Warmwassertechnik versagt. Dabei macht der Obermeister auch kein Hehl daraus, dass es zurzeit keineswegs garantiert sei, dass bis zum Herbst tatsächlich sämtliche Anlagen ersetzt werden können: „Es gibt – je nach Hersteller – enorme Lieferprobleme für neue Kessel- und Systemtechnik. Allerdings haben mehrere Unternehmen signalisiert, Material primär den Flutopfern zur Verfügung stellen zu wollen.“