Oedingen. Während die Feuerwehrleute in Lennestadt-Oedingen anderen helfen, säuft ihr eigenes Gerätehaus ab und Privatautos versinken in den Fluten.
Normalerweise kennen sich Feuerwehrleute in ihrem Feuerwehrhaus aus wie in ihrer Westentasche. Auf die 23 Kameradinnen und Kameraden der Löschgruppe Oedingen trifft das derzeit nicht zu. Die Einheit musste nach dem Unwetter in der letzten Woche mit Sack und Pack in eine private Garage umziehen. Denn während die Blauröcke anderen Menschen zur Hilfe eilten, wurde das Feuerwehrhaus überflutet. Es ist für längere Zeit unbrauchbar und ein Teil der Ausrüstung wurde zerstört.
Viele Ereignisse über das, was am 14. Juli passiert ist, werden erst Tage später bekannt und zeigen erst jetzt nach und nach das riesige Ausmaß der Schäden durch die Wasser- und Schlammflut.
Auch in Oedingen fing der Tag harmlos an. „Wir wurden um 10.50 Uhr in die Brachter Straße gerufen, da war im Ort noch alles ruhig“, erinnert sich der stellvertretende Löschgruppenführer Nick Bergsiecker. „Dann haben wir Sandsäcke gestapelt, bis die große Welle kam“. Ungebremst rauschten die Wasser- und Schlammmassen von den östlichen Berghängen über die Brachter Straße in die Ortsmitte. „Dann haben wir uns zurückgezogen und realisiert, dass der gesamte Hof vollläuft“, so Bergsiecker.
Der Hof an der Hunold-Rump-Straße 50, in dem die Feuerwehr zuhause ist. Als erstes lief der Keller voll, Heizöltanks aus Kunststoff wurden aufgeschwemmt, kippten um, die Ölleitungen rissen ab, das Öl vermischte sich mit Schlamm und Wasser zu einer roten Brühe. Das gesamte Ausmaß wurde erst am nächsten Morgen sichtbar: Feuerwehrgarage, Sanitärräume, Küche, und ein großer Teil der Einsatzkleidung – alles kaputt und unbrauchbar. Es wird Wochen, wenn nicht Monate dauern, bis ein Spezialunternehmen alles gereinigt und saniert hat. Mehr noch: Einige Kameraden hatten ihr Privatauto nach der Alarmierung im Hof geparkt, die Autos liefen bis zur Fensterkante voll und sind schrottreif.
Oedingen packt an
Doch dann passierte auch in Oedingen das, was eine intakte Dorfgemeinschaft auszeichnet. Über die sozialen Medien und die Dorfhomepage oedingen.de funkte die Feuerwehr „Wir brauchen Hilfe!“. „Am nächsten Morgen waren 100 Leute da und packten überall mit an“, so Nick Bergsiecker. Landwirte und Unternehmen stellten Maschinen zur Verfügung, um die Aufräumarbeiten zu unterstützen. Die Schützenbruderschaft stellte zusammen mit den Maltesern Lennestadt, den Feuerwehrfrauen und weiteren Oedinger Helferinnen in der Schützenhalle die Verpflegung aller Helfer sicher.
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Auf oedingen.de bedankt sich die Wehr für die großartige Unterstützung. „Wir von der Feuerwehr möchten uns im Namen ,Aller’ für eure Unterstützung bedanken. Es ist schön zu sehen, wie wir alle als Gemeinschaft angepackt haben. Ein besonderer Dank gilt auch allen freundlichen Anwohnern, die an den verschiedenen Einsatzstellen für Getränke und den einen oder anderen Snack sowie Sitzmöglichkeiten gesorgt haben. „Der Ort Oedingen kann auf seine Bürger und Bürgerinnen stolz sein!“
Einheit seit Samstag wieder einsatzfähig
Trotz des Großschadenereignisses in einem noch nie dagewesenen Ausmaß, wie es im Feuerwehrjargon heißt, hatte die Löschgruppe Glück. Die Familie Padberg betrieb früher einen Landtechnikbetrieb in Oedingen. Ein Teil der Betriebsgebäude ist vermietet, ein Teil, u. a. eine große Garage, steht leer. Dorthin ist die Löschgruppe mit Spinden, den beiden Fahrzeugen und einem Teil der noch funktionsfähigen Ausrüstung umgesiedelt. „Vorübergehend ist das kein Problem“, sagt Hermann Padberg, selbst aktiver Feuerwehrmann.
Ein Teil der Ausrüstung kann zudem in der Schützenhalle gelagert werden. Kaum zu glauben, dass die Einheit trotz all dieser widrigen Umstände seit Samstag schon wieder einsatzfähig ist.
Am Dienstagabend trafen sich die Kameradinnen und Kameraden zum Feinschliff nach dem Umzug. Neue, bzw. ausgeliehene Jacken und Handschuhe wurden anprobiert, die persönliche Ausrüstung überprüft. Wann die Einheit wieder in ihr Feuerwehrhaus zurückkehren kann, ist ungewiss. „Wir sind schön öfter wegen Hochwassers ausgerückt, aber so etwas haben wir noch nicht erlebt“, so Padberg.
Trotz der stressigen letzten Tage haben die Oedinger die Katastrophe im Ahrtal mitbekommen. Nick Bergsiecker: „Wir sind zwar von der Hochwasserlage betroffen, dennoch sind die Gedanken der Kameraden bei den Flutopfern und den Kameraden dort vor Ort.“