Olpe. Das Cineplex Olpe verkauft 150 Kinosessel. Der Zuspruch ist riesig. Die Originale landen jetzt in privaten Heimkinos, Wohn- oder Arbeitszimmern.

Nicolai Clemens hat die Sessel in ihre Einzelteile zerlegt, damit sie besser ins Auto passen. Sechs Kinosessel stapelt er tetrisartig in seinem Opel Astra. Passt. „Die kommen in mein Heimkino“, sagt der 28-Jährige aus Rönkhausen. Da stehe bislang ein Sofa drin, aber Originale aus dem Kino machen sich einfach besser.

Stefan Brögeler, Theaterleiter vom Cineplex Olpe, und sein Team sind überwältigt vom großen Zuspruch ihrer Aktion. „Innerhalb kürzester Zeit haben wir für 150 Kinosessel Abnehmer gefunden“, erzählt Brögeler.

Leben in der Bude

Über Facebook hatten sie den Verkauf ihrer Sessel beworben, weil die Kinosäle 1 bis 3 neu bestuhlt werden sollen. Nach mehr als 13 Jahren werden die dunklen Stoffsessel nun ausrangiert und gegen anthrazitfarbene Ledersessel getauscht. Die neuen Sitze wurden sogar schon geliefert, stapeln sich derzeit aber noch, eingepackt in Hunderten Papierkartons, im Kinofoyer.

„Der ein oder andere hat sich beim Vorbeigehen auch schon gefragt, was hier eigentlich los ist. Ob wir vielleicht dicht gemacht hätten“, sagt Brögeler und lacht.

Genau das Gegenteil sei aber der Fall: „Endlich ist mal wieder Leben in der Bude, endlich ist hier mal was zu tun.“

Einige Stühle sind schon abmontiert. Alle Stoffsessel sollen durch Ledersessel ersetzt werden.
Einige Stühle sind schon abmontiert. Alle Stoffsessel sollen durch Ledersessel ersetzt werden. © Unbekannt | Britta Prasse

Am Samstagnachmittag, von 13 bis 16 Uhr, konnten sich die Käufer die ausrangierten Sessel abholen. Um Menschenansammlungen zu vermeiden, hat Brögeler im Vorfeld Abholzeiten mit ihnen vereinbart. Einer der ersten war Nicolai Clemens. Ein großer Kinofan? „Auf jeden Fall“, sagt der 28-Jährige. So groß, dass er sein eigenes Kino zuhause hat. „Ich habe dafür ein extra Zimmer mit einer Leinwand und einem Beamer, der mit 4k projiziert. Das ist schon ein teures Hobby.“

Umso glücklicher war er, als er erfahren hat, dass das Cineplex Olpe seine Sessel für gerade mal 10 Euro das Stück verkauft. Ein absolutes Schnäppchen. „Hätte ich einen größeren Raum für das Kino, hätte ich mir auch acht Sessel mitgenommen“, meint Clemens. Aber auch mit seinen Sesseln Nummer 1 bis 6 ist er mehr als zufrieden. Außerdem mache sich sowas auch immer gut, wenn man mit den Kumpels Fußball gucke. Dennoch komme sein Heimkino nicht an die Original-Atmosphäre heran. „Wenn ein neuer Film erscheint, man mit Nachos oder Popcorn dasitzt, mit anderen Leuten und mit diesem Sound – das ist noch mal was anderes. Sobald die Kinos wieder öffnen dürfen, gehe ich auch wieder“, so Clemens.

Fürs Heimino des Vaters

Auch Marius Schultze ist froh, dass er noch zwei Kinosessel ergattern konnte. „Das macht sich doch super im Wohnzimmer. Dann stellt man da sein Getränk in die Halterung und fühlt sich wirklich ein bisschen wie im Kino“, sagt der 21-Jährige aus Helden. Sein Freund Thorsten Rüenauver (30) hilft ihm beim Einladen in den Kombi. Rüenauer hatte vor ein paar Jahren selbst auch schon mal acht Kinosessel vom Cineplex Olpe abgeholt. Für das Heimkino seines Vaters. „Klar, die Sessel mache ich jetzt mal richtig sauber, befestige die an einer Bodenplatte und dann werden die richtig cool neben dem Sofa aussehen“, meint Schultze. Seine Freundin sei nicht ganz so begeistert gewesen, habe aber nichts weiter dazu gesagt. Noch wohnt das junge Paar aber auch noch nicht zusammen.

Bei Julian Braukmann landen die zwei Sessel in seinem Arbeitszimmer. „Da habe ich einen großen Fernseher drinstehen, da passen die Sessel ganz gut hin“, erzählt der 38-Jährige aus Ottfingen. Die Homeoffice-Zeit muss man sich schließlich so angenehm wie möglich gestalten. Und mal eine kleine Pause im Kinosessel – das geht wirklich schlechter.

Hintergrund

Seit dem 1. November 2020 befinden sich die Kinos im Lockdown. Eine vielversprechende Perspektive gibt es für die Branche nicht.

Erst bei einer Inzidenz von unter 50 winken Lockerungen für Kultureinrichtungen in NRW, wozu auch die Kinos zählen. Allerdings müssen die Besucher dann ein negatives Testergebnis vorweisen, vollständig geimpft oder genesen sein. Die Mindestabstände müssen jederzeit eingehalten werden.

Außerdem muss der Veranstalter einen Sitzplan erstellen, damit im Fall von Ansteckungen die Umsitzenden gewarnt werden können. Für Olpes Theaterleiter Stefan Brögeler ist die Corona-Politik alles andere als zufriedenstellend. „Uns hilft dieser Flickenteppich, bedingt durch den Föderalismus, überhaupt nicht. Erst wenn Kinos flächendeckend öffnen können, hilft es der Branche.“ Erst dann würde es sich beispielsweise wieder für den Filmverleih lohnen, neue Blockbuster herauszubringen.