Haspe. An der Grundschötteler Straße in Haspe soll ein gigantisches Hochregallager der Firma Abus entstehen. Doch die Politik zögert noch.
Die landwirtschaftlich genutzten Wiesen kurz vor dem A1-Autobahnanschluss Haspe/Volmarstein sind keine äußerst schützenswerte ökologische Nische. Aber das Stückchen Natur am Rande der Großstadt schmeichelt durchaus den Augen der Betrachter, dient als Schwammfläche bei Starkregen und lockt zudem das Rehwild zum Knabbern am frischen Grün aus dem umliegenden Gehölz. Doch mit diesem Idyll dürfte es bald vorbei sei, denn in den politischen Gremien sollen in den nächsten Wochen die planungsrechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden, um die 63.200 Quadratmeter große Fläche in ein Gewerbegebiet zu verwandeln. Denn die Firma Abus aus dem benachbarten Volmarstein, die auf den Märkten dieser Welt seit fast 100 Jahren ihr Geld mit Schließ- und Sicherheitssystemen verdient, möchte am Rande der Grundschötteler Straße ein gigantisches Hochregallager errichten: 210 Meter lang, 65 Meter breit, 30 Meter hoch.
Trotz dieser Dimensionierung attestiert eine sogenannte Sichtbarkeitsanalyse eines Bochumer Ingenieurbüros dem Investor, dass der Metallkoloss in unmittelbarer Autobahnnähe, zu dem auch noch ein weiteres stattliches Gewerbegebäude (Länge: 100 Meter, Höhe: 13 Meter) sowie 225 Parkplätze zählen, zu keinerlei Beeinträchtigung des Landschaftsbildes führe. Noch im Dezember 2020 hatte Abus anlässlich der Errichtung eines neuen Büro- und Ausstellungszentrums der Unternehmensgruppe am bestehenden Standort „Schmandbruch/Am Nielande“ auf Nachfrage zwar bestätigt, das Sechs-Hektar-Areal erworben zu haben. „Allerdings gibt es noch keine konkreten Planungen“, so seinerzeit Geschäftsführungsmitglied Christian Rothe.
Anschüttung eines 15-Meter-Walls
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Das hat sich inzwischen rasant geändert. Die Bezirksvertretung Haspe musste jetzt erstmals politisch den Weg für das imposante Hochregallager, das an der Ecke Grundschötteler/Schülinghauser Straße direkt neben der dort verlaufenden Stromtrasse platziert wird, frei machen. Angesichts eines stattlichen Höhenunterschieds von 30 Metern mit einem Gefälle von immerhin zehn Prozent ist eine Terrassierung des Geländes angedacht. Dazu muss entlang der Hauptstraße zur A 1 bis zu 15 Meter hoch das Erdreich angeschüttet werden, was wiederum im östlichen Bereich des Grundstücks aus dem Hang gegraben wird.
Dennoch, so die Einschätzung des Fachbüros, kann der 210 Meter lange Baukörper mit der Höhendimensionierung eines zehngeschossigen Wohnhauses durch geschickte Baumpflanzungen und grünem Anstrich optisch verträglich in den Naturraum eingepasst werden, „so dass hier von keinem Werteverlust des Landschaftsbildes auszugehen ist“, so die Formulierung der Lohmeyer GmbH im Auftrag des Projektentwicklers. Selbst von exponierten Landmarken aus wie dem Harkortturm, der Burgruine Volmarstein oder auch den Namensgebern des Drei-Türme-Weges sei „das Plangebiet nicht sichtbar“. Das lässt gerade bei den drei letztgenannten Türmen aufhorchen, die bekanntlich sogar freie Sicht auf die Schalke-Arena in Gelsenkirchen bieten. Allerdings hat das Lohmeyer-Team hier auch bloß den Blickwinkel des Wanderers, der am Fuß der Türme ins Unterholz starrt, dokumentiert. Zu Sichtperspektiven von den Aussichtsplattformen gibt es keinerlei Ausführungen.
Beratungen in den Fachausschüssen
Angesichts dieses eng an den Investoren-Interessen angelehnten Gutachtens und zahlreicher offener Detailfragen (Arbeitsplätze, Gewerbesteuer, Freilegung des derzeit verrohrten Schüllinghauser Baches) zu dem zwei Fußballfelder großen Zweckbau konnte sich die Bezirksvertretung Haspe noch zu keiner abschließenden Entscheidung durchringen. Zwar bestätigte das Gremium gegen die Stimmen der Grünen noch einmal den Grundsatzbeschluss, im Rahmen des neuen Regionalplans auf der Fläche eine Gewerbe- und Industrienutzung vorzusehen. Allerdings sprach CDU-Vertreter Gerd Romberg stellvertretend für das Gros der Hasper Politik: „Wir halten grundsätzlich eine Gewerbefläche dort für sinnvoll, wie sie ausgestaltet wird, ist allerdings ein anderes Thema.“ Ob der Rat nach Umwelt- (3. Mai) und Stadtentwicklungsausschuss (5. Mai) darüber bereits am 12. Mai abschließend entscheidet, erscheint somit unwahrscheinlich.