Langenei. Mit 100 Jahren lebt Hedwig Heinemann noch im eigenen Haus. Geburtstags-Besuch darf sie aber nicht empfangen. Sie steht unter Corona-Quarantäne.
Hedwig Heinemann, geborene Kremer, wohnt an der Langeneier Straße 3 und vollendet am heutigen Samstag, 17. Oktober, ihr 100. Lebensjahr. Aus diesem Anlass dichtete die Familie: „Wer Dich sieht, ist ganz verwundert, wird diese Frau denn wirklich schon 100?“ Auf ihr Rezept angesprochen, wie man so ein hohes Alter erreichen könne, sagte uns Hedwig Heinemann: „Ich habe viel gearbeitet. Wer rastet, der rostet.“
Die Jubilarin wurde 1920 als fünftes Kind der Eheleute Anton und Johanna Kremer aus Kickenbach geboren. Sie hatte 15 Geschwister. Damit ihre Mutter bei dieser Großfamilie Entlastung bekam, wurde Hedwig Kremer von ihrer Tante Johanna Hufnagel groß gezogen.
Verwandtschaft in der niedersächsischen Kurstadt Bad Pyrmont besaß ein Hotel, so ging die junge Hedwig nach der Schulzeit dorthin als Hotelkraft. Später wechselte sie in ein Hotel nach Dillenburg. Am 27. Oktober 1943 heirateten Hewig Kremer und Norbert Heinemann, der ebenfalls aus Kickenbach stammt und nachher als Versicherungskaufmann tätig war.
Mann stirbt 1978
Nach der Hochzeit wohnte man bis zum Jahre 1948 in Kickenbach. Anschließend wurde ein vorhandenes Haus in Langenei bezogen. Vier Kinder machten die Familie komplett. Ein Kind starb im Kindesalter. Margret Kramer ist die älteste Tochter. Dann folgt Tochter Annette Hudap, die in Weilheim bei Heidelberg wohnt und zuletzt Sohn Johannes Heinemann. Der Ehemann der heute 100-Jährigen starb im Jahre 1978.
Im Jahre 1956 erfolgte ein großer Umbau. Das alte Haus, aus Lehm gebaut, war sanierungsbedürftig. Da war auch Hedwig Heinemann’s Arbeitskraft besonders gefragt. Der Vater der heutigen Jubilarin arbeitete bei den Hüttenwerken Siegerland. Dieser nutzte die Gunst der Stunde und besorgte sich für den Hausumbau die beim Abriss eines Schornsteines übrig gebliebenen roten Ziegelsteine.
Heißmangel bis in die 90er Jahre
Hedwig Heinemann befreite mit einer Axt eigenhändig die Steine vom Speis, so dass die klassischen Backsteine bei der Renovierung mit verbaut werden konnten. Der Umbau hat sich gelohnt, denn noch heute wohnt Hedwig Heinemann mit ihrem Sohn Johannes und Schwiegertochter Monika in diesem Haus. Von 1955 bis Anfang der 90er Jahre führte Hedwig Heinemann eine Heißmangel im eigenen Haus.
Nach Aufgabe des Mangelbetriebes ging es öfter auch mal mit den Geschwistern in Urlaub, von denen Hedwig Heinemann heute die Älteste der noch lebenden weiteren drei Geschwister ist. Gern erinnert sie sich auch an die Ferienfahrten mit der Caritas. Laufen war immer ihr Steckenpferd.
Gartenarbeit tat sie mit Leidenschaft. Sie konnte nicht ohne Arbeit sein, und flickte und stopfte Kleidungsstücke für die ganze Familie. Ihre gehäkelten Decken erfreuten sich großer Beliebtheit. Auf der SGV-Hütte in Langenei übernahm sie des Öfteren den Hüttendienst und das „Witwen-Kränzchen“ aus der Nachbarschaft traf sich einmal im Monat. Am Seniorennachmittag im Langeneier Pfarrheim nahm sie regelmäßig teil. Von der Gründung bis zur Auflösung bereicherte sie mit ihrer Alt-Stimme den Frauenchor Kickenbach.
Künstliche Hüfte
Mit 98 Jahren erlitt sie einen Oberschenkelhalsbruch; daraufhin erhielt sie eine künstliche Hüfte. Sie erholte sich und zog wieder in ihre eigene Wohnung. Frühstück und Abendessen macht sie noch eigenständig. Mittags nutzt sie das Angebot „Essen auf Rädern“. „Um 12 Uhr wird gegessen“, sagt uns ihre Tochter Margret Kramer.
Eigentlich war eine kleine Feier am Ehrentag geplant. Jedoch als sie jetzt in Kurzzeitpflege war, gab es in diesem Krankenhausbereich einen Corona-Fall. Deshalb wurde sie auch getestet, war negativ, muss jedoch 14 Tage in häusliche Quarantäne. Die Familie hat vor, ihre Mama, Oma und Uroma von draußen mit einem Ständchen zu erfreuen. Sicherlich wird Hedwig Heinemann an ihrem 100. Geburtstag ein Schnäpschen trinken, denn ein Klarer schmeckt ihr auch heute noch. Dieser jung gebliebenen Seniorin.