Hagen. Gefühlte und tatsächliche Sicherheit sind unterschiedliche Dinge. Hier die Statements der Parteien zur Wahrnehmung der Bürger im Heimatcheck.

Es ist ein mulmiges Gefühl, das die Menschen beschleicht, wenn sie durch manche Straße in Altenhagen und in der Innenstadt, aber auch im Hasper Zentrum schlendern. Geht von den Gestalten, die einem dort entgegenkommen, tatsächlich eine Gefahr aus? Oder sind das bloß Vorurteile aus dem Bauch heraus, dass man bei Dunkelheit besser einen weiten Boden um das Bahnhofsquartier macht, um Streitsüchtigen und Drogendealern aus dem Weg zu gehen? Bei Thema Sicherheit hat es beim Heimatcheck der Stadtredaktion lediglich für die Schulnote 2,88 in Hagen gereicht – und das auch bloß deshalb, weil in den gediegeneren Wohngegenden im Volmetal, entlang der Lenne oder auch auf Emst die Angst vor dem Verbrechen eher eine untergeordnete Rolle spielt. Für Altenhagen gibt es hingegen bloß die alarmierende Note 4-, also nicht versetzt.

Null-Toleranz-Strategie

„Diese Bereiche haben wir aufgrund ihrer strukturellen Besonderheiten und den daraus resultierenden Problemen explizit im Fokus“, versichert Polizeipräsident Wolfgang Sprogies, dass seine Behörde in den einschlägigen Quartieren mit besonderer Sensibilität vorgehe. So habe die Polizei unter dem Motto „Sichere Innenstadt“ die Kontroll- und Ermittlungstätigkeit in Altenhagen, in Wehringhausen sowie im Bahnhofsbereich verstärkt. Dieser Schritt entspreche nicht bloß den Erwartungen der Bürger, sondern diene auch der Erhöhung der objektiven und subjektiven Sicherheit in Hagen besonders mit Blick auf die Straßen- und Betäubungsmittelkriminalität.


Dabei sprechen die jüngsten Zahlen ausdrücklich eine ganz andere Sprache: Mit 13.984 Straftaten im Jahr 2019 ist der Wert für das gesamte Stadtgebiet so niedrig wie schon seit Jahren nicht mehr. Damit dies so bleibt, setze die Hoheleye weiterhin auf eine Null-Toleranz-Strategie, so der Polizeipräsident.

Dennoch stand das Thema Sicherheit im Rahmen der jüngsten Wahlarena der Hagener Oberbürgermeister-Kandidaten ebenfalls im Mittelpunkt. Sämtliche Bewerber sprachen sich dafür aus, den Kontrolldruck hoch zu halten. Gleichzeitig machte OB Erik O. Schulz aber auch deutlich, dass Hagen weiterhin zu den sichersten Großstädten zähle und es sich bei den Sorgen der Menschen häufig um einem Mix aus Sicherheits- und Ordnungsmängeln handele. Sein SPD-Konkurrent Wolfgang Jörg plädierte dafür, die Kommunikation zwischen besorgten Bürgern, Polizei und Ordnungsamt zu verbessern, um ein besseres Gesamtbild von der tatsächlichen Lage abseits der Statistiken zu erhalten.


Konfrontiert mit dem Heimatcheck-Ergebnis der Bürger äußern sich die Spitzenvertreter der im Rat vertretenen Fraktionen wie folgt:

Claus Rudel, SPD-Fraktionschef:

Leider fehlen hier Vergleichszahlen – beispielsweise die der Nachbargemeinden und anderer Ruhrgebietsstädte in Hagener Größenordnung. Die schlechte 2-minus für dieses sensible Thema nehmen wir sehr ernst und sehen die krassen Unterschiede der Bewertungen beispielsweise in Altenhagen (4,26) und im Volmetal (2,14). Für die SPD gilt hier die Null-Toleranz-Regel: Straftaten – welcher Art auch immer – müssen von den Ordnungsbehörden konsequent verfolgt und bestraft werden.

Jörg Klepper, CDU-Spitzenkandidat:

Wir sehen, dass die Maßnahmen anfangen zu wirken: Mehr Polizei, mehr Ordnungskräfte, Aufkauf von Schrottimmobilien. Die Umfrage bestärkt uns, weiter zu machen. Ein Schwerpunkt wird die Sicherheit um den Hauptbahnhof sein. Wir werden mit Videoüberwachung für mehr Sicherheit sorgen und durch mehr Zusammenarbeit der Polizei mit den Ordnungskräften die Kräfte vor Ort bündeln.

Michael Eiche, AfD-Fraktionschef:

Jeder, der durch die Innenstadt schlendert, nimmt Angsträume wahr. Die Bahnhofsgegend ist abends gefährlich, tagsüber bereits ein Albtraum. Geht man vom Bahnhof in die Bahnhofsstraße sieht man, was Kriminalität, Überfremdung, Gewalt und Drogenproblematik bedeuten. Die AfD weiß, dass weite Teile der anderen Parteien diese Tatsachen aus politischen Gründen leugnen. Der Rassismusvorwurf an die Polizei ist niederträchtig und verstärkt das Problem. Wir empfehlen: Machen Sie einen Spaziergang. Dann gehen Sie wählen!

Nicole Pfefferer, Grünen-Fraktionssprecherin:

Dass Hagen die sicherste Großstadt ist, hilft wenig, denn es gibt eine Differenz zwischen tatsächlicher und gefühlter Sicherheit sowie stadtteilbezogene Unterschiede. Die Bahnhofsgegend ist kein Bereich, wo sich Bürger gern aufhalten. Straftaten innerhalb der verschiedenen Stadtteile stehen auch im Verhältnis zu Leben auf engem Raum und unterprekären Verhältnissen. Soziale Stadtentwicklung und Quartiersarbeit verringern das Konfliktpotenzial. Eine größere Präsenz von Bezirksbeamte erhöht das Sicherheitsempfinden und schreckt potenzielle Täter ab.

Claus Thielmann, FDP-Fraktionschef:

Die Kriminalitätsstatistiken der letzten Jahre zeigen, dass Hagen eigentlich kein allgemeines Sicherheitsproblem hat. Dennoch gibt es in einigen Stadtteilen eine Häufung von Straftaten und eine erhöhte gefühlte Unsicherheit. Dem wollen wir konsequent entgegenwirken, unter anderem durch mehr Polizeipräsenz. Das Entstehen oder Erstarken von Parallelgesellschaften und kriminellen Strukturen lässt sich am besten durch Bildung vermeiden. Wir müssen daher verstärkt in vorbeugende Maßnahmen investieren und das Zusammenleben in den Stadtteilen aktiv stärken.

Josef Bücker, Hagen-Aktiv-Fraktionschef:

Schulnote befriedigend. Sehen wir etwas differenzierter, zumal es Bereiche in Hagen gibt, die deutlich unter diesem Wert liegen.

Ingo Hentschel, Linken-Spitzenkandidat:

Hagen ist eine sichere Stadt. Oft ist die gefühlte Sicherheit schlechter als die Tatsächliche. Es gibt durchaus Bereiche, wie der Taschendiebstahl oder auch Schlägereien am Wochenende, die wir mit Sorge betrachten. Was wir brauchen ist die Beseitigung von Angsträumen, wie dunkle Unterführungen sowie den Erhalt der Stadtteilwachen. Diese tragen erheblich zum Sicherheitsgefühl der Menschen bei. Des Weiteren brauchen wir auch mehr Fußstreifen der Polizei (Bezirks- und Ermittlungsdienst). Sie kennen oft „Ihr Revier“ und dienen als Ansprechpartner vor Ort.

Thorsten Kiszkenow (Piraten) und Frank Schmidt (BfHo):

Die gute Note erstaunt, weist die Kriminalstatistik doch einen besorgniserregenden Anstieg an Gewalttaten auf. Dazu kommt, dass sich die Polizei immer mehr aus den Stadtbezirken zurückzieht, nächtliche Präsenz in den Bezirkswachen aufgibt und strukturell eher schlecht mit den Bezirkspolitikern zusammenarbeitet – man denke etwa an wenig aussagekräftige Jahres-Verkehrsunfallberichte. Die gute Note ist auf viele hoch motivierte Polizisten zurückzuführen, die Tag für Tag für die Bürger im Einsatz sind. Zur Erhöhung der Sicherheit wären mehr Fußstreifen sinnvoll.