Menden. Die Corona-Pandemie wirbelt demokratische Entscheidungswege durcheinander. Um nicht mit Dringlichkeiten zu arbeiten, gibt es nun eine Alternative
Die Corona-Pandemie ist mit Blick auf Rat und Verwaltung von Dringlichkeitsentscheidungen geprägt. Doch was sind diese Dringlichkeitsentscheidungen überhaupt und beginnt für Bürgermeister Dr. Roland Schröder nun eine Amtszeit, die geprägt ist von solchen Regelungen der Gemeindeordnung? Eine Lösung scheint zumindest für die nächste Ratssitzung in Sicht.
Die Sitzungen
Das Dilemma in Menden macht Stadtsprecher Johannes Ehrlich deutlich: Mit 60 gewählten Vertretern ist der Rat so groß wie nie zuvor; hinzu kommen bei Sitzungen Verantwortliche der Verwaltung, 25 Zuschauer und Pressevertreter. Zwar sind private Zusammenkünfte dieser Größe derzeit untersagt, jedoch muss der Rat in regelmäßigen Abständen zusammenkommen, um Entscheidungen zu treffen. Hier gelten Ausnahmeregelungen. Ohne die Zustimmung der Ratsmitglieder hat ein Bürgermeister nur begrenzten Handlungsspielraum. Im Alleingang Entscheidungen zu treffen, ist nicht möglich.
Der Spagat
Um die demokratischen Prozesse nicht gänzlich auszuhebeln, ist für die kommende Ratssitzung eine Drucksache der Verwaltung vorgesehen, die einen Spagat schaffen soll. „Wir planen ein anderes Vorgehen für den November“, erklärt Stadtsprecher Johannes Ehrlich mit Blick auf die vom Land geschaffenen Möglichkeiten. Bis zum 30. November wolle man die Entscheidungsbefugnisse des Rates auf den Haupt- und Finanzausschuss übertragen. Dieser ist nur rund ein Drittel so groß wie der Rat, bildet die Mehrheitsverhältnisse aber ebenso ab, wie Johannes Ehrlich erklärt. Heißt: Die Volksvertreter erhalten wieder mehr Mitspracherecht bei gleichzeitig kleineren Zusammenkünften.
Die Hintergründe
Die gewählten Ratsmitglieder einer jeder Kommune sind dafür zuständig, die Interessen der Bürger zu vertreten und der Verwaltung Arbeitsaufträge zu erteilen. Das reicht von der Straßenerneuerung bis hin zum Bau einer neuen Schule. Doch die Corona-Pandemie hat viele demokratische Entscheidungswege derzeit ausgehebelt. Das wird beim Blick auf den „Lockdown light“ abermals deutlich. Ohne eine Debatte im Parlament hat die Große Koalition diesen verhängt – unter normalen Umständen eigentlich undenkbar. Doch mit der sogenannten „epidemischen Lage nationaler Tragweite“, die der Bundestag festgestellt hat, sind der Regierung und im Anschluss auch den Gesundheitsämtern zusätzliche Handlungsmöglichkeiten und Befugnisse für die Dauer der Pandemie übertragen worden – um im Zweifel mehr Leben retten zu können.
Das Vorgehen
Und genau hier kommen auf kommunaler Ebene normalerweise Dringlichkeitsentscheidungen ins Spiel. Bürgermeister und der jeweilige Ausschussvorsitzende unterzeichnen diese Entscheide, wenn Rat oder Hauptausschuss nicht tagen und sonst „erhebliche Nachteile oder Gefahren entstehen können“, wie es in der Gemeindeordnung NRW heißt. Das gilt sonst etwa für die Sommerpause oder aber auch zum Jahresende, wenn eine Sondersitzung nicht kurzfristig stattfinden kann. Der Rat muss in seiner nächsten Sitzung diese Dringlichkeitsentscheide dann aber absegnen. Dafür werde in den Fachabteilungen der Verwaltung im Vorfeld bei den Fraktionen abgeklopft, ob die jeweiligen Mehrheiten vorhanden sind.
Doch was passiert, wenn der Rat einer Entscheidung von Bürgermeister und Ausschussvorsitzendem im Nachhinein die Unterstützung dennoch versagt? „Entweder ist sie dann nichtig oder – für den Fall, dass bereits Dritte involviert sind – die Schäden müssen rückgängig gemacht werden“, erklärt Stadtsprecher Johannes Ehrlich das Vorgehen.
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