Finnentrop. Rafael Wulff betreibt mit seiner Frau Kim ein Eiscafé am Finnentroper Rathaus. Was die Wenigsten wissen: Er war früher im Labor tätig.
Die Vita von Rafael Wulff, der am Montag 29 Jahre alt wird, liest sich spannend. Seit April 2019 betreibt der Finnentroper gemeinsam mit seiner Frau Kim das Eiscafé „Im Hörnken“ am Rathaus. In seinem früheren Berufsleben stürzte sich der ausgebildete Molekularbiologe in einem Unternehmen im Münsterland jedoch auf PCR- und Antigentests. Diese Proben sind in der aktuellen Coronapandemie gefragter denn je, weisen sie am Ende doch nach, ob sich eine Person mit dem Virus infiziert hat oder nicht. Die Begeisterung für Biologie und Chemie hat er nicht verloren.
Wie ist aus dem Molekularbiologen ein Eisverkäufer geworden?
http://iframe_newsletter_Olpe_WP_anmeldemaske_indexseite{esc#228263875}[xhtml]Rafael Wulff
Ich bin nach vier Jahren im Münsterland zurück in die Heimat gezogen. Dort bin ich zunächst in die Automobilindustrie gerutscht. Ich bin nicht der Typ, der sich nur für eine Sache interessiert, ich probiere gerne Neues aus. Aber Eis und die Idee zum eigenen Eiscafé entstand eher durch meine Frau Kim. Sie hat als Konditorin schon Eis gemacht, leider hatte sie immer öfter durch Fertigpasten wiederkehrende Kopfschmerzen. Irgendwann kam sie und meinte ganz sauer: Mensch, können wir nicht mal ein Eis machen ohne Pasten. Daraufhin haben wir angefangen zu Hause Eis zu machen und ich habe mich hinter meine Chemie-Bücher geklemmt. Dass wir in Finnentrop das Eiscafé übernommen haben, ist einer Feuerwehr-Wanderung zu verdanken. Dort haben meine Kameraden auch Kim davon überzeugt, dass wir in Finnentrop ein Café aufmachen sollten. Das Schöne am Eis ist, dass man die Menschen glücklich macht. Sowas erlebt man im Labor eher selten.
Alle Welt redet von Corona und den Testungen. Was steckt hinter diesen PCR- und Antigentest?
Beim Antigen-Test wird nicht das Erbmaterial verwendet, sondern spezifische Eiweißfragmente (Proteine), in diesem Fall vom Covid-Virus. Wichtig ist, dass hier das Verfahren je nach Testhersteller unterschiedlich ist, aber im Kern funktioniert es so: Wir haben ein spezifisches Protein aus der Probe isoliert. Das Protein wird dann z.B. auf den Teststreifen geben. Wenn dieses in ausreichender Menge vorhanden ist, bindet es an spezifische Antikörper und erzeugt ein visuell nachweisbares Signal auf dem Test. Das ist die leichte Erklärung zu dem Test, natürlich gibt es verschiedene Versionen dieses Verfahrens, jeder Hersteller macht etwas anders. Das ist halt Forschung, da führen viele Wege nach Rom. PCR bedeutet „Polymerase-Kettenreaktion“. Ganz vereinfacht gesagt steckt hinter der PCR die Vervielfachung einer DNA.
Was reizt Sie noch heute an der Molekularbiologie?
Die Molekularbiologie ist ein Bereich, der einen fließenden Übergang zu anderen Biologie- und Chemiebereichen hat. Molekularbiologie ist ein weit gestreutes Feld, das sich von der Arzneimittelherstellung über die Mikrobiologie bis hin zur Zellbiologie bewegt. Mich reizen bis heute diese kleinen Reaktionen, die wir so gesehen Tag täglich als selbstverständlich ansehen. Wie man sieht, kann man sogar zum Eis herstellen kommen, man muss nur die feinen Unterschiede erkennen und für sich nutzen. Am Ende ist es egal, ob du dich für Biochemie, Zellbiologie, Mikrobiologie, Meeresbiologie interessierst – Molekularbiologie spielt überall eine Rolle. Ich stehe heute noch im Austausch mit Wissenschaftlern, es ist ein Hobby von mir geblieben.
Beschreiben Sie uns, wie die Arbeit in einem Labor aussieht?
Der Arbeitstag im Labor startet mit Händewaschen, desinfizieren und die Laborsachen anziehen. Der Kittel und die Schutzbrille sind Pflicht. Im Hochsicherheitslabor ist es so, dass man mehrere Schleusen hat. Den halben Tag ist man am Pipetieren und mischt die ganzen Reagenzien zusammen. Jetzt könnte man meinen, dass es sehr langweilig ist. Das ist aber nicht so. Am Ende wartet man immer gespannt auf die Ergebnisse. Ich erinnere mich noch gut an den Pferdefleischskandal – über 200 Proben pro Tag, 14 Tage am Stück arbeiten. Wenn in einem Betrieb ein Problem auftaucht, dann muss es schnell gehen. Man bekommt gar nicht mit, was für ein Aufwand hinter einem Lebensmittel steckt, was wir für ein paar Euro im Supermarkt kaufen können.
Haben Sie Ihren Schritt in die Selbstständigkeit bereut?
Nein. Ich liebe das, was ich tue und es macht mir unheimlich Spaß. Ich habe schon mit 19 Jahren über die Selbstständigkeit nachgedacht und ich erinnere mich noch gut an die ersten Gespräche mit meine Arbeitskollegen: „Rafi, wenn du dich selbstständig machst, arbeite ich bei dir“. Als ich gesagt habe, dass ich Eis mache, hat allerdings keiner bei mir angefangen (muss lachen).
Wie beobachten und bewerten Sie das Verhalten der Menschen in Zeiten von Corona?
Bewerten möchte ich es gar nicht. Ich kann nur sagen, dass ich froh bin in Deutschland zu leben. Es gibt immer Ausreißer, die sich nicht an die Regeln halten. Aber ich bin der Meinung, dass der Großteil sich dran hält. Was mich ein bisschen stört, sind die vielen Debatten über Impfungen und Freiheitsrechte. Wir können froh sein, dass wir uns impfen lassen dürfen, denn eins darf man nicht vergessen: wir Menschen werden heute nicht im Durchschnitt 80 Jahre alt, weil wir so gesund essen, sondern, weil wir seit Jahren Krankheiten durch Medikamente und Impfungen bekämpfen. Wir können auch froh sein, dass wir noch auf die Straße gehen können. Ich kenne genügend Menschen im Ausland, die sich freuen würden, mal zwei Kilometer durch die Stadt zu laufen. Es ist und bleibt für alle eine schwere Situation, aber wenn wir uns weiter an die Regeln halten, aufeinander aufpassen, dann wird es bald wieder aufwärts gehen.