Menden. Großveranstaltungen in Corona-Zeiten: Draußen kann das gut funktionieren, wie das Zeltdach-Festival beweist. Würdet Ihr drinnen Events besuchen?

Es war eine Premiere nach Monaten der Pause: In der vergangenen Woche haben in Menden fünf Tage am Stück die ersten Großveranstaltungen seit Ausbruch der Corona-Pandemie stattgefunden. Wie ist es gelaufen? Und wie können Veranstaltungen in der Zukunft aussehen?

Einmal Politik, viermal Kultur – das waren die Veranstaltungen unter dem Zeltdach. Nach der Diskussion der Bürgermeister-Kandidaten am Mittwoch folgten beim Zeltdach-Festival Bernd Stelter, Johann König, Özcan Cosar und Basta.

Enormer Aufwand

Der Aufwand und die Sicherheitsvorkehrungen, die Wilfried Kickermann, Chef des veranstaltenden Phono Forums, dafür leisten musste, war in Corona-Zeiten enorm: Es wurden maximal 270 Zuschauer unters Zeltdach gelassen; es gab Markierungen im Einlassbereich; die Reihenabstände waren größer als eigentlich erforderlich; zwischen den Besuchergruppen gab es jeweils einen freien Platz; die Besucher mussten die Laufrichtungen einhalten; keine Pause; mit großem Personalaufwand wurde dafür gesorgt, dass das Publikum am Schluss der Veranstaltungen reihenweise nach und nach den Bereich verließ. „Das sind hohe Kosten, die da alleine durchs Personal entstehen“, sagt Wilfried Kickermann.

Bernd Stelter beim Zeltdach-Festival
Bernd Stelter beim Zeltdach-Festival © Lisa Nückel | Lisa Nückel


Finanziell lohnen solche Veranstaltungen nicht, bilanziert Wilfried Kickermann. „Vom Erlös her war das ein Tropfen auf den heißen Stein.“ Auch die Künstler hätten finanzielle Zugeständnisse gemacht. Viele seien froh gewesen, überhaupt wieder auftreten zu können.

Veranstaltungen nicht ausverkauft

Wie könnten dann zukünftige Veranstaltungen in Corona-Zeiten aussehen? Müssten die Karten extrem verteuert werden? „Nein, das würde nicht funktionieren“, weiß Wilfried Kickermann. Denn auch die Zeltdach-Veranstaltungen seien nicht allesamt ausverkauft gewesen: „Es war schwieriger als gedacht, die Karten zu verkaufen.“ Das sei kein Menden-typisches Phänomen, sondern derzeit auch bei Events in anderen Städten zu beobachten. So seien zu einem Auftritt der Black Fööss in Köln statt 1.200 erlaubten Zuschauern nur 500 gekommen: „Der Endverbraucher geht im Moment noch sehr vorsichtig an so etwas heran“, so Wilfried Kickermanns Einschätzung.

Die Sorgen in der Veranstaltungsbranche seien enorm. „Von den wirtschaftlichen Aspekten mal abgesehen: Da sind Menschen, die verfallen in eine Depression.“ Die Künstler, die in der vergangenen Woche in Menden zu Gast waren, seien „überrascht und begeistert gewesen, dass sie mal wieder richtig live auftreten durften – und nicht vor einem Autokino. Es ist so wichtig für Künstler, die Reaktionen in den Gesichtern im Publikum zu sehen.“

Sind aus Kickermanns Sicht überhaupt Veranstaltungen im Innen-Bereich möglich? Der Mendener und sein Team prüfen derzeit, „unter welchen Bedingungen Veranstaltungen in einer Halle durchgeführt werden können“. Das sei eine große Herausforderung. Dazu gehören auch Auftritte von Künstlern auf der Wilhelmshöhe wie etwa Faisal Kawusi, der eigentlich Anfang Oktober dort gastieren soll: „Wir sind in Gesprächen mit der Agentur, inwieweit wir in der Lage sind, erforderliche Hygienekonzepte umzusetzen.“ Fest stehe, dass eine Großveranstaltung mit 700 Plätzen auf der Wilhelmshöhe in Corona-Zeiten undenkbar sei: „Wir denken darüber nach, was mit verringerten Kapazitäten dort möglich ist. Wir müssen uns vor dem Virus schützen und lernen, mit dem Virus wieder halbwegs normal zu leben.“


Dabei treiben ihn auch Rückmeldungen an, wie die einer Besucherin am Wochenende: „Die Dame hat sich bei mir bedankt, dass wir in einer trostlosen Zeit ein bisschen Vergnügen in die Stadt bringen“, berichtet Wilfried Kickermann. „Ich glaube, viele sind einfach froh, durch so etwas mal auf andere Gedanken zu kommen.“

Neue Auflage des Zeltdach-Festivals

Wilfried Kickermann plant bereits jetzt für den nächsten Sommer eine neue Auflage des Zeltdach-Festivals: „Wir haben da ein wunderschönes und auch wetterfestes Veranstaltungsgelände.“

Diskussion von Mendener Bürgermeisterkandidaten unter dem Zeltdach am Rathaus.
Diskussion von Mendener Bürgermeisterkandidaten unter dem Zeltdach am Rathaus. © Tobias Schürmann | Tobias Schürmann


Auch aus Sicht der Stadtverwaltung waren die Großveranstaltungen eine runde Sache. „Es war ausreichend Personal vor Ort, alles wirkte durchdacht“, gibt Stadtsprecher Johannes Ehrlich den Eindruck des Ordnungsamtes weiter, das selbst nur an der Runde der Bürgermeister-Kandidaten beteiligt gewesen sei.


Auch das städtische Kulturamt stehe mit Veranstalter Wilfried Kickermann in regem Austausch, um hier gegenseitig von Erfahrungen zu profitieren. „Wir müssen nun ohnehin für jede Veranstaltung – ob das im Theater Am Ziegelbrand, auf der Wilhelmshöhe oder auf Gut Rödinghausen ist – ein eigenes Hygienekonzept vorlegen“, erläutert Johannes Ehrlich. „Das ist für alle Seiten ein hoher Aufwand.“