Hagen. Gerne rühmt sich die Stadt Hagen für ihre konsequenten Kontrollen in den Shisha-Bars. Doch vor Gericht zerbröseln die Maßnahmen. Hier die Gründe.

Regelmäßig rühmen sich das Hagener Ordnungsamt und die Polizei mit ihren Erfolgen bei der Kontrolle von Shisha-Bars. Von den Misserfolgen hört man jedoch nichts. Ein Beispiel: Die aufwändige Verfolgungswelle gegen die Lounge „Mon Chéri“ und die anschließenden Prozess-Pleiten vor verschiedenen Gerichten. Für die Stadt könnten unprofessionelle Razzien jetzt zu einem kostspieligen Nachspiel werden.

Tabak im Außenbereich

Bei den Razzien im „Mon Chéri“ hatte der Zoll wiederholt steuervergünstigten Tabak sichergestellt: Die dafür vom Zoll verhängten Bußgelder hat Faisal Omar beglichen.Im Außenbereich darf in den Wasserpfeifen Tabak mit Nikotin geraucht werden. Allerdings darf dieser nicht aus steuervergünstigten Großportionen stammen.

Als Faisal Omar (32) im Dezember 2018 am Graf-von-Galen-Ring (Ecke Martin-Luther-Straße) sein Lokal „Mon Chéri“ eröffnete, hatte er noch große Pläne im Kopf: Er wollte Leben in die dunkle Ecke am Bahnhof bringen. Mit Burgern, Cocktails, Wasserpfeifen und regelmäßigen Partys lockte er ein junges Publikum in seine 200-Quadratmeter große Bar. Doch der Jungunternehmer hatte nicht mit dem hartnäckigen Widerstand der Stadt gerechnet. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass Shisha-Cafés einen schlechten Ruf genießen und als Treffpunkte krimineller Clans gelten, geriet der gebürtige Hagener mit afghanischen Wurzeln offenbar unter Generalverdacht. Nahezu monatlich standen Mitarbeiter des Ordnungsamtes, der Polizei und des Zolls zur Überprüfung in seinem Lokal. Razzia. Im Fokus: Ausweiskontrollen, illegale Beschäftigungen und Verstöße gegen das Nichtraucher-Schutzgesetz.

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Auf Stichproben verzichtet

Der Kontrolldruck war groß und die Erfolge scheinbar auch. Von Ende März bis Mitte November 2019 verhängte die Bußgeldstelle der Stadt neun saftige Knöllchen gegen „Mon Chéri“-Betreiber Omar. Weil die Gäste im Innenbereich angeblich nikotinhaltigen Tabak in ihren Shishas rauchten. Das wollten die Experten vom Ordnungsamt selbst festgestellt haben, indem sie die Köpfe der Wasserpfeifen vereinzelt „hochhoben und in Augenschein nahmen“. Stichproben wurden aber nicht entnommen. Stattdessen hagelte es Bußgeldbescheide: über 428,50 Euro, 843,50 Euro, 1683,50 Euro und sechsmal 2628,50 Euro. Gesamtrechnung: stolze 18.726,50 Euro, die die Stadt bereits in ihrem Säckel glaubte.

Der Wattenscheider Anwalt Wolfgang Dressler hat in den vergangenen Monaten schon reichlich Verfahren gegen die Maßnahmen des Hagener Ordnungsamtes erfolgreich durchgefochten. 
Der Wattenscheider Anwalt Wolfgang Dressler hat in den vergangenen Monaten schon reichlich Verfahren gegen die Maßnahmen des Hagener Ordnungsamtes erfolgreich durchgefochten.  © Unbekannt | Helmut Ullrich

Doch jetzt kommt Anwalt Wolfgang Dressler (66) aus Wattenscheid ins Spiel. Er legte vor dem Amtsgericht neunmal Einspruch ein. Begründung: In den Wasserpfeifen sei gar kein Tabak gewesen, sondern ein nikotinfreier Ersatz aus Zellstoffen. Die faserigen Krümmel seien von echtem Tabak kaum zu unterscheiden. Um das zu beweisen, wurden am Richtertisch Kostproben aufgebaut: Echter Tabak und falscher. Die ungeschulten Mitarbeiter des Ordnungsamtes hatten bis dahin noch gar nichts von dem Ersatzstoff gehört. Deshalb wurde es peinlich: Sie konnten die beiden Produkte nicht unterscheiden und ihre Vorwürfe auch nicht beweisen, weil sie es versäumt hatten, bei den behördenübergreifenden Kontrollaktionen Proben zu entnehmen. Am Ende blieben Faisal Omar die knapp 19.000 Euro Bußgeld erspart: Freispruch.

Doppelte Schlappe der Stadt

Vor dem Verwaltungsgericht Arnsberg erlebte die Stadt zusätzlich eine doppelte Schlappe: Eine Schließungsverfügung gegen das „Mon Chéri“ vom 5. März 2020 kippten die Richter, „weil sie komplett fehlerhaft war“, so Anwalt Dressler. „Meine Kosten von gut 2000 Euro muss die Stadtkasse übernehmen.“ Zu einer weiteren Schließungsverfügung der Stadt (mit sofortiger Vollziehung) habe das Verwaltungsgericht jetzt den Hinweis erteilt, dass auch dieser Bescheid aufgrund rechtlicher Mängel aufzuheben sei. Nun will Faisal Omar gegen die Stadt Regressansprüche stellen, weil das „Mon Chéri“ schon seit Monaten geschlossen ist: „Allein meine monatlichen Fixkosten betragen mehr als 3000 Euro.“