Menden. Unternehmer Ulrich Bettermann aus Menden will seine Holding nach Ungarn verlegen, falls Olaf Scholz (SPD) Kanzler wird. Aber was bedeutet das?
Der Mendener Unternehmer Ulrich Bettermann (OBO) hat im Handelsblatt angekündigt, dass er seine Holding nach Ungarn verlegen wolle, falls SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz nach der Bundestagswahl Kanzler in einer links-grünen Koalition wird. Aber funktioniert das überhaupt so einfach? Was heißt das für den Mendener Haushalt? +++ Auch interessant: Bettermann attackiert ZDF nach Beitrag über Flugplatz +++
Produktion weiter in Menden, aber Holding-Sitz dann in Ungarn
Als ihn das Handelsblatt mit dem Szenario des sogenannten Links-Bündnisses konfrontiert, erklärt Bettermann: „Wenn das so sein sollte und sie verwirklichen ihre Pläne auch mit einer Vermögenssteuer, dann bin ich in Deutschland nicht mehr anwesend – weil ich es kann.“ Der Hüingser Unternehmer kündigt an, dass sein Unternehmen in Menden bleiben werde, aber die Holding nach Ungarn verlegt werde. Bettermann im Interview: „Dort beschäftigen wir bereits heute mehr Mitarbeiter als im Sauerland.“
Was meint Bettermann mit der Verlagerung? Im Handelsblatt-Interview liest sich die Ankündigung wie eine Steuerflucht. Auf WP-Nachfrage sagt Bettermann aber: „Die Steuern werden wir weiter hier zahlen. Aber wir tun alles, dass wir hier die Standorte verteidigen.“ Bettermann zeigt sich verärgert. Die Last für Unternehmen sei so groß wie in fast keinem anderen Land: „Es ist nicht mehr nur die höchste Steuerbelastung Europas.“ Die Politik gängele die Wirtschaft mit seiner Meinung nach unsinnigen Gesetzen und Verordnungen: Er sei „Zwangsmitglied“ in der Industrie- und Handelskammer, obwohl er davon gar nicht profitiere. „Das ist eine Viertelmillion Euro an Gebühren.“ +++ Das könnte Sie auch interessieren: Ulrich Bettermann will im Biebertal bauen +++
Bettermann: „Ich kämpfe weiter für Deutschland“
Der Politik unterstellt Bettermann, dass die wenigsten Politiker Ahnung von der Realität haben. Bettermann beschreibt die typische Karriere so: „Gebärsaal, Hörsaal, Plenarsaal.“ Bettermann zur WP: „Die müssen in Berlin merken, dass sie nicht wie im alten Rom dekadent sind.“ Der CDU unterstellt er zu wenig Distanz zu Rot-Grün. Er wiederholt sein Zitat aus dem Handelsblatt: „Mir ist ein rechter Sozialdemokrat lieber als ein linker CDUler.“ „Ich kämpfe weiter für Deutschland“, sagt Bettermann, aber wenn es zum links-grünen Bündnis komme, werde er Konsequenzen ziehen.
Bettermann hatte auch beim Handelsblatt erneut mit Merkel („Kunst, Dinge auszusitzen), Olaf Scholz („Kann nicht aus einem lahmen Gaul ein Springpferd machen“) und Laschet („Verstehe nicht, warum er nicht angreift“) abgerechnet.
Kämmerer: Kein Kommentar zu unternehmerischen Entscheidungen
Funktioniert eine Verlagerung der Gesellschaften so einfach? Kämmerer Uwe Siemonsmeier will sich auf Nachfrage ausdrücklich nicht zu unternehmerischen Entscheidungen bei OBO äußern. Jeder, der aktuell in Menden Steuern zahle und dann nicht mehr zahle, schade aber natürlich dem städtischen Haushalt. Siemonsmeier will die Ankündigung der Verlagerung auch nicht überbewerten: „Ich gehe schon davon aus, dass Uli Bettermann weiß, was er an Menden hat.“
Grundsätzlich könne jedes Unternehmen seine Sitze verlagern und Gesellschaftsstrukturen ändern. Ob das dann rechtens sei, prüfe letztlich das Finanzamt, erklärt Siemonsmeier. „Wir als Stadt bekommen da nur einen Messbetrag mitgeteilt.“ Gerade bei Unternehmen, die Gewinne an eine Holding oder andere Gesellschaften abführen, sei das von außen nur schwer zu beurteilen.
Firmen streiten oft mit dem Finanzamt
Der Streit über die Rechtmäßigkeit von solchen Veränderungen ziehe sich mitunter über Jahrzehnte hin. „Es gibt noch Verfahren über Steuermessbeträge von 2003 und 2004“, sagt Siemonsmeier. Oft gehe es zwischen Finanzämtern und Firmen bis vors oberste Finanzgericht. „Wir bekommen das als Kommunen überhaupt nicht mit.“ Für die Städte könne das oft noch viele Jahre später überraschend zu Löchern in der Kasse führen, weil Geld zurückgezahlt werden muss.