Hagen. Die Energiekrise hat dem Hagener Versorger Mark-E neue Gas-Kunden beschert. Doch diese zahlen mehr als die Stammkundschaft.
Die stetige Zunahme von Fällen, in denen insbesondere Billig-Gas-Anbieter ihren Kunden unvermittelt die Verträge kündigen oder Insolvenz anmelden müssen, hat dem heimischen Energieversorger Enervie (Mark-E in Hagen und Stadtwerke Lüdenscheid) bereits eine vierstellige Zahl an Neukunden beschert.
Einer von ihnen ist Rainer Eickelmann (66) aus Boele, dem die Firma gas.de Anfang Dezember unvermittelt ankündigte, er bekomme kein Gas mehr geliefert. „Ich war doch einigermaßen konsterniert und glaube auch nicht, dass das rechtmäßig war“, so der Architekt, der inzwischen im Ruhestand lebt.
In seiner Auffassung sieht er sich von der Verbraucherzentrale bestärkt. Die Kündigung der Lieferverträge durch gas.de sei unwirksam und unzulässig, weil es dafür keine Rechtsgrundlage gebe, so die Verbraucherschützer.
Nicht die Konditionen der Bestandskunden
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Nichtsdestotrotz stellte der Gas-Discounter seine Lieferungen ein, so dass Eickelmann, wie viele andere betroffene Hausbesitzer in Hagen, seit 2. Dezember von Mark-E beliefert wird. Das Hagener Unternehmer ist als Grundversorger in der Region gesetzlich verpflichtet, jene Kunden aufzunehmen, die von der Konkurrenz – aus welchen Gründen auch immer – kein Gas mehr erhalten. Doch erhalten diese Neukunden nicht die gleichen Konditionen wie Bestandskunden, sondern werden in die sogenannte Ersatzversorgung eingruppiert.
Zwar ist der Grundpreis mit 107,10 Euro pro Jahr der gleiche, doch der sogenannte Arbeitspreis liegt bei 13,46 Cent pro Kilowattstunde. Zum Vergleich: Bestandskunden zahlen nur 8,75 Cent/kWh. Legt man einen jährlichen Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden zugrunde, bedeutet das einen Unterschied von rund 940 Euro im Jahr.
Mark-E will Bestandskunden schützen
Dass Mark-E die vielen Neukunden nicht zu den gleichen Konditionen beliefern kann wie Bestandskunden im bestehenden Grundversorgungstarif, erläutert Unternehmenssprecher Andreas Köster folgendermaßen: „Um die neuen Kunden mit Gas beliefern zu können, mussten wir kurzfristig weitere Kapazitäten an den Gasmärkten einkaufen und hierfür höhere Preise als bei einer langfristigen Beschaffung zahlen.“
Die Alternative wäre gewesen, die höheren Preise für die Neukunden auf alle Kunden umzulegen, doch hätte man damit die Bestandskunden gleichsam „bestraft“, so Köster: „Deshalb haben wir uns, wie übrigens die Mehrzahl der Grundversorger in Deutschland, für einen eigenen Tarif für Neukunden entschieden.“
Bald gibt es wieder Sondertarife in Hagen
Drei Monate lang bleiben die Neukunden in der Ersatzversorgung, allerdings steht ihnen während dieser Zeit das Recht zu, Mark-E fristlos zu verlassen und zu einem Konkurrenten mit günstigeren Konditionen zu wechseln. Tun sie das nicht, rutschen sie nach Ablauf der drei Monate in den Grundversorgungstarif der Mark-E, wo die Kündigungsfrist zwei Wochen beträgt.
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Der Arbeitspreis von 8,75 Cent/kWh der Bestandskunden wird ihnen aber auch jetzt nicht eingeräumt. Allerdings stehen ihnen bald wieder andere Sondertarife offen; das sind spezielle Angebote, die Mark-E aufgrund der Preisturbulenzen am Gasmarkt zwischenzeitlich nicht mehr offeriert hatte.
Was passiert bei Angriff auf die Ukraine?
Was einen möglichen Angriff der Russen auf die Ukraine und dessen Auswirkungen auf die Energie-, insbesondere den Gaspreis, angeht, möchte Enervie-Sprecher Köster keine Kaffeesatzleserei betreiben. Man werde wegen der Ukraine-Krise jetzt nicht auf Verdacht mehr Gas einkaufen: „Weil wir ja nicht wissen, was passiert.“
Grundsätzlich verfolge das Unternehmen am Energiemarkt jedoch eine langfristige Beschaffungsstrategie, die auf bis zu drei Jahre im voraus angelegt sei. Vor kurzfristigen Preissprüngen sei der Hagener Versorger daher gut abgesichert.