Hagen. Der Verkehr soll auf Elektromobilität umgerüstet werden. Doch in Hagen stehen diesen Plänen hohe Hürden entgegen.
Wegen des geplanten Ausbaus der Elektromobilität muss in Hagen möglicherweise ein neues Umspannwerk gebaut werden. Das hat der heimische Energieversorger auf Anfrage unserer Zeitung bestätigt. Zudem arbeite man an regelbaren Ortsnetzstationen sowie der Steuerung von Wallboxen, erklärte Enervie-Sprecher Andreas Köster.
Noch spielen E-Fahrzeuge auf Hagens Straßen eine untergeordnete Rolle. Lediglich 589 Elektrofahrzeuge sind in Hagen zugelassen – gemessen an der Gesamtzahl von insgesamt 124.967 angemeldeten Fahrzeugen ist das eine nahezu verschwindend geringe Zahl, die gerade mal 0,47 Prozent entspricht.
Und doch sollen für das Erreichen der Klimaziele bis 2030 mindestens sieben bis zehn Millionen Elektrofahrzeuge auf Deutschlands Straßen fahren. So hat es die Bundesregierung beschlossen, und dazu müssen natürlich auch die Hagener ihren Beitrag leisten.
59 öffentliche Ladepunkte in Hagen
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Mehr Menschen davon zu überzeugen, sich ein E-Auto anzuschaffen, ist das eine Problem. Das andere ist die Netzinfrastruktur. Zwar gibt es in Hagen mittlerweile 59 öffentliche Ladepunkte, an denen Autofahrer Strom tanken können, doch wenn E-Fahrzeuge wirklich die Vorherrschaft im Verkehr übernehmen sollen, ist das bei weitem nicht ausreichend. Um den angepeilten Bedarf zu decken, müssen also zahlreiche weitere Ladestationen hinzukommen – nicht zuletzt deshalb, weil das „Tanken“ an einer E-Ladesäule sehr viel mehr Zeit in Anspruch nimmt als mit herkömmlichem Treibstoff.
Neben den öffentlichen Ladesäulen sind private Ladestationen (Wallboxen), die sich jeder Autofahrer daheim an der Garagenwand anbringen lassen kann, von großer Bedeutung für die Versorgung und Nutzung von E-Fahrzeugen. Diese werden derzeit mit 900 Euro vom Staat gefördert, was zu einer konstant hohen Nachfrage führt. Der Nachteil: lange Wartezeiten von mehreren Wochen. „Elektroautofahrer sollten sich deshalb mit entsprechendem Vorlauf um eine Wallbox kümmern“, empfiehlt Köster.
Große Probleme in dicht besiedelten Gebieten
In dicht besiedelten Stadtteilen sind Wallboxen ohnehin keine Alternative, weil es dort oft keine Garagen oder andere Möglichkeiten gibt, eine solche Station zu installieren. Selbst für genügend öffentliche Ladesäulen ist schlichtweg kein Platz vorhanden. Dafür gibt es dort aber tausende von Autobesitzern.
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Selbst Experten fehlt die Phantasie, wie man diesem Dilemma entkommen will. „Ich finde die E-Mobilität nicht schlecht, aber dass der gesamte Verkehr darauf umgerüstet werden kann, ist meiner Meinung nach eine Utopie und nicht realistisch“, sagt Heiko Klehr, der für die CDU in der Bezirksvertretung Nord sitzt.
Auch die Frage der Netzstabilität ist noch nicht geklärt. Die vor Jahrzehnten unter den Hagener Straßen verlegten Kabel sind für die mit der Elektromobilität einhergehende Belastung gar nicht ausgelegt. Man stelle sich vor, die Bewohner einer Straße kommen nach Feierabend heim und wollen alle ungefähr zur gleichen Zeit ihr Auto aufladen – geht dann in den Häusern das Licht aus? „Ich glaube, die Grundlast im Stromnetz muss signifikant erhöht werden, weil wir mit der jetzt vorhandenen Infrastruktur an eine Grenze stoßen“, so Klehr.
Gefragt sind intelligente Lösungen
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Tatsächlich hat Enervie bereits Netzstudien für Hagen mit unterschiedlichen Szenarien von E-Mobilitäts-Anstiegen erstellt. Eine mögliche Konsequenz könnte der Bau des oben erwähnten Umspannwerks sein. In vielen Straßen könnte aber auch die Verlegung leistungsfähigerer Kabel mit den entsprechenden Tiefbauarbeiten notwendig werden.
Hier sind laut Enervie intelligente Lösungen gefragt, um insbesondere in den Niederspannungsnetzen nach Möglichkeit nicht viele Straßen aufreißen zu müssen. Zudem können Wallboxen und Ladesäulen in Zeiten hoher Belastung zentral gesteuert und auf weniger Kilowatt herunter geregelt werden.
Mit dem Ausbau der Elektromobilität in Hagen sind also zahlreiche Probleme verbunden. Wie schnell die Umstellung voranschreitet, hängt sicherlich nicht zuletzt von der öffentlichen wie privaten Ladeinfrastruktur ab.
Und natürlich davon, dass bald mehr Hagener den Umstieg auf ein elektrisch betriebenes Auto wagen.