Ambrock. Zuletzt berichteten Mitarbeiter von einem Klima der Angst. Jetzt hat die Klinik ihren Chefarzt freigestellt. Wegen eines Datenschutzvorfalles.
Auch interessant
Die Reha-Klinik Ambrock, die unter dem Dach des Konzerns VAMED geführt wird, hat nach einem Datenschutzvorfall den Chefarzt der neurologischen Abteilung, Dr. Mimoun Azizi, freigestellt. Nachdem bereits im vergangenen September aus der Klinik-Kulisse Vorwürfe öffentlich geworden waren, der Chefarzt setze lieber auf arabischstämmige Kollegen und wolle nicht mit deutschen Arzt-Kollegen arbeiten, steht er nun erneut im Blickpunkt. Acht Mediziner hatten im vergangenen Jahr bereits gekündigt, weitere sollen ihren Hut genommen haben. Die Klinik hält sich bedeckt mit Blick auf die Vorwürfe gegen den Mediziner. Die Ergebnisse staatsanwaltlicher Untersuchungen würden das Haus zu diesem Schritt zwingen.
Betriebsratschef seinerzeit nicht bereit, mit der Redaktion zu sprechen
Aus Patienten- und Mitarbeiterkreisen war im vergangenen September bekannt geworden, wie es unter dem Dach der Ambrocker Klinik zuging. Auch ein Betriebsratsschreiben an die Klinik-Mitarbeiter erreichte die Redaktion. „Viele Mitarbeiter schildern ein Klima der Angst mit allen körperlichen und seelischen Folgen“, hieß es darin. Und weiter: „Wir werden täglich mit Mitarbeiterbeschwerden über hohen Druck und Unkollegialität sowie Ignoranz der gewachsenen und in Prozessen festgeschriebenen Strukturen konfrontiert.“ Der Betriebsratschef war seinerzeit nicht bereit, dazu Stellung zu nehmen.
Ein Klima der Angst: Im September melden sich Mitarbeiter bei der Redaktion
Vor allem, dass drei langjährige leitende Oberärzte und zudem fünf Assistenzärzte bis zu diesem Zeitpunkt die Klinik verlassen hätten, so ging es aus dem Schreiben hervor, sorgte für hohe Verunsicherung. Aus Klinikkreisen wurde berichtet, dass jene Ärzte das Haus verlassen hätten, weil sie mit der Art der Führung von Dr. Mimoun Azizi nicht klargekommen seien. Zudem soll der damals neue Chefarzt es bevorzugen, lieber mit arabischstämmigen Ärzten zu arbeiten und hätte in Besprechungen auch die arabische Sprache verwendet. In der Tat waren die durch die Kündigungen der Oberärzte frei gewordenen Stellen mit ausländischen Ärzten wiederbesetzt worden.
Klinik habe nach Vorfällen sofort die Ermittlungsbehörden kontaktiert
Nun hat also ein Datenschutzvorfall für die Freistellung des Chefarztes gesorgt. Was genau sich dahinter verbirgt, verrät die Klinik nicht. In der Klinik-Kulisse kursiert neben anderen das Gerücht, dass unter anderem Mediziner abgehört worden sein sollen. Von wem, ist aber unklar. Auf konkrete Nachfrage der Redaktion bezieht die Klinikleitung aber keine Stellung dazu. Auch die Frage, ob es stimme, dass Patienten befragt und dabei gefilmt worden sein sollen, bleibt unbeantwortet. „Wir bitten um Verständnis, dass wir aufgrund der Persönlichkeitsrechte unserer Mitarbeiter und aufgrund des Datenschutzes keine weiteren Details nennen können. Der Klinikbetrieb ist durch die Freistellung von Dr. Azizi nicht beeinträchtigt. Alle Patienten werden durch unser Ärzteteam weiterhin optimal versorgt“, erklärt die Klinik. Und weiter: „Es ist richtig, dass es einen Datenschutzvorfall in unserer Klinik gab. Wir bedauern es sehr, dass es dazu gekommen ist. Wir sind uns als Gesundheitsdienstleister unserer besonderen Verantwortung für die Daten unserer Patienten sehr bewusst und möchten uns an dieser Stelle deshalb ausdrücklich entschuldigen. Nachdem wir über die mögliche Datenschutzverletzung informiert wurden, haben wir umgehend die Polizei informiert“
Auch interessant
Chefarzt Azizi war auf Anfrage unserer Redaktion nicht zu erreichen. Weder bei der Staatsanwaltschaft in Hagen noch am Wohnort des Chefarztes konnte zudem Auskunft über den Stand der Ermittlungen gegeben werden, weil der Fall an beiden Orten nicht bekannt ist. Welche Staatsanwaltschaft also zuständig ist, ist noch unklar. Wir informieren über den Fortgang.
Plattform „Medicus“ ein Dorn im Auge der Kritiker des Chefarztes
Dorn im Auge von Azizis Kritikern war im vergangenen September auch die Internetplattform „Medicus“, deren Aufgabe es ist, Ärzten aus dem nordafrikanischen Raum Zugang in deutsche Kliniken zu ermöglichen. Azizi hatte „Medicus“ gegründet.
„Als die Pandemie auftrat, sind einige neue Prozesse nötig gewesen, um die Gesundheit von Patienten und Mitarbeitern zu schützen“, erklärte Klinik-Geschäftsführer Michael Frank im Gespräch mit der Redaktion im vergangenen September. „In dieser Zeit kam dann im April mit Dr. Azizi ein neuer Chefarzt in die Neurologie. Die nötigen Umstrukturierungen haben teilweise zu Verunsicherungen unter Mitarbeitern geführt.“ Zum Aderlass bei den etablierten Ärzten erklärte Frank damals: „Neue Personalien bringen neue Impulse. Mit solchen Veränderungen kommt nicht jeder klar.“
Klinik-Leitung: Von genereller Klima-Veränderung könne man nicht sprechen
Von einer generellen Klimaveränderung habe man nicht sprechen können. Zudem stehe die Klinik nach wie vor gut da und schreibe schwarze Zahlen. Es spiele darüber hinaus in Ambrock keine Rolle, aus welchem Land ein Mitarbeiter stamme. Unterschiedlichste Nationalitäten würden hier arbeiten. Dass ärztliches Personal über die Medicus-Plattform akquiriert werde, stimme. Dass dem Islam im Klinikalltag aber größerer Raum gegeben werde, hingegen nicht.
Alle Veröffentlichungen von Azizi mit Blick auf den Islam und die Medizin seien der Klinik-Leitung bekannt, auch dass er sich als ursprünglicher Mitbegründer der liberalen Ibn-Rushd-Goethe-Moschee in Berlin-Moabit kurz vor deren Eröffnung selbst enttarnte, was für mediales Aufsehen gesorgt hatte. Azizi hatte im Sommer 2017 erklärt, dass er es für die erfolgversprechendste Methode gehalten habe, sich unter die Reformmuslime zu mischen, um Strukturen der Islamophoben zu analysieren