Iserlohn. Mehr als 200 Wartende mussten am Donnerstag beim Halt des Impfbusses am Iserlohner Stadtbahnhof wegen der zu hohen Nachfrage weggeschickt werden.

Dass die Zahl der Corona-Neuinfektionen weiterhin stetig ansteigt und sich Hausärzte vor Impfanfragen nicht mehr retten können, ist nichts Neues. Auch dass der im Märkischen Kreis tourende Impfbus mit einer kaum zu bewältigenden Nachfrage zu kämpfen hat, war zuletzt unter anderem am vergangenen Samstag in Letmathe einmal mehr sehr deutlich geworden. Dabei müssen die Impfwilligen bei sinkenden Temperaturen immer mehr Durchhaltewillen mitbringen.

So wurden am Donnerstagmorgen am Stadtbahnhof drei Grad Celsius gemessen, und trotzdem standen wahre Menschenmassen über Stunden hinweg am Impfbus an, um sich ihre Erst-, Zweit- oder Booster-Impfung abzuholen. Manche der Wartenden mehr, manche auch weniger erfolgreich. Um ab dem offiziellen Start um zehn Uhr vormittags eine der begehrten Impfdosen im Bus zu ergattern, warteten die Menschen teilweise schon seit acht Uhr morgens in der Kälte, wie Mitarbeiter des städtischen Ordnungsamtes berichteten, die ihre Kollegen vom Kreis am Donnerstag unterstützten, um einen reibungslosen Ablauf der Aktion zu gewährleisten. Später habe es sogar Wartezeiten von bis zu vier Stunden gegeben, und selbst dann konnte eine Impfung nicht garantiert werden. Nach Auskunft einer Mitarbeiterin des Ordnungsamtes wurden im Laufe des Vormittags mehr als 200 Personen weggeschickt, deren Impfwunsch gestern nicht mehr hätte erfüllt werden können.

Von 300 Dosen wurden 234 für Erstimpfungen verwendet

Da es bei früheren Impfbus-Einsätzen bereits zu Beschimpfungen des Personals gekommen sei, hatte der Kreis am Donnerstag auch zwei Sicherheitsleute im Einsatz. Insgesamt wurden laut Kreis-Pressesprecher Alexander Bange 176 Impfdosen von Biontech und 124 von Johnson & Johnson verimpft. Die Nachfrage nach Erstimpfungen war dabei mit 234 mit Abstand am größten. Hinzu kamen 32 Zweit-Impfungen und 34 verimpfte Auffrischungen.

Der Impfbus, in dem sich zwei Ärzte um die schnelle Versorgung der zu Impfenden kümmern, wurde allein in dieser Woche in vier Städten des Kreises zu einer gefragten Anlaufstelle. Wegen der erhöhten Nachfrage werden ab der kommenden Woche statt einem nun zwei Busse im Kreis unterwegs sein und an zehn Stellen Halt machen. Für eine Impfung muss dabei vorab kein Termin ausgemacht werden, nur Wartezeit sollte eingeplant werden.

Manchem war die Schlange dann doch zu lang, andere hatten keine andere Wahl

Gerade die lange Wartezeit schreckte einige Impfwillige gestern ab. So berichtete der Iserlohner Ihsan Azeez, dass er auf dem Weg in die Stadt zufällig am Bahnhof vorbeigekommen wäre und die lange Schlange vor dem Bahnhofs-Gebäude schon von Weitem gesehen hätte. Der Künstler, der seine Impfunterlagen stets mit sich trägt, hätte sich gerne für eine Booster-Impfung angestellt, jedoch sei ihm die Wartezeit mit Blick auf die Temperaturen zu lang gewesen. „Zu viele Leute, da stelle ich mich nicht an“, kommentierte der gebürtige Iraker die stetig länger werdende Schlange und macht sich nun lieber einen Termin beim Hausarzt.

Trotz der langen Wartezeiten hatten einige jedoch keine andere Wahl, als diese in Kauf zu nehmen. Sudegül Karadag und Selim Özdas standen seit 9.30 Uhr an, um sich ihre Erst-Impfungen abzuholen. Die Schülerin und der Auszubildende hatten wegen jeweiliger Verpflichtungen keine andere Wahl, als sich schnellstmöglich impfen zu lassen. Die 18-Jährige und der 19-Jährige hatten zuvor bereits beim Hausarzt versucht, noch einen Termin zu bekommen, was jedoch erst Mitte Dezember möglich gewesen wäre. Da nahmen sie am Donnerstag doch lieber das langwierige Anstehen für ihre Impfungen in Kauf.

Auch Medea Kanakadis stand bereits seit 9.15 Uhr an, um sich einen Platz zu sichern. Damit sie die langen Stunden in der Schlange nicht alleine verbringen musste, gesellten sich wechselnde Familienmitglieder solidarisch zu ihr. Die Georgierin, die seit zwei Jahren in Iserlohn lebt, stand zuvor bereits bei anderen Impfstellen und Impfbussen in der Schlange für eine Erst-Impfung an – bislang erfolglos. Deshalb war der Halt des Impfbusses am Iserlohner Bahnhof für sie die nächste Chance, um endlich den begehrten Piks zu erhalten.

Endlich Bewegung in die Impfdebatte bringen

Für ihre Booster-Impfung waren Angela und Harald Bürzl eigens aus Nachrodt-Wiblingwerde gekommen. Auch das Ehepaar wartete bereits seit neun Uhr morgens geduldig in der Warteschlange. „Im Laufe der Stunden hat sich hier fast eine Gemeinschaft gebildet, man darf nur das Thema Corona nicht ansprechen“, berichtete Angela Bürzl von ihren Erfahrungen aus der Schlange. Deshalb findet es die geimpfte Bürgerin aus der Nachbargemeinde gut, dass die Impfdebatte jetzt neue Fahrt aufnehme: „Wir kommen als Gesellschaft sonst nicht voran, es muss jetzt so laufen.“