Hagen. Die Statik der Dahler Dorfkirche muss nach der Flut überprüft werden. Doch die Menschen im Volmetal halten zusammen.
Die Menschen in Hagen-Dahl glauben wieder an Zeichen und Wunder. Wie anders soll man es bezeichnen, dass die große Flut, die die Dorfkirche überschwemmte, der Osterkerze nichts anhaben konnte? Alles habe das Wasser zerstört, berichtet Presbyterin Katharina Döring, die Kirchenbänke wurden aus der Verankerung gerissen, die Türen aus den Angeln gehoben, die Kanzel umgeworfen: „Aber die Osterkerze ist an ihrem Platz geblieben. Als wir das gesehen haben, hatten wir Tränen in den Augen. Für uns ist das ein Zeichen.“
Fotostrecke: Das Volmetal in den Tagen nach der Flut
Ein Zeichen dafür, dass die Gemeinde nicht aufgeben darf. Dass das Gotteshaus wieder instand gesetzt werden muss.
Moralische Unterstützung erhielten die evangelischen Christen am Mittwoch von Annette Kurschus, Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, die nach Dahl gekommen war, um sich selbst ein Bild von den Folgen der Flutkatastrophe zu machen: „Die Not ist groß, die Menschen brauchen Beistand“, sagte die Geistliche. Viel mehr wollte sie nicht sagen, sondern sich stattdessen anhören, was ihr die Menschen aus dem Volmetal über den Starkregen zu erzählen hatten.
Hochwasser von 1925 weit übertroffen
Es gibt an der Dorfkirche eine Plakette, die den Pegel des Hochwassers von 1925 markiert. Nie wieder trat die Volme seitdem derart hoch über die Ufer – bis zum 14. Juli 2021. Die Schmutzränder, die die Sintflut hinterlassen hat, liegen ungefähr 1,20 Meter höher als die Plakette von 1925. „Es waren Schreckensbilder, wie die Autos durchs Dorf geschwemmt wurden“, so Katharina Döring, die selbst Wasser im Keller hatte, aber vom eigenen Kummer nichts hören will: „Das ist ja Pillepalle im Vergleich zu dem, was andere durchmachen müssen.“
Die Dahler Dorfkirche hatte erst im November 2020 nach umfassenden Renovierungsarbeiten wieder eröffnet – 800.000 Euro waren in die Sanierung geflossen, bei der auch neue historische Wandmalereien entdeckt wurden. Jetzt muss das Gotteshaus abermals geschlossen werden.
Die Menschen im Volmetal halten zusammen
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Der zerstörte Parkettboden wurde bereits herausgerissen, die Kirchenbänke stehen zum Trocknen im alten Gemeindehaus, das Gemäuer der Kirche hat sich mit Wasser vollgesogen und muss auf seine Statik hin überprüft werden. „Die Frage wird sein, wie wir den Aufbau finanzieren“, sagt Pfarrerin Katrin Hirschberg-Sonnemann: „Das Geld hat man ja nicht mal eben so, vor allem nicht nach der Renovierung im Vorjahr.“
Worauf sich die Menschen im Volmetal verlassen können, ist ihr Zusammengehörigkeitsbewusstsein. Zahlreiche Menschen seien in den letzten Tagen regelmäßig zum Helfen vorbeigekommen, berichtet Baukirchmeisterin Birgit Stahl: „Das war wirklich überragend. Auch wenn die Gottesdienste nicht voll sind, so ist diese Kirchen den Menschen hier im Tal wichtig.“ Deshalb sei man auch wild entschlossen, das Gotteshaus wieder in Ordnung zu bringen.
Pfarrerin spricht von einem Wunder
Pfarrerin Hirschberg-Sonnemann nennt es ein „Wunder“, dass niemand im Volmetal während der Flut ums Leben gekommen ist: „Und das bei einem solch existenzbedrohenden Ereignis. Alle leben! Das hat mich sehr berührt.“
Die Bibel, die auf dem Altar lag, als das Wasser in die Kirche schwappte, wurde mehrere hundert Meter flussabwärts bei der Firma Krebs wieder gefunden. Das Heilige Buch steckte im Schlamm. Wer weiß, vielleicht landet es eines Tages im Stadtmuseum.
Im Inneren der Kirche riecht es muffig und feucht. Durch die zerstörte Tür blitzt ein wenig Tageslicht in den leer gefegten Raum. Nur die Osterkerze steht aufrecht wie eh und je. Ein Zeichen. Ein Wunder.