Hagen. Das Jugendamt blickt auf die zuletzt immer wiederkehrenden Probleme mit randalierenden Kindern aus Zuwanderer-Familien in Hagens Quartieren.
Mehr als 7000 Zuwanderer aus Südosteuropa leben aktuell in dieser Stadt – und damit gut 800 mehr als noch im Vorjahr. „Wir dokumentieren eine hohe Zahl an Wegzügen, aber eben auch sehr, sehr viele Zuzüge. Genau das ist die Herausforderung: die hohe Fluktuation“, sagt Reinhard Goldbach, Leiter des Fachbereichs Jugend & Soziales der Stadt. In den vergangenen Wochen und Monaten hat es vorwiegend mit Kindern und Jugendlichen aus südosteuropäischen Zuwanderer-Familien in den Quartieren massive Probleme gegeben – wie Angriffe auf Busse oder das regelrechte Terrorisieren von Anwohnern in Altenhagen.
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Aber welche Möglichkeiten hat das Jugendamt, solchen Problemen zu begegnen? Was tun, wenn Polizei nicht weiterkommt, weil die Verursacher rechtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden können, weil sie noch nicht strafmündig sind?
Viele Initiativen und Projekte
Goldbach betont: „Die Integrationsbemühungen wirken an vielen Stellen in vielen Familien schon – das nehmen Außenstehende oft nur nicht wahr. Auf der anderen Seite gibt es natürlich auch Familien, die in den Quartieren auffallen. Das gilt aber grundsätzlich erst mal nicht für die große Menge.“ Vor allem die hohe Fluktuation sorge dafür, dass die Stadt mit Integrationsbemühungen immer wieder von vorne beginnen müsse, „sozusagen bei Null.“
Nur durch Präsenz und konsequentes Handeln könne man der Situation begegnen: „Es muss ein Zusammenspiel zwischen Kontrolldruck und pädagogischen Angeboten hergestellt werden – das eine funktioniert ohne das andere nicht. Man muss den Menschen Perspektiven aufzeigen.“
Viele Initiativen und Projekte gebe es dazu bereits in den „Brennpunkt-Vierteln“, zählt Goldbach Bewegungs-, und Freizeitangebote, niederschwellige Jugendarbeit sowie präventive Arbeit, „die allesamt auch hohen Zuspruch und rege Teilnahme erfahren und weiter ausgebaut werden sollen“ auf. Durch all das soll vor allem auch dem Nachwuchs eine gerechte Chance auf Bildung verschafft werden.
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Kontrolldruck in Hagens Problemvierteln zeigt Wirkung
Dann aber sind da eben auch Kinder, die trotz all der Angebote immer wieder Probleme machen – auch wenn es zuletzt beispielsweise um die Haltestelle „Akku Hawker“ etwas ruhiger geworden ist, nachdem Polizei und Ordnungsamt den Kontrolldruck erhöht hatten. Zu den Aufrufen vieler Bürger, die Familien „einfach wieder wegzuschicken“, kann Goldbach nur sagen: „Wir können nicht in das Freizügigkeitsrecht von Unionsbürgern eingreifen.“
Dennoch wolle die Stadt den Problemen nicht einfach ihren Lauf lassen: „Wir können die Sorgen und Ängste der Bürger verstehen.“ Das Jugendamt suche nach Vorfällen, sofern die Namen bekannt sind, die Familien auf, „um zu schauen, ob und wo es Unterstützungsbedarfe gibt“, erklärt Goldbach. Dazu zählen beispielsweise Alltagshelfer, eine sozialpädagogische Familienhilfe oder Angebote wie der Mietführerschein, Kurse zur Abfallorganisation oder Sprachangebote. Nicht zuletzt tut das Jugendamt das, weil es möglicherweise auch die Kinder durch ihr eigenes Verhalten und die fehlende Erziehung/Aufsicht gefährdet werden könnten.
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Jugendamt Hagen: Inobhutnahme als letzter Schritt
„Eine sogenannte Hilfe zur Erziehung muss allerdings beantragt werden und beruht auf Freiwilligkeit und Einsicht“, so Goldbach, der auch darauf verweist, dass entsprechende Vergehen, wie Schuleschwänzen oder illegale Müllentsorgung, auch sanktioniert würden. Erst wenn alle Unterstützungsmöglichkeiten ausgeschöpft seien oder eine massive Kindeswohlgefährdung vorliege, würde man überlegen, ein Kind aus der Familie rauszunehmen. „Man muss das Ganze aus Sicht des Kindes betrachten. Ein Kind aus der Familie zu holen, ist der letztmögliche Schritt - und ein aufwendiger Prozess, bei dem auch das Familiengericht mit eingebunden ist.“
Goldbach sieht Hagen trotz der anhaltenden Probleme durchaus auf dem richtigen Weg: „Es geht in die richtige Richtung, hier passiert schon ganz viel, vieles zeigt auch Wirkung. Aber wir können auch nicht immer überall sein. Vor allem aber müssten wir mehr Unterstützung vom Land bekommen“, resümiert der Jugendamtsleiter.
„Aktuell bekommt die Stadt rund 350.000 Euro pro Jahr vom Land für die Integration vorwiegend südosteuropäischer Familien. Das reicht aber leider nicht aus“, erklärt Goldbach, dass beispielsweise das Quartiersmanagement, Angebote über Luthers Waschsalon- für die Familien, spezielle Projekte mit dem Jobcenter zur Arbeitsvermittlung und diverse weitere Angebote davon finanziert werden müssen. „Wir haben viele Ansätze, aber eben nur begrenzte Möglichkeiten“, so Goldbach.