Hagen. Trotz Corona überspringt die Märkische Bank mit der Bilanzsumme die 1,5-Milliarden-Euro-Schwelle. Wir erklären, wie das gelingen konnte.
Dies ist ein durchaus wehmütiger Moment für Hermann Backhaus (65): Als ein zur Sachlichkeit und Seriosität neigender Mensch präsentiert der Vorstandssprecher der Märkischen Bank nach 26 Jahren in Führungsverantwortung seine letzte Unternehmensbilanz keineswegs emotionsfrei.
Wenn er am 1. April seine Platz frei macht für Nachfolger Artur Merz (51) kann er für sich in Anspruch nehmen, das Credo der Genossenschaftsbank stets gelebt zu haben. Tief verwurzelt in der Region hat der Hagener seine Kunden und die regionale Wirtschaft noch persönlich gekannt – und das Bankhaus selbst im Jahr der Corona-Pandemie erfolgreich durch unvergleichliche Zeiten geführt.
„Zufriedenstellendes Ergebnis“
Trotz Covid-19-Unwägbarkeiten, trotz eines massiven Wirtschaftseinbruchs, trotz einer Intensivierung der Niedrigzinssituation und trotz zusätzlicher Auflagen durch die Bankenaufsicht „konnten wir ein zufriedenstellendes Geschäftsergebnis erzielen“, verpackt Backhaus die Zahlen in feinstes Understatement-Banker-Sprech. Mit einem Wachstum von 5,5 Prozent kletterte die Bilanzsumme der Märkischen Bank erstmals knapp über die 1,5-Milliarden-Marke. Vor allem bei den Kunden- und Spareinlagen war im „Wir-bleiben-zu-Hause“-Jahr ein Zuwachs von 6,7 Prozent zu verzeichnen: „Einerseits waren die Menschen nicht mehr in der Lage, Geld auszugeben, oder sie hatten angesichts ihrer persönlichen und beruflichen Lage große Sorge, Geld auszugeben“, erinnert Backhaus daran, dass auch die Urlaubskassen weitgehend unangetastet blieben.
Ein Blick auf die Zahlen
Die Märkische Bank (270 Mitarbeiter/20 Auszubildende) hat zum Stichtag 31. Dezember 2020 exakt 67.417 Kunden, darunter 1340 Neukunden.Die Zahl der Mitglieder liegt bei 27.437, darunter 715 Neumitglieder.Die wesentlichen Kennzahlen des Bilanzjahres 2020 lauten: Kreditwachstum +4,5%, Einlagenwachstum +6,7%, Entwicklung Depotvolumen +4,0%.
Hinzu kam bei den Krediten ein Neugeschäftsvolumen von 230 Millionen Euro. Dazu zählte das wirtschaftliche Krisenmanagement für die Betriebe ebenso wie die weiterhin anhaltende Nachfrage nach Baufinanzierungen. Auch bei den Konsumentenkrediten erzielte das Hagener Kredithaus über den Verbundpartner „easyCredit“ ein bundesweit beachtetes Spitzenergebnis. Ein Resultat, das auch den mehr als 27.000 Anteilseignern des Genossenschaftshauses schmecken dürfte: Vorbehaltlich des Votums der Gremien peilt der Vorstand, trotz der Krisenkulisse, eine Dividende von 2,5 Prozent an, ursprünglich waren 4,5 Prozent anvisiert.
Parallel dazu kann die Bank aus dem erwirtschafteten Ergebnis auch ihre Kapitalausstattung festigen. Mit Eigenmitteln von 151 Millionen Euro liegen die Hagener bei Gesamt- und Kernkapitalquote deutlich über den von der Bankenaufsicht definierten Mindestlimits. „Durch diese sehr gute Eigenkapitalausstattung sind wir in der Lage, auch künftig die Kreditversorgung der heimischen Region sicherzustellen“, gibt der künftige Chef Merz gleich ein Versprechen (Top-Rating AA-) auf die Zukunft.
Kunden-Dialog-Center wächst
Allerdings kann auch die Märkische Bank nicht darauf verzichten, angesichts der anhaltenden Negativzinspolitik bei Neukunden bei größeren Guthaben auf Girokonten ein Verwahrentgelt (0,5 Prozent) zu berechnen. „Durch Corona ist auch das letzte Fünkchen Hoffnung auf eine Trendwende in der Zinspolitik erloschen“, erwartet Backhaus hier in den nächsten fünf Jahre keine Trendwende.
Für eine solche hat die Pandemie allerdings bei der Digitalisierung gesorgt. Zuwachsraten beim Mobile-Banking sprechen in den Augen von Vorstand Achim Hahn eine klare Sprache. Die Hälfte der Giro-Konten-Inhaber verfügt über ein elektronisches Postfach im Online-Banking, und auch die Kartenzahlquote steigt kontinuierlich.
Entsprechend entwickelt sich auch das neue Kunden-Dialog-Center der Märkischen Bank in der Zentrale an der Bahnhofstraße zu einem Erfolgsmodell. An elf Stunden am Tag werden hier bereits bis zu 500 Kundenkontakte gezählt. Hermann Backhaus wird künftig dazugehören – dann allerdings bloß noch als Ruheständler.