Hagen. Aus dem abgeschlossenen „Giftschrank“ im Boeler St.-Johannes-Hospital verschwanden Medikamente. Vor Gericht steht nun eine Krankenschwester.

Als am 4. März die Polizei im St.-Johannes-Hospital erschien, war das für das Katholische Krankenhaus kein angenehmer Besuch. Denn die Beamten mussten dort eine Anzeige gegen eine Krankenschwester (52) aufnehmen: Sie soll gut 200 Betäubungsmittel-Ampullen gestohlen haben.

Es gibt einen äußerst sensiblen Bereich auf jeder Klinikstation. Gemeint ist der abgeschlossene „Giftschrank“, in dem sich die verschreibungspflichtigen Medikamente befinden. Dort sollte eigentlich nur ein kontrollierter Zugriff möglich sein.

Uneingeschränktes Vertrauen

Die nunmehr verdächtigte Krankenschwester genoss offenbar uneingeschränktes Vertrauen, schließlich arbeitete sie bereits seit 19 Jahren im Boeler Krankenhaus. Doch ab Dezember kam es zu unerklärlichen Vorfällen auf der Abteilung für Innere Medizin, mit denen die langjährig Beschäftigte nun in Zusammenhang gebracht wird.

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Insgesamt 192 Ampullen des Medikaments „Piritramid“, ein synthetisches Opiat, in den Einheiten von 7,5 Milligramm und 15 Milligramm, sind verschwunden. Außerdem zwölf Ampullen „Pethidin“ (je 50 Milligramm) und sieben Ampullen MSI (ein Morphium-Präparat). Zudem fehlen Oxycodon-Tabletten, ein sehr starkes Schmerzmittel mit hohem Suchtpotenzial.

Aufgefallen sind Diebstähle im März

Aufgefallen sind die Diebstähle erst im März, als man den Bestand an Betäubungsmitteln mit den Medikamentenplänen abglich: Dabei wurden Auffälligkeiten in der Dokumentation entdeckt. Die von der beschuldigten Krankenschwester unterschriebenen angeblichen Abgabemengen an die Patienten stimmten nicht mit den ärztlichen Verordnungen überein.

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Zur Rede gestellt, hätte die Betroffene den Verdacht, betäubungsmittelabhängig zu sein, vehement bestritten. Während der Anzeigenaufnahme durch die Polizei, so wurde jedoch vermerkt, hätte sie „unkonzentriert“ und „neben der Spur“ gewirkt. Eine schlüssige Erklärung für das Fehlen der zahlreichen verschreibungspflichtigen Medikamente konnte sie nicht geben.

Von Tätigkeit freigestellt

Die beschuldigte Krankenschwester (Monatsverdienst: 4500 Euro brutto) wurde deshalb umgehend von ihrer Tätigkeit freigestellt und erhielt die außerordentliche (fristlose) Kündigung. Rein vorsichtshalber sprach das Katholische Krankenhaus noch zusätzlich eine Kündigung mit sozialer Auslauffrist zum 30. September aus. Die Mitarbeitervertretung kritisierte, die Situation sei bekannt gewesen und von der Arbeitgeberseite sei versäumt worden, den unkontrollierten Zugriff in den Medikamentenschrank zu verhindern.

Gegen ihre Entlassung wehrt sich die Frau nunmehr mit einer Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht. Im Gütetermin vor Richter Fabian Wißner wurde jedoch bereits deutlich, dass sich das Krankenhaus auf gar keinen Fall eine Weiterbeschäftigung der Krankenschwester vorstellen könne, dafür sei die verschwundene Menge der Ampullen zu hoch.

Anwalt Reiner Friedrichs ist dennoch zuversichtlich, den Fall zu einem positiven Abschluss bringen zu können: „Wir befinden uns mit der Klinikleitung in Gesprächen, um eine außergerichtliche Lösung zu finden.“