Arnsberg. Den evangelischen Christen im Sauerland gehen die Seelsorger aus. Was jetzt unternommen wird, um trotzdem weiterhin alle Gottesdienste anbieten zu können.
Stell Dir vor, es ist Sonntag - und fast nirgendwo wird ein Gottesdienst angeboten! Eine finstere Vision für evangelische Christen im südwestlichen Sauerland. Dieses Szenario soll unbedingt vermieden werden, darum haben sich die Pfarrerinnen und Pfarrer der „Region 7“ intensiv Gedanken gemacht - und eine Lösung gefunden.
Region 7? Das sind innerhalb des Evangelischen Kirchenkreises Soest/Arnsberg die fünf Kirchengemeinden (KGM) Arnsberg, Hüsten, Neheim, Sundern und Meschede. Seit fast drei Jahren hat in diesem Großraum ein Beratungs- und Abstimmungsprozess stattgefunden - Ziel: „Pfarramtliche Tätigkeiten“ und vor allem Gottesdienste möglichst optimal koordinieren, „damit ein Mindestmaß an kirchlichen Dienstleistungen gewahrt bleibt“.
Auch interessant
Das kann nicht so schwer sein? Doch, denn der evangelischen Kirche gehen die Seelsorgerinnen und Seelsorger aus. „Es gibt viel zu wenig Theologen, um die Lücken zu schließen“, meint Friedhelm Walther mit Blick auf in den nächsten Jahren altersbedingt ausscheidende „Pfarrpersonen“. Wie ernst die Lage in der heimischen „Region 7“ ist, macht der Arnsberger Presbyter schnörkellos deutlich: Die aktuell noch vorhandenen 7,5 Pfarrstellen schrumpfen bis zum Jahr 2030 drastisch - bereits im nächsten Mai geht Pfarrer Bäumer (Meschede) in den Ruhestand; weitere Kollegen folgen. Blickt man fünf Jahre voraus, verbleiben lediglich Pfarrerin Ulrike Rüter (derzeit Hüsten) und Pfarrer Martin Vogt (Sundern). „Wir gehen davon aus, dass die im Jahr 2030 frei werdende Stelle in Arnsberg nachbesetzt wird“, so Walther. Aber unterm Strich blieben nur drei Pfarrpersonen übrig.
Eine Entwicklung, der schon heute Rechnung getragen werden muss - und ein erster Schritt ist erfolgt: Ein gemeinsamer Gottesdienstplan - gültig ab Februar und zunächst bis einschließlich September 2025 - liegt vor. Danach finden evangelische Gottesdienste in Neheim und Hüsten sonntags ab 9.30 Uhr statt, im Stadtteil Arnsberg sowie in Sundern und Meschede ist Beginn um 11 Uhr. Diese Regelung ermöglicht, wenn erforderlich, zwei aufeinanderfolgende Einsätze von Pfarrpersonen. „Eine liturgische Herausforderung“, merkt Dr. Udo Arnoldi an, betont aber, unisono mit den Kolleginnen und Kollegen, die Notwendigkeit dieser Maßnahme. Auch mit Blick auf die Zukunft ergibt die Regelung Sinn, denn bereits drei Seelsorger können den Plan umsetzen.
Auch interessant
„Grünes Licht“ zur Umsetzung haben die Presbyterien der fünf Kirchengemeinden bereits gegeben - doch was sagen die Gemeindeglieder dazu? In Arnsberg habe es positive Resonanz gegeben, meint Claudia Schäfer, „auch bei älteren Menschen.“ Diese könnten künftig besser auf öffentliche Verkehrsmittel zurückgreifen, wenn der Gottesdienst in der Auferstehungskirche erst um 11 Uhr beginnt. Außerdem habe sie während der vielen Vorgespräche gelernt, ihren Blickwinkel mehr auf das Gemeinsame zu richten, so die Pfarrerin weiter. Auch aus den weiteren Gemeinden sei das Echo überwiegend zustimmend, wissen die übrigen Geistlichen zu berichten. Sie selbst freuen sich übrigens über den Vorteil, ihre Sonntagsplanung etwas flexibler gestalten zu können: Die neue Regelung beinhaltet nämlich eine Vertretungsregelung. Diese regelt zusätzlich „Zuständigkeiten“ bei Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen - über Gemeindegrenzen hinaus. „Doppelschichten“ bei Gottesdiensten sollen (zumindest vorerst) aber die Ausnahme bleiben, vor dem Hintergrund, zukünftig verstärkt Ehrenamtliche, Pfarrer im Ruhestand oder „Funktioner“ (z.B. aus dem Schuldienst) einzubinden. Bleibt eine weitere Frage: Was passiert mit Gottesdiensten in „Außenstellen“ wie Holzen, Oeventrop oder Freienohl?
Diese seien „gegenwärtig noch möglich“, geben die heimischen Seelsorger Auskunft - fügen jedoch hinzu: „Dies wird sich nicht über längere Zeit durchhalten lassen, schon gar nicht mit Blick auf das Jahr 2030.“ Stichwort Zeit: Der ab Februar 2025 geltende Gottesdienstplan ist keineswegs „in Stein gemeißelt“, soll zu gegebener Zeit evaluiert - und falls erforderlich angepasst werden. Das gilt auch für weitere Pfeiler des Gemeindelebens: Auf dem Prüfstand standen und stehen u.a. Konfirmandenausbildung (hier arbeiten die Gemeinden Arnsberg, Hüsten und Meschede bereits zusammen) sowie Kirchenmusik. Letztere soll in Zukunft verstärkt gemeinsam getragen werden - mit übergreifender Unterstützung, z.B. bei Chorprojekten oder Musikbegleitung von Gottesdiensten.
Erste Schritte zur Kooperation, die nächstes Jahr weiter verstärkt werden soll. „Gemeinsam auf den Weg machen - aufeinander zu“ lautet die Botschaft der kleinen, aber aufrechten Schar heimischer Pfarrerinnen und Pfarrer.