Arnsberg. Insolvenz in Eigenverwaltung beim Werkzeugbauer aus Arnsberg. Welche Mitarbeiter gehen mussten, wer geblieben ist - und was der Betriebsrat sagt.
Präzisionsarbeit ist gefragt bei der Firma „Lotec“ - derzeit nicht nur in der Produktion, sondern auch mit Blick auf unternehmerische Entscheidungen, denn der Werkzeugbauer mit Sitz an der Arnsberger Straße 93 erlebt turbulente Zeiten. Schmerzhafter Tiefpunkt: Betriebsbedingte Kündigungen für 13 Mitarbeitende vor etwa vier Wochen. Schmerzhaft, aber aus Sicht des Geschäftsführers alternativlos. Das sieht übrigens auch der Betriebsrat so, wie bei einem Besuch des Unternehmens zu erfahren ist.
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Doch zunächst berichtet der Chef über die „Insolvenz in Eigenverwaltung“, für die er sich im Sommer schweren Herzens entschieden hat. Drei Jahre, nachdem er das Unternehmen gekauft, sich ganz bewusst für die Mischung aus Tradition und Moderne entschieden hat. Im „Premium Segment“ der Branche angesiedelt, stellt die Lotec GmbH - vor Kleines Einstieg Teil der Unternehmensgruppe „JLU“ - Werkzeuge für die Industrie her -, ist vor allem wegen ihrer Präzision und hohen Qualität ein geschätzter Geschäftspartner.
Anfangs läuft alles rund - namhafte Kunden aus den Bereichen Automotive, Möbelindustrie und Baubranche sorgen für gut gefüllte Auftragsbücher, die Belegschaft wächst - von 35 auf zeitweise 49 Mitarbeitende. Doch die kriselnde Bauwirtschaft und Absatzprobleme bei Küchenherstellern sorgen seit Anfang 2023 für Probleme. Zunächst kompensieren die Arnsberger diese Negativtrends durch verstärkte Annäherung Richtung Automobilbranche. Aber dann folgt der einschneidendste Rückschlag: „Im Dezember 2023 haben wir einen Großauftrag von einem Automobilzulieferer bekommen“, berichtet Christoph Kleine, „Volumen rund 900.000 Euro - der zweitgrößte Auftrag in der 50-jährigen Firmengeschichte.“ Doch als der Fahrzeugteilehersteller den Auftrag im April 2024 storniert und die gesamte Fahrzeugproduktion in Deutschland schrumpft, gerät die „Lotec“ in stürmisches Fahrwasser.
Inhaber und Geschäftsführer Kleine sondiert Märkte, spricht mit Kunden - und fällt schließlich die Entscheidung, Insolvenz anzumelden - „in Eigenverwaltung“. „Ich habe die Lotec zunächst auf dem Papier umgebaut - die Möglichkeit gesucht, das Unternehmen neu zu erfinden“, erläutert der Maschinenbau-Ingenieur die Chance hinter diesem sperrigen Begriff. Verbunden ist diese Chance jedoch mit einer „Verschlankung der Produktion“: Mitarbeitern wird betriebsbedingt gekündigt.
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„Die schwersten und härtesten Entscheidungen“ seien das gewesen, sagt Christoph Kleine rückblickend. 13 müssen am Ende gehen, damit 29 beruflich überleben können. Es gibt keine Co-Geschäftsführerin und keine Abteilungsleiter mehr - die personellen Entscheidungen werden „en Bloc“ verkündet, die Betroffenen sind umgehend freigestellt. Den verbleibenden Mitarbeitenden wird zügig das Konzept Lotec 2.0 präsentiert; die neue, schlanke Lotec startet in die Zukunft, hält am Standort Arnsberg fest.
Das verschlankte Team habe seither viel Engagement gezeigt, lobt der Chef - obwohl es gelte, eine Durststrecke von „noch ein bis zwei Jahren“ zu überstehen. Neue Aufträge von „stabilen“ Kunden sorgen für Optimismus - „es kommt insgesamt wieder Bewegung rein“, freut sich der in Olsberg lebende Kleine; und kündigt an, Anfang 2025 aus der Insolvenz austreten zu wollen. Schon jetzt werde außerdem ein Investor gesucht: „Die Suche läuft - ein Makler ist eingeschaltet.“
Die Aufbruchsstimmung ist beim anschließenden Rundgang im Betrieb förmlich greifbar, Zustimmung für die harten Maßnahmen gibt es auch aus Reihen des dreiköpfigen Betriebsrats: „Wir stehen alle gemeinsam dafür ein, dass es jetzt wieder bergauf geht“, meint Jörg Rüger, seit mehr als 20 Jahren bei der Lotec beschäftigt. Die Entscheidungen seien konstruktiv und in ständigen Austausch miteinander gefallen, so der BR-Vorsitzende und Ausbildungsleiter weiter. Apropos Ausbildung: Vier Azubis - darunter auch eine junge Frau - sprechen dafür, dass die Firma wirklich eine gute Zukunft hat - sie selbst haben eine Perspektive. „Wir planen, alle zu übernehmen“, sagt der Chef, in seiner Freizeit begeisterter Gleitschirmflieger. Mit Auftrieb kennt er sich also aus...