Hüsten. Investor denkt geschäftlich - Mieter menschlich. Wohnraum muss bezahlbar bleiben. Für jede und jeden. Auch, wenn das Geld kostet.
Es sei mehr als nur Wohnen, sagen die betroffenen Familien, es sei Gemeinschaft, die ihnen genommen werde. Das berührt. Viele dieser Menschen leben zudem mit Handicaps - unterstützen sich gegenseitig. Die Nachbarschaft in den beiden betroffenen Häusern auf den Straßen „Alt Hüsten“ und „Ludgeristraße“ ist ein menschliches Netzwerk, das es so schon bald nicht mehr geben wird.
Denn der neue Eigentümer hat Pläne: Eine Investition in die notwendige Kernsanierung beider Gebäude. Die Mieterinnen und Mieter müssen umziehen - mit Handicap, Tier und Kegel. Das Kernproblem liegt jedoch nicht nur in der menschlichen Perspektive, sondern auch darin, dass es keinen adäquaten Wohnraum gibt. Weder ortsnah (um den örtlichen Lebensmittelpunkt beizubehalten), noch bezahlbar (um den Vorgaben des Jobcenters gerecht zu werden). Und so rückt das Thema „Sozialwohnungen“ wieder in den Fokus.
Hauseigentümer müssen investieren - dafür brauchen sie Geld
Fakt ist, dass auch Sozialwohnungen laufend gewartet und renoviert werden müssen. Heißt: Hauseigentümer müssen investieren. Wenn die durch Obergrenzen des Jobcenters festgeschriebenen Mieteinnahmen dies aufgrund von stetig steigenden Renovierungs- und Sanierungskosten jedoch nicht zulassen, werden die Wohnungen eben nicht „in Schuss“ gehalten - oder es werden schlicht keine Mietverträge mit Menschen abgeschlossen, die Bürgergeld beziehen.
Für die Familien in Hüsten bedeutet dies, dass sie nach der Sanierung den dann logischerweise auch erhöhten Mietzins nicht stemmen können - sprich: Das Jobcenter wird dem voraussichtlich verdoppelten Mietzins nach der Sanierung nicht zustimmen. Fraglich für Investoren, ob sich „das Geschäft mit Sozialwohnungen“ rentiert!?
Menschlichkeit kontra Geld
Ist das Vorgehen des Investors also nachvollziehbar? Geschäftlich betrachtet: Ja! Und auch menschlich betrachtet, gibt er sich zumindest Mühe, Ersatzwohnungen für die Familien zu finden. Dennoch: Es muss eine generelle Lösung her. Denn hinter dem „geschäftlichen Gedanken“ stehen Menschen. Und in diesem Fall: Menschen mit Handicaps und Schicksalen. Menschen, die eh schon teilweise „durchs Raster fallen“.
Woher sollen sie Mut, Lebensfreude und Vertrauen schöpfen, wenn sie diejenigen sind, die am Ende wieder einmal „ungesehen“ ihr Dasein fristen? Wenn sie sich selbst gegebenenfalls als „Kollateralschaden“ sehen und die Menschlichkeit gegen das Geld verliert? Insoweit muss sich die Wohnungspolitik wandeln. Mehr Sozialwohnungen - auch wenn dies Geld kostet!