Neheim. Neheimer Arzt Al-Ani sieht im „Online-Doctor“ eine hilfreiche Entlastung. Bei Hautkrebs-Verdacht muss aber immer der Arzt genau draufschauen.
Sommerzeit ist Sonnenzeit - und in der lauern reichlich Gefahren für die Haut. Der Neheimer Dermatologe Dr. Michael Al-Ani will aufkklären, beraten und behandeln. Das geht bei ihm jetzt auch digital über die vom Berufsverband der Dermatologen eingerichteten Plattform online.doctor. Der Patient schickt Fotos von Auffälligkeiten an der Haut und erhält im besten Fall eine Aussage dazu innerhalb eines Tages, ohne erst einen der knappen Praxistermine vereinbaren zu müssen. „Es kann aber nie eine definitive Diagnose sein“, räumt Al-Ani ein. Das gelte insbesonder bei Hautkrebs, „hier sollte der Arzt immer persönlich drauf schauen“.
Im Online-Doktor - rund 600 Ärzte und rund zwei Drittel aller Krankenkassen beteiligen sich an dem Projekt - sieht er vor allem eine Entlastung für die Anmeldung und den Arzt. „Viele Patienten kriegen ja oft so schnell gar keinen Termin“, sagt er. Und da helfe der Online-Doktor einerseits zum Beispiel bei Verlaufskontrollen per Foto-Ansicht den Druck von Praxen zu nehmen, um mehr Termine und Zeit für Erstkontrollen zu haben, zum anderen könnten gefährliche Hautveränderungen auf dem Foto rechtzeitig und nicht erst Wochen später bei einem vielleicht schon zu späten Termin erkannt werden.
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Patienten müssen drei aussagekräftige Fotos von der Hautstelle zeigen. Die Seite www.onlinedoctor.de hilft dem Patienten dabei und navigiert ihn durch die Kontaktaufnahme. „Die richtigen Fotos zu schicken, das ist ist sicherlich die Herausforderung“, sagt Michael Al-Ani. Eine Ferndiagnose sei aber immer nur ein erster Schritt. Beim kleinsten Zweifel müsse der Arzt direkt aufgesucht werden. Das gelte generell auch beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Dermatologie. „Das ist eine gute Hilfestellung“, so Al-Ani.
Bei Portalen wie dem Online-Doctor zeigt sich Dr. Hans-Heiner Decker, Bezirkssprecher der kassenärzlichen Vereinigung in Arnsberg, eher skeptisch. Er beklagt, dass das Terminproblem bei Dermatologen hausgemacht sei. „Jetzt löst der Berufsverband scheinbar ein Problem, an dessen Entstehung er selber beteiligt ist“, sagt er und verweist auf einen „zunehmenden Umbau der Dermatologie auf eine Igel-Leistungsmedizin, die vor Ort zunehmend weniger Termine anbietet“. Zwar sieht Decker durch solche Portale „punktuelle Serviceverbesserungen“, langfristig aber helfe es nicht, die Zufriedenheit der Patienten mit dem Gesundheitssystem zu verbessern, es würde vielmehr „Eigenverantwortung der Patienten und deren Gesundheitskompetenz“ nicht stärken, sondern die „unkontrollierte Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen“ fördern.
Beim Thema Hautkrebs ist Zeit ein wichtiger Faktor. Sobald die Veränderung eines Muttermals auftritt, wird das gefährlich, was sich oft über Jahrzehnte aufgebaut hat. „Die Haut rächt sich“, sagt Dr. Al-Ani. Insbesondere die Generation der Patienten, die sich in den 80er- und 90er-Jahren noch mit Nussöl ohne Sonnenschutzfaktor für knackige Bräune eingeschmiert haben, ist gefährdet. „Heute ist man ja doch schon viel sensibler“, so der Dermatologe. Er verweist darauf, dass „bereits zehn Sonnenbrände im Alter unter 18 Jahren das Hautkrebsrisiko verdoppeln“. Jeder weitere Sonnenbrand erhöhe das Risiko um den Faktor 2,5.
Muttermale und Hautpickel
Hautkrebs ist das existenzielle Behandlungsfeld eines Dermatologen. „Alles andere bringt einen ja nicht um“, so Al-Ani. Und daher setzt er viel auf Aufklärung und verweist auf die ABCDE-Regel zur Selbstdiagnose, ehe das erste Dermatoskop auf die Hautveränderung schaut: Asymetrie, Begrenzung (keine klare Abgrenzung), Colorit (Farbveränderung), Durchmesser (größer als 5 Milimeter) und Erhebung (über Hautniveau). „Je mehr Kriterien zusammenkommen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit eines Hautkrebses“, so der Arzt. Das betreffe das sich verändernde Muttermal ebenso wie nicht abheilende Hautpickel.
Wie man sich schützt, ist heute kein Geheimnis mehr. Sonnenschutzfaktor 50plus schützt ebenso wie Textil. „Letzteres ist ja auch umweltschonender“, sagt Al-Ani und verweist auf vor UV-Strahlen schützende Badetextilien. Darauf müsse jeder achten, der sich beruflich oder in seiner Freizeit viel in der Sonne bewege. „Segler, Radfahrer und Jogger sind unsere Stammkunden“, weiß der Hautarzt. Ein Trugschluss sei, dass schnell braun werdende Menschen vor Hautkrebs besser geschützt seien. „Bräune setzt voraus, dass bereits ein Schaden entstanden ist. Es ist dann zwar eine Schutzschicht da, die Zellen wurden aber trotzdem gestresst“, erklärt der Mediziner. Der schwarze Hautkrebs könne auch ohne große Sonnenbelastung auftreten.
Den Spaß am Sommer will Michael Al-Ani niemandem nehmen. „Sich zu schützen, muss einem ja nicht die Lebensqualität nehmen“, sagt er, „wenn der Hautkrebs aber einmal da ist, dann haben wir ein großes Problem.“